Carsten Linnemann "Schulz setzt auf die Ängste der Bürger"

Der Chef der Mittelstandsvereinigung über die Strategie der Union gegen den SPD-Kanzlerkandidaten.

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Der Vorsitzende der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung der CDU/CSU, Carsten Linnemann, über die Strategie der Union gegen den SPD-Kanzlerkandidaten. Quelle: Presse

Carsten Linnemann ist zu Gast im Wirtschaftsclub von Handelsblatt und WirtschaftsWoche. Der Wirtschaftspolitiker zeigt dabei klare Kante.

Die Konjunktur brummt. Trotzdem glauben immer mehr Deutsche dem SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz, dass es bergab geht. Woran liegt das?
Laut einer aktuellen Allensbach-Umfrage sagen viele Menschen, dass es ihnen gut geht. Aber gleichzeitig haben sie Sorge, dass der Fahrstuhl, mit dem sie hochgefahren sind, abzusacken droht. 60 Prozent der Deutschen sehen nicht mehr optimistisch in die Zukunft. Diese Menschen will Schulz jetzt abholen.

von Konrad Fischer, Simon Book, Marc Etzold, Max Haerder, Katharina Matheis

Also ist das ein subjektiver Eindruck? Kommt Schulz so ins Kanzleramt?
Martin Schulz will die verängstigten Menschen mit dem Thema soziale Gerechtigkeit abholen, doch ich glaube es wird viel mehr um die Themen Sicherheit und Flüchtlinge gehen. Die Menschen haben nicht nur eine erhöhte Angst davor, dass die staatliche Ordnung ins Wanken gerät und sie selbst Opfer von Kriminalität und Terror werden könnten, sondern auch davor, ihre kulturelle Identität zu verlieren. Bei diesen Themen kann und muss die Union ihre Kompetenz unter Beweis stellen.

Also gibt es diese Menschen nicht, die von dem Boom nicht profitieren?
Die meisten Menschen haben am sozialen Aufstieg teilgenommen. Aber dass es Fälle gibt, die sich beispielsweise aufgrund der Globalisierung als Verlierer sehen oder durch einen Strukturwandel unter Druck gesetzt werden, ist auch klar. Denken Sie nur an die zunehmende Digitalisierung und die Sorge vor einem Arbeitsplatzverlust.

Im Club treffen Sie die Menschen, von denen Sie sonst lesen. Die Redaktion wird Sie mit mittelständischen Unternehmern, Gründern, Top-Managern und Anlageexperten zusammenbringen. Neugierig geworden? Hier geht's lang.

Finanzminister Schäuble hat Schulz mit Donald Trump verglichen. Wird er nun auch Regierungschef?
Schulz wird es nicht schaffen, aber er spricht Dinge an, die nach Konfrontation schreien. Wie zum Beispiel seine Aussage, dass die Löhne deutlich erhöht werden müssen. Da werden wir inhaltlich gegenzuhalten haben. Löhne werden in Deutschland nicht von Politikern verhandelt, sondern von Tarifpartnern. Schulz mag ein guter Redner sein, aber inhaltlich wird er zu stellen sein.

Schulz sagt, in Deutschland herrscht Ungerechtigkeit. Gerade nach der Boni-Debatte um VW trifft er damit ja auch einen wichtigen Punkt. Muss sich die Union da nicht ankreiden lassen, wichtige rote Linien nicht gezogen zu haben?
Da muss man zwei Dinge differenzieren. Ich glaube, die Menschen haben ein gutes Gespür für das Thema Verteilungsgerechtigkeit. Mit Familienunternehmern, die sich im ländlichen Raum etwas aufbauen und sich beispielsweise für den Sportverein einsetzen, haben die Leute kein Problem. Bei großen Boni für mangelhafte oder sogar ungenügende Leistungen sieht das anders aus. Damit sind wir beim Thema Unternehmerhaftung, das bei börsennotierten Unternehmen nicht so funktioniert wie es sollte.

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