CDU-Politiker fordert Kontrollen Krankenkassen wegen Mindestlohn unter Druck

Bei der Kostenerstattung für selbstbeschaffte Haushaltshilfen müssen die Krankenkassen den gesetzlichen Mindestlohn beachten. Viele halten sich aber nicht daran. Der CDU-Sozialflügel fordert nun Konsequenzen.

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Gesundheitskarte verschiedener Krankenkassen: Nur die Ortskrankenkassen zahlen mehr als den gesetzlichen Mindestlohn. Quelle: dpa

Berlin Die Praxis vieler Krankenkassen, Versicherten, die etwa wegen eines Klinikaufenthalts eine Haushaltshilfe benötigen, die Kosten nur mit einem Stundensatz von etwa fünf Euro zu vergüten, stößt auf scharfe Kritik.

Der Bundesvize der Christlich Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA), Christian Bäumler, fordert, das Bundesgesundheitsministerium und die für die Krankenkassenaufsicht zuständigen Landesministerien einzuschalten. „Bei Haushaltshilfen handelt es sich nicht um ehrenamtliche, sondern um normale gewerbliche Tätigkeiten. Gerade von den gesetzlichen Krankenkassen kann erwartet werden dass sie sich an das Mindestlohngesetz halten“, sagte Bäumler dem Handelsblatt (Online-Ausgabe).

Konkret geht es um privat organisierte Hilfen, wie Nachbarn, Freunde, Verwandte. Das Bundesarbeitsministerium weist in einer dem Handelsblatt vorliegenden Antwort auf einer schriftliche Frage der Linksfraktion hin, dass die Krankenkassen gesetzlich verpflichtet seien, den Versicherten auch die Kosten für eine selbstbeschaffte Haushaltshilfe in „angemessener Höhe“ zu erstatten. Bei der Beurteilung der Angemessenheit sei auch der gesetzliche Mindestlohn zu berücksichtigen.

Der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) hat den Krankenkassen schon im vergangenen Jahr einen Erstattungshöchstbetrag für eine selbstbeschaffte Haushaltshilfe von 8,75 Euro je Stunde empfohlen. Recherchen des Handelsblatts ergaben jedoch, dass der Kostensatz etwa bei den Ersatzkassen, bei denen fast 40 Prozent aller Kassenmitglieder versichert sind, deutlich unter dem Mindestlohn liegt. So zahlt die TK - mit über neun Millionen Versicherten die größte Kasse - 5,25 Euro, während die Ortskrankenkassen nach eigenen Angaben 8,75 Euro zahlen.

Eine Sprecherin des GKV-Spitzenverbands sagte dazu dem Handelsblatt: „Da wir keine aufsichtsrechtliche Funktion ausüben, können wir unseren Mitglieder nur Empfehlungen geben.“ Ähnlich argumentiert der Verband der Ersatzkassen: Man erörtere zurzeit mit den Mitgliedskassen die Frage nach einer angemessenen Vergütung von selbst beschafften Haushaltshilfen. „Letztlich entscheiden die Kassen jedoch selbst, wie hoch diese Vergütung sein soll und legen sie nach eigenem Ermessen fest.“  

Der CDU-Politiker Bäumler betonte dagegen, dass der Mindestlohn nicht nur gegenüber privaten Unternehmen, sondern gerade auch gegenüber öffentlichen Trägern durchgesetzt werden müsse. „Beim Einsatz öffentlicher Gelder sollten gesetzliche Regelungen wie der Mindestlohn eingehalten werden.“


„Kassen, die weniger als den Mindestlohn erstatten, handeln illegal“

Dierk Hirschel, Bereichsleiter Wirtschaftspolitik bei der Gewerkschaft Verdi, wies darauf hin, dass mindestens der Mindestlohn von 8,50 Euro zu zahlen sei, wenn Haushalthilfen eine Erwerbsarbeit ausübten. „Da gibt es keinen Ermessensspielraum. Wenn Kassen für erwerbstätige Haushalthilfen weniger als den Mindestlohn erstatten, handeln sie illegal“, sagte Hierschel dem Handelsblatt (Online-Ausgabe). Diese Verstöße würden entsprechend sanktioniert. „Es liegt in der Verantwortung der Spitzenverbände, ihren Mitgliedern die Rechtslage zu verdeutlichen und sie aufzufordern sich gesetzeskonform zu verhalten.“

Ob es sich um Nachbarschaftshilfe oder eine erwerbstätige Haushaltshilfe handelt, sei abhängig von Ausmaß und Umfang der Leistung und der Frage, ob Entgelt gezahlt werde, sagte Hierschel weiter. Da aktuell laut einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft 95 Prozent der Haushaltshilfen „illegal beschäftigt“ seien, sei davon auszugehen, „dass es sich bei der überwiegenden Mehrheit der vermeintlich privat organisierten Hilfen, um nichts anderes als Schwarzarbeit handelt“. Ihm sei jedoch nicht klar, inwieweit das die Kassen betreffe, fügte Hierschel hinzu.

Der Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Karl-Josef Laumann (CDU), hatte schon im vergangenen Jahr im Gespräch mit dem Handelsblatt auf die „eindeutige“ Rechtslage verwiesen. „Nach dem Sozialgesetzbuch müssen die Krankenkassen den Versicherten die Kosten für eine selbstbeschaffte Haushaltshilfe in angemessener Höhe erstatten, wenn sie selbst keine Haushaltshilfe stellen.“

Dazu hätten die Gerichte in der Vergangenheit entschieden, „dass für die Angemessenheit das ortsübliche Entgelt maßgeblich ist. Für mich ist klar, dass ab dem 1. Januar 2015 hier auch die unterste Lohngrenze zu beachten ist. Das heißt, Haushaltshilfen haben einen klaren Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn.“

Und dies müssten die Kassen auch bei der Kostenerstattung in Rechnung stellen, „ohne Wenn und Aber“, betonte Laumann. „Gerade als Körperschaften des öffentlichen Rechts  haben sie eine Vorbildfunktion.“ Dies bedeute, soweit die Stundensätze unter den Vorgaben des Mindestlohns liegen, müssen diese zum 1. Januar angepasst werden.

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