Bundeswehr im Irak Berlin plant keine dauerhafte Luftbrücke

Soll die Bundeswehr im Irak helfen – und wenn ja, wie? Verteidigungsministerin von der Leyen sprach von einer Luftbrücke mit Hilfstransporten. Doch von einer dauerhaften Einrichtung will die Regierung nichts wissen.

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Antonov-Transportmaschine in leipzig/Halle: „Einen solchen Einsatz gibt es nicht. Es gibt keine deutsche Luftbrücke“ Quelle: dpa

Berlin Die Bundeswehr plant keine dauerhafte Luftbrücke in den Nordirak, um Hilfsgüter in die Krisenregion zu transportieren. Das Bundesverteidigungsministerium widersprach entsprechenden Informationen von Handelsblatt Online aus dem Verteidigungsausschuss des Bundestags. „Einen solchen Einsatz gibt es nicht. Es gibt keine deutsche Luftbrücke“, sagte die für die Streitkräfte zuständige Ministeriumssprecherin Angelika Niggemeier-Groben Handelsblatt Online. „Darüber hinaus sind noch keine genauen Angaben zum Umfang des Personals  für den Transport von Gütern, Ausrüstung et cetera möglich“. 

Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hatte am Montag eine umfangreiche Fortsetzung der humanitären Hilfe Deutschlands durch eine Luftbrücke der Bundeswehr in den Nordirak angekündigt. „Hier ist jetzt wirklich eine Luftbrücke in Gang gesetzt worden, die notwendig war und deren Ende nicht absehbar ist.“
Aus dem Verteidigungsausschuss hieß es hingegen, dass in der Bundeswehrführung von einer dauerhaften Luftbrücke in den Irak ausgegangen und überlegt werde, den Transport der Güter in die Krisenregion künftig in zwei Etappen stattfinden zu lassen.

Der Lufttransport könnte demnach zunächst mit Maschinen aus dem SALIS-Programm – russischen Transportflugzeugen des Typs AN-124-100 – stattfinden. Vom Stützpunkt des Lufttransportgeschwaders 63 in Hohn bei Rendsburg (Schleswig-Holstein) könnten die Flugzeuge den Angaben zufolge zunächst in ein europäisches Nato-Land – Rumänien oder Bulgarien – fliegen, dort zwischenlanden und dann zum Nato-Stützpunkt Incirlik in der Türkei weiterfliegen. Dort würden die Großraumflugzeuge von Angehörigen der Luftumschlaggruppe in Empfang genommen. 

Aus Gründen der Sicherheit – im irakischen Erbil werde die Gefahrenlage als hoch eingeschätzt – würden die Güter dann aus den ungeschützten, gewerblichen SALIS-Maschinen in geschützte C-160-Transall-Flugzeuge umgeladen. Diese würden dann den Lufttransport wieder aufnehmen und nach Erbil weiterfliegen. In die Region hatten sich Zehntausende Jesiden, Christen und andere Vertriebene gerettet, die vor der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) geflüchtet waren.

Anlass der Überlegungen ist der Umstand, dass die Jahrzehnte alten Transall-Transportflugzeuge, die derzeit für die Hilfsflüge in den Irak eingesetzt werden, für strategische Entfernungen nicht ausgelegt sind. Mehrere Zwischenlandungen sind notwendig. Zudem beträgt die maximale Nutzlast der deutschen Transall 12 Tonnen. Zum Vergleich: Die Großraummaschinen vom Typ AN-124 können bis zu 120 Tonnen Fracht transportieren.


„Wenn man befrieden will, muss man ehrlich sein“

Eine Verbesserung sollte der A400M bringen. Doch technische Probleme verhinderten bislang eine Auslieferung des Militärtransporters von Airbus. Die Maschine kann große Lasten von bis zu 37 Tonnen über lange Strecken transportieren und dabei auch auf kurzen, unbefestigten Pisten landen. Die Möglichkeit den A400M in der Luft zu betanken, erhöht dessen Reichweite. 

Ungeachtet dessen hat die Bundeswehr am Freitagmorgen die Hilfsflüge in den Nordirak fortgesetzt. Nach Angaben der Luftwaffe startete kurz nach 6 Uhr vom Flughafen Halle/Leipzig eine AN-124 mit rund 60 Tonnen Lebensmitteln und etwa 8,5 Tonnen Sanitätsmaterial Richtung Erbil.

Die Maschine werde die Hilfsgüter im Krisengebiet abladen und anschließend weiter nach Mazar-i-Sharif in Afghanistan fliegen. Von dort aus sollen Materialien im Rahmen einer Rückverlegung der Internationalen Schutztruppe in Afghanistan (Isaf) in die türkische Stadt Trabzon transportiert werden.

Gleichzeitig geht die Debatte über den Einsatz der Bundeswehr weiter. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Patrick Sensburg sprach sich für einen klar definierten Einsatz von deutschen Soldaten im Irak aus. „Es ist nicht damit getan, einfach Waffen zu liefern. Wenn man befrieden will, muss man ehrlich sein. Es wäre sinnvoll, wenn deutsche Soldaten zur Verteilung der Hilfsgüter sowie insbesondere zum Schutz der Flüchtlingslager vor Ort eingesetzt würden“, sagte Sensburg dem „Berliner Kurier“. „Der Schutz der Bevölkerung vor den Gräueltaten der IS-Milizen ist unsere humanitäre Verantwortung und in unserem ureigenen Interesse“, so Sensburg, der auch Vorsitzender des NSA-Untersuchungsausschusses ist.

Zuletzt hatte auch der Grünen-Außenpolitiker Omid Nouripour dafür plädiert, die Bundeswehr in den Irak zu schicken. Nach seiner Einschätzung könnten deutsche Soldaten die US-Angriffe gegen die IS-Terrormiliz unterstützen.

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