Von Raytheon stammt das aktuelle Luftabwehrsystem der Bundeswehr „Patriot“. Es ist derzeit an der türkischen Grenze zu Syrien zum Schutz des Nato-Partners Türkei im Einsatz.
Raytheon hat dem Verteidigungsministerium eine modernere „Patriot“-Version angeboten. Auch die hätte aber erst einmal neu entwickelt werden müssen. Das Risiko, dass dabei etwas schief geht, wäre wohl nicht viel geringer gewesen als bei Meads.
Bei einer Entscheidung für „Patriot“ hätte von der Leyen dem deutschen Steuerzahler vor allem die Investition einer Milliarde Euro in ein System erklären müssen, dass dann nicht genutzt wird.
Das wäre weit mehr verschleudertes Geld gewesen als bei der „Euro Hawk“-Pleite. In die Aufklärungsdrohne flossen bis zum Stopp des Projekts etwa 600 Millionen Euro.
Meads ist daher politisch die einfachere Entscheidung für von der Leyen. Das Risiko von Verzögerungen, Kostenexplosionen und Qualitätsmängeln soll durch Vertragsklauseln minimiert werden. Das Ministerium hat seit ihrem Amtsantritt verstärkt Juristen und Betriebswirte eingestellt. Man will den Rüstungsherstellern auf Augenhöhe begegnen.
Braucht die Bundeswehr mehr Geld?
Die Bundesregierung hat bisher nicht vor, die Finanzmittel für die Bundeswehr wesentlich aufzustocken. Im Haushaltsplan für 2015 gehört der Verteidigungsetat zu den wenigen Posten, bei denen gekürzt wurde - wenn auch nur um 0,5 Prozent. Bis 2018 ist eine leichte Steigerung von 32,3 auf 36,86 Milliarden Euro vorgesehen. Angesichts der Ausrüstungslücken bei der Bundeswehr wird jetzt der Ruf nach einer deutlich stärkeren Erhöhung lauter. Was spricht dafür und was dagegen?
Quelle: dpa
Deutschland will mehr Verantwortung in der Welt übernehmen. Bei den Verteidigungsausgaben liegt es aber weit hinter den wichtigsten Nato-Partnern zurück. Während der Bundesregierung Armee und Ausrüstung nur 1,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts wert sind, investieren die USA 4,4 Prozent in ihr Militär, Großbritannien 2,4 Prozent und Frankreich 1,9 Prozent. Erklärtes Nato-Ziel ist es, zwei Prozent des BIP für die Verteidigung auszugeben. Das bekräftigte das Bündnis auch bei seinem Gipfeltreffen in Wales Anfang September - mit dem Einverständnis von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU).
Zumindest bei der Beschaffung von Ersatzteilen gibt es eine Finanzlücke. Die Mittel dafür wurden 2010 gekürzt. Militärs beklagen, dass die Bundeswehr heute noch darunter zu leiden hat.
Auf die Bundeswehr kommen immer wieder neue Aufgaben hinzu. Die Nato will ihre Reaktionsfähigkeit im Krisenfall verbessern. Der Kampf gegen den islamistischen Terrorismus wird möglicherweise noch Jahre dauern. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hat den Vereinten Nationen auch ein stärkeres Engagement Deutschlands bei Blauhelmeinsätzen in Aussicht gestellt. Das alles geht nicht ohne modernes, robustes und gut gepflegtes Material.
Die Bundeswehrreform wurde nach dem Prinzip „Breite vor Tiefe“ entworfen. Das heißt: Die Truppe soll alles können und braucht dafür in jedem Bereich die entsprechende Ausrüstung. Das kostet. Bleibt man bei diesem Prinzip, muss auch Geld dafür zur Verfügung gestellt werden.
Das Rüstungsproblem der Bundeswehr ist nicht in erster Linie ein finanzielles Problem, sondern ein Managementproblem. Das macht sich schon daran bemerkbar, dass im vergangenen Jahr insgesamt 1,5 Milliarden Euro des Verteidigungsetats gar nicht ausgeschöpft wurden.
Das Prinzip „Breite vor Tiefe“ widerspricht den Bestrebungen von Nato und EU, innerhalb der Bündnisse Aufgaben zu teilen. Diese Bemühungen kommen bisher allerdings nur schleppend voran. Man könnte sich stärker dafür einsetzen, um zu einem effizienteren Rüstungssektor zu kommen.
Je mehr verschiedene Militärgeräte es gibt und je geringer die Stückzahlen, desto größer ist auch der Wartungs-, Instandhaltungs- und Ausbildungsaufwand. Deswegen könnte eine stärkere Spezialisierung der Bundeswehr Kosten sparen.
Bei der Beschaffung neuer Rüstungsgüter kommt es regelmäßig zu Verzögerungen und Kostensteigerungen, denen man durch ein besseres Vertragsmanagement entgegenwirken kann. Nur einige Beispiele: Der Kampfhubschrauber „Tiger“ sollte im Dezember 2002 ausgeliefert werden. Daraus wurde Juli 2010. Auf den Transporthubschrauber NH90 musste die Bundeswehr sogar neun Jahre länger warten als ursprünglich vorgesehen. Die Kosten für die Fregatte 125 haben sich im Laufe der Entwicklung von 656 Millionen auf 758 Millionen Euro erhöht. Der Preis für ein Transportflugzeug A400M stieg wegen einer nachträglichen Reduzierung der Stückzahl von 124,79 auf 175,31 Millionen Euro.
Die Ministerin und die von ihr berufene Staatssekretärin Katrin Suder haben intern die Parole ausgegeben „dass die Rüstungsindustrie weder unser Freund noch unser Feind ist“. Das soll heißen: Die ehemals so große Nähe zwischen Auftraggeber und einigen Herstellern, die nicht nur der Opposition aufgestoßen war, darf es künftig nicht mehr geben.
„Wir haben uns Zeit gelassen dafür“, sagt von der Leyen, als sie die Entscheidung für Meads erklärt. Ihr sei es enorm wichtig gewesen, mögliche Risiken frühzeitig zu erkennen, damit man diese „schnell aus dem Weg räumen kann“.
Dass von der Leyen viel Talent im „aus dem Weg räumen“ hat, wissen einige ihrer Parteikollegen schon. Was ihr in dieser karrieretechnisch so entscheidenden Phase zusätzlich hilft, ist Staatssekretärin Suder, die bei Presseterminen der Ministerin höchstens diskret am Rand steht. Die ehemalige Unternehmensberaterin sei „ein Glücksgriff für unser Haus“, heißt es aus dem Ministerium. Dieses Lob hört mal allerdings meist nur hinter vorgehaltener Hand. Denn glänzen soll vor allem die Frau, die vor der Kamera steht.