CSU-Klausurtagung in Seeon Obergrenze, Obergrenze, Obergrenze

Der Streit um die Obergrenze für Flüchtlinge geht in die nächste Runde: Auf ihrer Klausur im Kloster Seeon diskutiert die CSU, wie sie ihre Pläne umsetzen kann. Notfalls will sie die Begrenzung im Alleingang durchboxen.

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Für ihre Überzeugungen will die CSU bis zur Wahl im Herbst kämpfen – und gleichzeitig für Kanzlerin Angela Merkel werben. Nach der Wahl dann setzt die CSU ganz auf mögliche Koalitionsverhandlungen, um ihren Willen durchzusetzen. Quelle: dpa

Seeon Die Obergrenze ist der CSU-Dauerbrenner. Bei ihrer Klausur in Kloster Seeon im Chiemgau betont die CSU lautstark, was sie im Bundestagswahlkampf will. Die Schwester CDU lehnt es zwar ab festzulegen, wie viele Schutzbedürftige jedes Jahr nach Deutschland kommen dürfen. Das aber schert die Bayern nicht: Notfalls kämpfen sie im Wahlkampf allein für ihr Vorhaben – und wollen es später dann bei möglichen Koalitionsverhandlungen durchsetzen.

Als bräuchte die CSU noch eine letzte Bestätigung für die Richtigkeit des Plans, allenfalls 200.000 Flüchtlinge pro Jahr ins Land zu lassen, hatten die versammelten Bundestagsabgeordneten am Donnerstag mit dem EU-Kommissar für die Sicherheitsunion, Sir Julian King, diskutiert. Er habe keine zufriedenstellende Antwort darauf gegeben, wie etwa das europäische Schengensystem wieder hergestellt werden könne, sagte der CSU-Politiker Hans Michelbach dem Handelsblatt. „Für uns heißt das, dass es weiterhin nationale Grenzkontrollen geben muss“, so Michelbach.

Nach King erklärte der Chef der EU-Grenzschutzbehörde Frontex, Fabrice Leggeri, in der Klausurrunde die Lage an den Außengrenzen der Union. Es gebe noch viele Probleme, habe er berichtet, wie es hieß. So misslängen etwa 43 Prozent der Rückführungen abgelehnter Asylbewerber.

Also denkt die CSU darüber nach, wie sie die Obergrenze umsetzt. Von einem System ist die Rede, mit dem die Aufnahmekapazität jedes Jahr je nach Lage neu festgelegt wird. Den Vorschlag hatten die Innenpolitiker der Unionsfraktion, Stephan Mayer (CSU) und Armin Schuster (CDU), bereits Ende September in einem Brief an CDU-Chefin Angela Merkel und CSU-Chef Horst Seehofer unterbreitet, um den Streit der Schwesterparteien gütlich beizulegen.

Die Aufnahmekapazität von Flüchtlingen solle jedes Jahr neu berechnet und an die Zahl der Neuankömmlinge des Vorjahres gekoppelt werden. Eine starre Zahl solle es nicht geben. „Denn humanitäre Verpflichtungen wie auch die Aufnahme- und Integrationsfähigkeit hängen von sich stetig verändernden Faktoren ab“, heißt es in dem Brief, der dem Handelsblatt vorliegt. Eine offizielle Antwort bekamen Mayer und Schuster bislang nicht.

In Seeon brachte Mayer den Kompromiss wieder ins Spiel. „Es ist aus meiner Sicht im Sinne beider Unionsschwesterparteien, der CDU wie der CSU, dass wir geschlossen in den Bundestagswahlkampf gehen“, begründete Mayer den neuerlichen Vorstoß. Parteifreund Manfred Weber, Fraktionsvorsitzender der Konservativen im Europäischen Parlament, schlug ergänzend vor, die Zahl auch davon abhängig zu machen, wie viele Flüchtlinge die anderen EU-Staaten aufnehmen. Wenn sich jedes Mitgliedsland auf eine Zahl festlege, dann würden sich auch die CDU und Kanzlerin Merkel dem nicht verschließen.

Vor der Bundestagswahl rechnet Weber allerdings nicht mehr damit. Dennoch zeigt er sich überzeugt: „Es wird zur Obergrenze kommen.“ Die CSU setzt auf die Koalitionsverhandlungen. So will die Partei, sollte die CDU weiter die Obergrenze ablehnen, mit einem eigenen Programm in den Wahlkampf ziehen, um ihre Eigenständigkeit zu demonstrieren – so wie in der Vergangenheit auch. Dazu gehören etwa auch „Grundprinzipien der Migration“, die das CSU-geführte Kabinett in Bayern kommende Woche beschließen will sowie der Marshallplan für Afrika, den CSU-Bundesminister Gerd Müller eine Woche später präsentieren wird. Er soll helfen, die Fluchtursachen in den Heimatländern zu bekämpfen.

Für ihre Überzeugungen will die CSU so bis zur Wahl im Herbst kämpfen – und gleichzeitig für Kanzlerin Angela Merkel werben. Nach der Wahl dann setzt die CSU ganz auf mögliche Koalitionsverhandlungen, um ihren Willen durchzusetzen. Die Partei erinnert sich gern an 2013: Damals musste Kanzlerin Merkel bereits ein CSU-Projekt mittragen, dass sie im Wahlkampf kategorisch abgelehnt hatte: die Pkw-Maut. Sie stand später im Koalitionsvertrag.

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