Bundeswehr-Skandal Ex-Kommandeur attackiert von der Leyen

Ist die Verteidigungsministerin in der Affäre um die Bundeswehrkaserne Pfullendorf zu forsch aufgetreten? Dies werfen ihr ein Ex-Kommandeur und die SPD vor. Wegen einer Tanzstange muss ein Major nun Bußgeld zahlen.

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In der Kaserne soll es ein frauenfeindliches Klima geherrscht haben. Quelle: dpa

Berlin Der ehemalige Standortkommandeur der wegen Missständen in die Schlagzeilen geratenen Bundeswehrkaserne in Pfullendorf erhebt schwere Vorwürfe gegen Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen. „Ich fühle mich als Bauernopfer. Ich habe richtig gehandelt und wurde trotzdem zur Rechenschaft gezogen“, sagte Oberst Thomas Schmidt der „Bild“-Zeitung.

Er war versetzt worden, nachdem Berichte über entwürdigende Aufnahmerituale, sexuelle Nötigung, Mobbing, Misshandlungen und Demütigungen in dem Standort in Baden-Württemberg publik geworden waren. Die Staatsanwaltschaft hat die Ermittlungen zu einem Teil der Vorwürfe inzwischen eingestellt.

Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums hatte am Mittwoch zu den Zuständen in der Kaserne Pfullendorf gesagt, dort seien „gravierende Defizite in Führung, Ausbildung, Erziehung sowie Dienstaufsicht festzustellen“. Es gehe um eine Aufarbeitung der Verstöße gegen die Grundsätze der inneren Führung.

Der frühere Pfullendorfer Standortkommandeur kritisierte von der Leyen: „Ich hätte erwartet, dass mein oberster Dienstherr sich aus Fürsorgegründen vor mich stellt. Die Ministerin als oberste Verantwortliche hat mich nach meinem Gefühl hier im Stich gelassen.“ Der Offizier sagte zu der Art und Weise, wie er behandelt wurde: „Das löst Wut aus. Ich fühle mich missbraucht für etwas, das ich nicht zu verantworten oder verursacht habe. Es verletzt mich zutiefst.“ Von seiner Versetzung habe er aus den Medien erfahren.

Die Staatsanwaltschaft Hechingen ermittelt noch gegen sieben ehemalige Soldaten aus Pfullendorf. Gegen einen weiteren Soldaten im Rang eines Majors hat der Dienstherr nach einem Bericht der „Heilbronner Stimme“ eine Disziplinarbuße in Höhe von 450 Euro wegen mangelhafter Dienstaufsicht verhängt.

Grund für das Bußgeld ist laut Bericht der Staatsanwaltschaft Hechingen, „mangelhafte Dienstaufsicht“ durch das Dulden einer Tanzstange in der Kaserne. Eine strafbare Unterlassung sei dem Offizier nicht vorzuwerfen, weil durch die Duldung der Tanzstange keine schwerwiegenden Folgen eingetreten seien.

Von der Leyen steht derweil wegen ihrer Darstellung von Missständen in der Bundeswehrkaserne auch in Berlin in der Kritik. Der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag, Wolfgang Hellmich (SPD), warf der CDU-Politikerin im „Tagesspiegel“ vor, sein Gremium nicht korrekt über angebliche Verfehlungen von Soldaten informiert zu haben. Kritisch äußerte sich in der „Bild“-Zeitung auch der verteidigungspolitische Sprecher der SPD, Rainer Arnold.

„Die Ministerin hat jegliches Maß im Umgang mit den Vorgängen verloren. Sie überzeichnet die Probleme, um sich anschließend als toughe Problemlöserin auf dem Rücken der Bundeswehr zu inszenieren“, sagte Arnold. Hellmich sagte dem „Tagesspiegel“: „Etwas an der Darstellung von Frau von der Leyen vor dem Ausschuss kann nicht stimmen. Zumindest wurden die Vorfälle dramatischer dargestellt als sie tatsächlich waren.“

Die Ministerin müsse dem Ausschuss nun erklären, wie es dazu habe kommen können. Arnold sagte: „Es ist unglaublich, dass die Ministerin so weitergemacht hat, als ob nichts wäre, obwohl sie schon seit März wusste, dass die Staatsanwaltschaft keine Ermittlungen einleiten würde.“

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