CDU streitet über Koalitionsvertrag „Wir müssen uns jetzt überlegen, wie wir uns ohne Merkel neu aufstellen“

In der CDU rumort es gewaltig. Kritiker des Koalitionsvertrags sprechen von einer „Demütigung“. Auch personell müsse sich die Partei neu aufstellen.

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Der Ex-Unions-Fraktionsvorsitzende nennt das Koalitionsergebnis eine „Demütigung“. Quelle: dpa

Berlin Die CDU kommt zwei Tage nach der Einigung über eine neue Große Koalition nicht zur Ruhe. Aus den Reihen der Christsozialen wird immer schärfere Kritik am Ergebnis der Verhandlungen laut. „Es rumort mächtig in der CDU“, erklärte der Bundestagsabgeordnete und stellvertretende Landesvorsitzende der CDU Berlin, Kai Wegner, am Freitag. „Unsere Mitglieder vermissen zurecht einen selbstbewussten Umgang mit unseren Werten – auch mit den konservativen. Wir müssen die kommenden Jahre nutzen, uns inhaltlich und personell neu aufzustellen, um verloren gegangenes Vertrauen zurückgewinnen.“

Die Menschen hätten das Gefühl, dass die CDU keine Kernthemen mehr habe und ihre Grundüberzeugungen verkaufe. „Das ist gefährlich für die Volkspartei CDU. Dem sollte die Bundespartei unter Einbeziehung unserer Mitglieder auf Regionalkonferenzen möglichst vor dem Bundesparteitag am 26. Februar entgegenwirken.“

Noch konkreter wurde Wegners Abgeordnetenkollege Klaus-Peter Willsch. Er rief seine Partei auf, sich auf die Zeit nach einem Abgang Merkels vorzubereiten. „Wir müssen uns in der CDU schon jetzt überlegen, wie wir uns ohne Merkel personell neu aufstellen“, sagte er der „Rheinischen Post“. „Denn diese Legislaturperiode kann auch sehr schnell vorbei sein.“

Ex-Fraktions-Chef Friedrich Merz erklärte gegenüber der „Bild“: „Wenn die CDU diese Demütigung auch noch hinnimmt, dann hat sie sich selbst aufgegeben“. Der Außenpolitiker Norbert Röttgen sagte dem Blatt: „Die CDU ist damit innerhalb des Regierungsapparats strukturell geschwächt und verliert an Einfluss.“

Der JU-Vorsitzende Paul Ziemiak beobachtet eine große Unzufriedenheit an der Basis der Union. „Es brodelt eigentlich an allen Stellen“, sagte Ziemiak am Freitag im Deutschlandfunk. Er forderte ein „Zeichen der Erneuerung“ in der Bundesregierung, bei den Bundesministern, bei den Staatssekretären. „Es darf einfach in dieser Regierung kein „Weiter so“ geben“, mahnte Ziemiak und fügte an: „Die Union muss sich wiederfinden auch in ihrer Aufstellung, in ihrem Markenkern, aber auch für die Zukunft.“

Die CDU will am 26. Februar auf einem Parteitag über eine neue GroKo abstimmen. Kritiker sehen die CDU vor allem bei der Ministeriumsverteilung zu kurz gekommen. Die SPD, die bei der Wahl im September deutlich schwächer abgeschnitten hatte, bekommt sechs Ministerien, darunter die besonders wichtigen für Finanzen, Äußeres und Arbeit/Soziales – die CDU neben Kanzlerin und Kanzleramtschef nur fünf. Die CSU bekommt drei Ministerien.

Vor allem ein SPD geführtes Finanzministerium stößt vielen in der CDU übel auf. Unionspolitiker warnten schon mal den designierten SPD-Finanzminister Olaf Scholz vor einem Kurswechsel in der Finanzpolitik. „Die Union erwartet von einem zukünftigen SPD-Finanzminister, dass die Schwarze Null und die Schuldenbremse im Bundeshaushalt strikt eingehalten werden“, sagte CDU-Experte Eckhardt Rehberg der dpa. Im Koalitionsvertrag seien prioritäre Maßnahmen für 46 Milliarden Euro vereinbart. „Für alles andere gilt ein klarer Finanzierungsvorbehalt.“

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