Charlotte Knobloch „AfD muss sich von fragwürdigen Repräsentanten trennen“

In der Auseinandersetzung mit der AfD setzen die Muslime auf Dialog. Das kommt in der jüdischen Gemeinde in Deutschland nicht gut. Eine prominente Vertreterin erklärt, warum Gespräche mit Petry & Co. keinen Sinn haben.

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Anhänger der Partei Alternative für Deutschland (AfD) bei einer Kundgebung (Archivbild): Reden oder ausgrenzen - wie sollte mit der AfD umgegangen werden? Quelle: dpa

Berlin Die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, Charlotte Knobloch, will keinen Dialog mit der AfD. „Grundsätzlich bin ich immer dafür, Konflikte oder Probleme über den Dialog zu lösen“, sagte Knobloch dem Handelsblatt. Gesprächsbereitschaft gegenüber Andersdenkenden sei wesentlicher Teil des demokratischen Prozesses. „Voraussetzung ist jedoch, dass solche Gespräche einen erkennbaren Sinn haben. Den sehe ich hier nicht.“

Kritisch sieht Knobloch ein geplantes Treffen zwischen dem Zentralrat der Muslime und der AfD-Spitze. Das vom Zentralrat angeregte Gespräch soll am 23. Mai in Berlin stattfinden. „Ich halte nichts von Show-Gesten, bei denen Verlauf und Ergebnis vorhersehbar sind. Das ist absurd“, sagte die frühere Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland. Die AfD müsse nicht einzelne Personen oder Verbände beschwichtigen. „Wenn die Partei nicht als rechtsextrem, rassistisch und antisemitisch gelten will, muss sie das deutsche Volk überzeugen, die mündigen demokratisch denkenden und empfindenden Bürger.“ Ihnen müsse die AfD „glaubhaft“ beweisen, dass sie auf dem Boden unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung stehe.

Knoblochs Zweifel an der AfD liegen im Grundsatzprogramm der Partei begründet, das kürzlich auf einem Bundesparteitag in Stuttgart verabschiedet wurde. Darin heißt es, der Islam gehöre nicht zu Deutschland. Die AfD wendet sich unter anderem gegen Burkas, den Bau von Minaretten und das Schächten von Tieren, die von Juden und Muslimen praktizierte Schlachtung.

Der Zentralrat der Juden attestierte der AfD eine „glasklare“ religionsfeindliche Haltung. „Die Beschlüsse der AfD stellen daher auch einen Angriff auf das Judentum in Deutschland dar, den wir nicht hinnehmen dürfen“, hatte der Präsident des Zentralrates, Josef Schuster, gesagt. „Die Ausführungen im Parteiprogramm sind der durchsichtige Versuch, unsere Gesellschaft zu spalten und das friedliche Miteinander zu hintertreiben.“


Französische Rechte wollen sich mit AfD treffen

Knobloch forderte von der AfD Taten statt Worte. „Dafür müsste sie sich zunächst endgültig von ihren fragwürdigen Repräsentanten trennen, die einen völkisch-nationalistischen Kurs eingeschlagen haben“, verlangte sie. Sie müsse sich zudem von deren Thesen und Anhängern distanzieren. Sie dürfe sich überdies „nicht länger mit rechtspopulistischen und -extremen Parteien und Organisationen im In- und Ausland gemein machen, sondern sich von ihnen ideologisch abgrenzen“. All das sei bisher nicht passiert. „Die AfD muss sich an ihrem parlamentarischen und außerparlamentarischen Reden und Handeln messen lassen, nicht an grotesken Inszenierungen.“

Danach sieht es allerdings nicht aus. Im Gegenteil: Der stellvertretende AfD-Vorsitzende Alexander Gauland hatte bereits erklärt, dass sich durch das geplante Treffen mit den Muslimen wohl nichts am Kurs seiner Partei ändern wird. Er sagte, solange die islamischen Verbände nicht bereit seien, „auf die Scharia zu verzichten“, sei eine Annäherung nicht möglich.

Auch bei anderem Thema ist nicht damit zu rechnen, dass die AfD ihren Kurs korrigiert. So wird einer Kooperation der Partei mit dem rechtsnationale Front National (FN) aus Frankreich immer wahrscheinlicher. Er wolle AfD-Chefin Petry zu einem Gespräch sowie zum Besuch des nächsten FN-Parteitags einladen, sagte der Delegationsleiter der FN im Europaparlament, Edouard Ferrand, dem Magazin „Spiegel“. Die beiden Parteien hätten gemeinsame Interessen.

Der thüringische AfD-Landeschef und Rechtsaußen Björn Höcke hatte sich kürzlich für ein Treffen Petrys mit der FN-Vorsitzenden Marine Le Pen stark gemacht. Andere Mitglieder der AfD-Spitze sehen dies kritisch und fürchten, dadurch in die rechtsextreme Ecke gerückt zu werden.


Bayern-AfD: französische Rechte hat sich „sehr beachtlich entwickelt“

Im „Spiegel“ forderte auch der bayerische AfD-Landeschef Petr Bystron eine engere Zusammenarbeit mit der FN. „Selbstverständlich“ sollten AfD-Vertreter wie Petry gemeinsame Schnittmengen mit der FN erkunden, sagte er. Die französische Rechte habe sich „sehr beachtlich entwickelt“.

Der FN-Politiker Ferrand nannte den Wechsel des AfD-Europaabgeordneten Marcus Pretzell in die antieuropäische ENF-Fraktion einen „Riesenerfolg“. Pretzell sei „ein wichtiges Werkzeug im Kampf gegen die EU und gegen Madame Merkel“, sagte der stellvertretende ENF-Fraktionschef. Pretzell hatte seinen Wechsel zur ENF auf dem AfD-Parteitag vor zwei Wochen angekündigt.

In der vor knapp einem Jahr gegründeten Fraktion „Europa der Nationen und der Freiheiten“ (ENF) sammeln sich Rechtspopulisten und Rechtsextreme. Gemeinsame Vorsitzende sind Marine Le Pen und Marcel de Graaff von der rechtspopulistischen niederländischen Freiheitspartei (PVV).

Pretzell war im April aus der Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer (EKR) ausgeschlossen worden. Die zweite AfD-Europaabgeordnete, Beatrix von Storch, war ihrem Rauswurf zuvorgekommen und zur Fraktion „Europa der Freiheit und der direkten Demokratie“ (EFDD) um den britischen Europagegner Nigel Farage gewechselt. Auslöser für den Ausschluss waren unter anderem Äußerungen von Storchs zum Gebrauch von Schusswaffen gegen Flüchtlinge.

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