Merkel - Allein zu Haus
Das Ergebnis der Bundestagswahl hat historische Dimensionen: So dominant wie die Merkel-Union war eine einzige Parteigruppe in Deutschland seit 1957 nicht mehr. Die Bundeskanzlerin hat die absolute Mehrheit in der Nacht nur um Haaresbreite verpasst; am Ende standen 41,5 Prozent zu Buche – fast 16 Punkte mehr als die Volkspartei-Konkurrenz von der SPD. Zuletzt holte Konrad Adenauer 1957 ein ähnlich glänzendes Ergebnis. Im Unterschied zu Merkel setzte Adenauer allerdings damals auf einen bürgerlichen Koalitionspartner, die national-liberale Deutsche Partei (DP): Die Union schenkte ihr den Einzug, indem sie in starken konservativen Wahlkreisen auf Direktkandidaten verzichtete. Im Huckepackverfahren rutschte die DP über die errungenen Direktmandate in den Bundestag und sicherte Adenauer eine komfortable Mehrheit von 34 Sitzen.
Ganz anders Angela Merkel – sie hat klar und hart eine Zweitstimmenkampagne zugunsten der klammen FDP abgelehnt und sie damit buchstäblich in die Krise gesiegt. 4,8 Prozent für die FDP und 4,7 Prozent für die AfD – das sind exakt 9,5 Prozent bürgerliche Stimmen, die künftig nicht im Bundestag vertreten sind. Diese 9,5 Prozent sind ziemlich stramm Anti-Merkel – hier wächst für die Union erstmals eine – nicht nur (rechts)populistische – Gefahr heran: eine außerparlamentarische Opposition von konservativen Wirtschaftsliberalen dezidiert rechts der Union.
Und so bleibt Angela Merkel mit ihrem grandiosen Wahlsieg doch auch irgendwie allein zu Haus: Eine Koalition mit den Grünen kann sie nicht ernsthaft wollen. Rechnerisch möglich wäre das, Obergrüne wie Jürgen Trittin oder Claudia Roth mögen solche Gedankenspiele aber in etwa so sehr wie der Eisbär die tropische Hitze. Roth verweist später „mit Verlaub“ darauf, dass es mit der Union rechnerische Mehrheiten gebe, nicht aber inhaltliche Übereinstimmungen.