CDU gewinnt Saar-Wahl Kramp-Karrenbauer triumphiert im Saarland

An der Saar gibt es keinen Machtwechsel. Das Heft bleibt auch nach 18 Jahren fest in CDU-Hand. Für Rot-Rot hat es trotz des Schulz-Effekts nicht gereicht.

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Duell gewonnen: Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (M, CDU), ihr Mann Helmut (r) und MdL Roland Theis (l, CDU). Quelle: dpa


Die Erleichterung steht ihr ins Gesicht geschrieben. Strahlend tritt Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) vor die Kameras und verkündet: „Dass es so deutlich ausfällt, das habe ich mir in den kühnsten Träumen nicht vorgestellt.“ Klare Sache: Die 54-Jährige hat mit einem Bombenergebnis von rund 40 Prozent das Duell gegen ihrer Herausforderin Anke Rehlinger (SPD) gewonnen - und wird das Land wohl weiter als Ministerpräsidentin in einer großen Koalition regieren.

Das Ergebnis sei ein „klarer Auftrag an sie“ und „eine deutliche Absage an rot-rote Flirtereien“, sagte Kramp-Karrenbauer. Es sei insgesamt „ein offenes Rennen“ gewesen. „Umso glücklicher bin ich heute.“ Großer Jubel auf der CDU-Wahlparty: „Das halte ich nicht aus“, riefen einige vor Freude.

Der Sieg tut Kramp-Karrenbauer doppelt gut: Zum einen, weil sie jetzt die Geschicke des kleinsten deutschen Flächenstaates in ihrem Sinne weiter steuern kann. Zum anderen - und das dürfte etlichen Christdemokraten eine noch größere Genugtuung sein - weil der „Schulz-Effekt“ an der Saar doch nicht ausreichend gefruchtet hat.

Zwar hat die bundesweite Begeisterung um SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz den Genossen an der Saar sicher ein paar Prozentpunkte extra verschafft: Am Ende reichte es aber nicht für eine rot-rote Mehrheit, die in Umfragen vor der Wahl knapp, aber möglich schien. „Das ist ein Warnschuss für die SPD“, sagte Parteienforscher Uwe Jun. Der Ausgang der Wahl zeige, „dass ein Koalitionsvertrag in Richtung Rot-Rot-Grün ins Leere läuft.“

Klare Verliererin ist Rehlinger (40). Sie hat ihren beiden Ziele, die sie im Wahlkampf immer wiederholt hat, nicht erreicht. Sie hat es nicht geschafft, die SPD zur stärksten Partei an der Saar zu machen und somit den Posten des Ministerpräsidenten nach 18 Jahren von der CDU zurückzuholen. Und sie hat es nicht geschafft, den Einzug der AfD in den saarländischen Landtag zu verhindern. Mit um die 6 Prozent der Stimmen gehört die AfD nun dazu.

„Wir hätten uns schon mehr gewünscht“, räumte Rehlinger zu den rund 30 Prozent ein. Das gute Ergebnis von Kramp-Karrenbauer habe auch mit ihrem Amtsinhaberbonus zu tun, meinte sie. Dieser habe auf den letzten Metern wohl den Ausschlag gegeben. Der saarländische SPD-Landesvorsitzende Heiko Maas sagte, viele Wähler wollten wohl schon eine Regierung unter Führung der SPD, aber nicht mit Linken. „Das hat uns möglicherweise geschadet“, meinte er.



Die große Beliebtheit von „AKK“ oder „Annegret“, wie sie im Saarland genannt wird, hat sich durchgesetzt. Ihre klare Ansagen, mit denen sie den Saarländern im Wahlkampf ins Gewissen geredet hat, haben gefruchtet.

Nun müssen sich Kramp-Karrenbauer und Rehlinger für ein neues Regierungsbündnis zusammenraufen. Sie haben zwar zuvor in der großen Koalition gut Seite an Seite gearbeitet. Im Wahlkampf aber waren aus Partnerinnen Rivalinnen geworden - da wurde auch Porzellan zerschlagen. Streitthemen wie die von der SPD geforderte Teil-Rückkehr zu neunjährigen Schulzeit an Gymnasien (G9) oder die kostenlose Kita-Betreuung werden sicher in Koalitionsverhandlungen noch Zündstoff liefern.

„Wir haben in den vergangenen fünf Jahren fair zusammengearbeitet“, sagte Kramp-Karrenbauer. Neue Verhandlungen würden ebenfalls fair werden. Rehlinger wollte sich am Abend zunächst nicht festlegen, wie es weitergehen wird.

"Gestern war ein schöner und ermutigender Tag"
Angela Merkel:Die Bundeskanzlerin hat den Erfolg ihrer CDU als Rückenwind bis zur Bundestagswahl im Herbst gewertet. „Der gestrige Tag war ein schöner Tag und damit auch ein ermutigender Tag“, sagte die CDU-Vorsitzende. Auf eine Koalitionsaussage für die Zeit nach der Bundestagswahl im Herbst wollte sich Merkel erwartungsgemäß nicht festlegen: „Ich weigere mich jetzt, irgendwann im März, zu erklären, was im September möglich ist. Das lege ich in die Hand der Wählerinnen und Wähler.“ Egal, ob die Union in einer großen Koalition arbeite oder in einer Regierung wie früher mit der FDP: Immer solle man sich „Mühe geben, eine ordentliche Regierungsarbeit zu leisten und dann zu dieser Regierungsarbeit auch zu stehen“, sagte Merkel. „Mein Credo für die Wahlen heißt: Ich möchte den Menschen gerne vor einer Wahl sagen, dass es ihnen am Ende einer Legislaturperiode besser geht, als es ihnen zu Beginn einer Legislaturperiode ging.“ Quelle: dpa
Annegret Kramp-Karrenbauer Die Siegerin bei der Landtagswahl im Saarland sieht den Erfolgs-Nimbus des SPD-Kanzlerkandidaten angekratzt. „Martin Schulz ist zu schlagen“, sagte sie im Interview der Deutschen Presse-Agentur mit Blick auf das mäßige Ergebnis der Sozialdemokraten. Die gewonnene Landtagswahl gebe auch ein klares Signal für die Bundestagswahl. „Die SPD wird von den Menschen nicht uneingeschränkt unterstützt für ihre Pläne für Rot-Rot. Dies ist das wichtigste Signal, das von dieser Wahl ausgeht.“ Kramp-Karrenbauer sagte, das satte Plus für die CDU von 5,5 Prozentpunkten zeige, dass die ihre Partei Wähler „in ihr Lager“ mobilisieren könne. Für die geplante Wiederauflage der großen Koalition sieht sie eine Strukturreform im Saarland als große Aufgabe. Quelle: dpa
Sahra Wagenknecht Quelle: dpa
Anke RehlingerDie saarländische SPD-Spitzenkandidatin Anke Rehlinger hat die Niederlage ihrer Partei bei der Landtagswahl eingeräumt. „Wir haben das Wahlziel leider nicht erreicht, obwohl wir eine tolle Aufholjagd hatten“, sagte sie am Sonntagabend. Man habe aber auf Sieg, nicht auf Platz gespielt. Die vor der Wahl nicht ausgeschlossene Option für eine rot-rotes Bündnis mit der Linke könnte Wählerstimmen gekostet haben. „Durchaus möglich, dass wir dafür auch ein paar Prozentpünktchen haben abgeben müssen“, sagte Rehlinger in der ARD. Bei einer Fortsetzung der großen Koalition dürfte die 40-Jährige Vize-Regierungschefin bleiben. Die frühere Kugelstoßerin hatte mit Kramp-Karrenbauer in der Regierung gut kooperiert und sich dann in dem Frauenduell um Abgrenzung bemüht. Doch nach Umfragen sahen 66 Prozent der Wahlberechtigten das Land von der großen Koalition gut regiert. Quelle: REUTERS
Cem Özdemir, Bundesvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen:Grünen-Chef Cem Özdemir hat nach dem Scheitern seiner Partei bei der Landtagswahl im Saarland die Bundestagswahl ins Visier genommen. „Heute Abend beginnt auch der Kampf gegen die große Koalition. Denn das Wahlergebnis im Saarland zeigt: Die Alternative zu uns ist eine GroKo“, sagte Özdemir am Sonntagabend. „GroKo heißt Streit, GroKo heißt Stillstand fürs Land. Das Gegenteil von dem, was Deutschland jetzt braucht.“ Das Ergebnis zeige, „dass Stimmungen noch keine Stimmen sind“, sagte Özdemir und ergänzte: „Das gilt für die SPD, das gilt für uns, das gilt für alle. Alles ist offen, wir haben alle Chancen, das jetzt noch zu drehen. Wir werden das drehen.“ Quelle: dpa
Julia Klöckner, Fraktionsvorsitzende der CDU Landtagsfraktion in Rheinland-Pfalz Quelle: dpa
CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer „Es ist schon bemerkenswert: Seit Wochen wird immer von diesem Schulz-Effekt geredet, der Schulz-Zug rollt. Ich stelle fest: Der ist heute ordentlich aus den Schienen gesprungen.“ Quelle: dpa

Verloren hat aber auch Linke-Fraktionschef Oskar Lafontaine (73): Er hätte seine Partei gerne in die Landesregierung gehievt, um mehr linke Politik zu machen. Für ihn persönlich wäre es ein Art Comeback gewesen, war er doch von 1985 bis 1998 SPD-Ministerpräsident an der Saar. Lafontaine wäre der Königsmacher gewesen, auch wenn er gar kein Regierungsamt wollte. Aber aus der Traum: Aus einer ersten Landesregierung in Westdeutschland mit Linke-Beteiligung wird nichts.

Auf der Verliererbank sitzen auch die Grünen, die mit rund 4 Prozent der Stimmen den Wiedereinzug in den Landtag verfehlten. Über die Gründe kann spekuliert werden: Vermutlich hat der „Schulz-Hype“ sie Stimmen gekostet. Die Enttäuschung ist groß, gab es doch vor der Wahl in Umfragen sogar die Chance auf eine rot-rot-grüne Koalition. Grünen-Spitzenkandidat Hubert Ulrich kündigte personelle Konsequenzen an der Parteispitze an. „Wir müssen die Führung neu aufstellen.“

Lange Gesichter auch bei der FDP, die ebenfalls nicht reinkam. Dagegen zog die AfD in das elfte Landesparlament in Deutschland ein. „Wir können nun die Regierenden vor uns her treiben. Es soll bisschen unruhiger werden“, kündigte der AfD-Vorsitzende Josef Dörr an.

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