CSU-Politiker Michelbach „Putin muss die Krim-Annexion rückgängig machen“

Als Putin den Krim-Anschluss besiegelte, eskalierte der Ukraine-Konflikt. In Berlin will man die Annexion nicht hinnehmen und droht mit härteren Sanktionen. Die könnten jedoch den Aufschwung in Deutschland abwürgen.

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Wladimir Putin: Der Westen will ihm den Krim-Anschluss nicht durchgehen lassen. Quelle: ap

Berlin Der Vize-Vorsitzende der Deutsche-Ukrainischen Parlamentariergruppe, Hans Michelbach, hält es zur Lösung der Ukraine-Krise für unabdingbar, dass Russland seinen Anspruch auf die Krim aufgibt und die Annexion rückgängig macht. „Eines ist klar: Die Annexion der Krim durch Russland ist ein Angriff auf die Ukraine. Diese kann und darf niemals anerkannt werden“, sagte der Vizechef der CSU-Landesgruppe im Bundestag Handelsblatt Online.

„Wir müssen deshalb alle diplomatischen Mittel ausschöpfen, um diese völkerrechtswidrige Aktion rückgängig zu machen. Und wir müssen dafür sorgen, dass die anhaltende russische Aggression gegen die Ukraine beendet wird.“ Wenn der Westen dem russischen Präsidenten Wladimir Putin das durchgehen lasse, seien auch andere Nachbarn Russlands nicht mehr sicher.

Putin macht indessen keine Anstalten, am neuen status quo der Krim etwas zu ändern. In einer Fernsehfragesendung gab er vielmehr zu, dass die Soldaten in den nicht gekennzeichneten Uniformen, die vor der Annexion auf der ukrainischen Halbinsel im vergangenen Monat im Einsatz waren, russische Soldaten gewesen seien. Putin hatte bislang behauptet, es handle sich um Selbstverteidigungskräfte. Die russischen Soldaten seien notwendig gewesen, um die örtliche Bevölkerung zu schützen und abzusichern, dass ein Referendum habe stattfinden können. In diesem stimmte eine überwältigende Mehrheit der Krim-Bewohner für einen Anschluss an Russland.

Putin bestritt zugleich eine Einmischung Moskaus in der Ost-Ukraine. Bei der Fragestunde im russischen Fernsehen sagte er, die Behauptungen seien haltlos. Es gebe keine Unterstützung von Seiten Moskaus. Das Vorgehen der Übergangsregierung im Osten des Landes bezeichnete Putin als schweres Verbrechen. Zugleich äußerte der Kremlchef die Hoffnung, dass der in Genf begonnene Krisengipfel zu einem Erfolg führt. Weder Flugzeuge noch Panzer könnten den Konflikt beenden.

Bei dem Treffen in Genf beraten die Außenminister der USA, Russlands und der Ukraine mit der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton über eine diplomatische Lösung. Derzeit finden bilaterale Gespräche statt. Für den Nachmittag ist eine Vierer-Runde angesetzt.


Ökonom: Deutschland droht „sichtbarer Konjunkturdämpfer“

Nach Angaben von Diplomaten will die ukrainische Delegation Vorschläge unterbreiten, die auf eine stärkere Berücksichtigung der russischen Bevölkerung im Osten des Landes abzielen. Zugleich sollen Beweise für eine Beteiligung Moskaus an den Unruhen präsentiert werden. Der Auftakt der Verhandlungen in Genf war von einem Zwischenfall im Südosten der Ukraine überschattet worden. Bei einem Angriff von Aktivisten auf eine Militärstation in der Stadt Mariupol wurden nach offiziellen Angaben drei Angreifer getötet und 13 weitere verletzt.

Der CSU-Politiker Michelbach plädiert dafür, der russischen Seite deutlich zu machen, „dass wir auch bereit sind zu handeln“. Das schließe wirtschaftliche Sanktionen ein. „Auch wenn es uns etwas kostet, es wird Russland härter treffen als uns.“ Außerdem gehe es auch um die Sicherheit Deutschlands.

Putins immer lautere Worte wertet Michelbach als Zeichen der Schwäche.  „Er ahnt, was folgt, wenn wir mit Wirtschaftssanktionen Ernst machen. Deshalb versucht er mit starken Sprüchen Angst zu verbreiten. Aber das ist eher das Pfeifen im dunklen Keller“, sagte der CSU-Politiker.

Im Moment glaube der Kreml-Chef, damit noch Erfolg zu haben, weil die  bisherigen Sanktionen „eher zaghaft“ seien. Hier hätten die EU und die USA ihre  Möglichkeiten auch unterhalb von Wirtschaftssanktionen zu wenig ausgeschöpft. Dessen ungeachtet hoffe er nach wie vor,  dass sich der Konflikt auf dem Wege der Vernunft lösen lasse.  Das setzt aber „widerspruchsfreie Signale Moskaus“ voraus.

Wirtschaftssanktionen könnten jedoch Europa, insbesondere Deutschland hart treffen. Härtere Strafmaßnahmen gegen Russland seien in den letzten Tagen „sicherlich wahrscheinlicher“ geworden. „Es ist aber nicht davon auszugehen, dass sofort der gesamte Außenhandel mit Russland betroffen ist“, sagte der Chefvolkswirt der DZ Bank, Stefan Bielmeier, Handelsblatt Online. Auch wenn Sanktionen beschlossen werden, werde es sicherlich ein „Eskalations-Szenario“ geben. „Wir gehen im Falle von Wirtschaftssanktionen jedenfalls von spürbaren, negativen Effekten auf die Konjunktur aus“, sagte Bielmeier. „Die laufende Erholung in Deutschland könnte dadurch einen sichtbaren Dämpfer erleiden.“


Ex-Wirtschaftsminister Müller warnt vor Handelskrieg

Manager und Ökonomen warnten am Mittwoch vor schärferen Sanktionen gegen Russland. Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK), Martin Wansleben, forderte den russischen Präsidenten auf, mäßigend auf die angespannte Lage im Osten der Ukraine einzuwirken.

Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) Marcel Fratzscher hält Konjunkturrückschläge in Europa für möglich, sollten gegen Russland Wirtschaftssanktionen verhängt werden. „Ein größeres Risiko sind mögliche Verwerfungen in Finanzmärkten - vor allem durch Turbulenzen und Verluste für die noch immer angeschlagenen Banken in Europa“, sagte Fratzscher Handelsblatt Online. Dies würde die schwache Konjunkturerholung in der Euro-Zone gefährden. Die Folgen von Wirtschaftssanktionen hingen unter anderem von deren Dauer und der Reaktion Russlands ab. Zeitlich beschränkte Maßnahmen würden „nur geringe Auswirkungen haben, da sie lediglich zu Verzögerungen von Handelsströmen und Transaktionen führen werden“.

Auch der Chef der RAG-Stiftung und ehemalige Bundeswirtschaftsminister Werner Müller kritisierte die Drohungen mit Wirtschaftssanktionen. „Ich halte im Grundsatz wirklich nichts von Handelskriegen, sie haben in der Historie im Grunde nur wenig bewirkt“, sagte Müller der „WirtschaftsWoche“. „Ich glaube, dass die territorialen Veränderungen nicht zurückzudrehen sind“, sagte Müller mit Blick auf die Eingliederung der Krim in die russische Föderation.

Zuvor hatten bereits eine Reihe führender deutscher Konzernlenker Verständnis für den Kurs des russischen Präsidenten Wladimir Putin geäußert. In einem Interview mit der Zeitung „Die Welt“ hatten die Chefs der Dax-Unternehmen Post, ThyssenKrupp und Adidas, Frank Appel, Heinrich Hiesinger und Herbert Hainer, Fehler im Umgang mit Russland moniert. „Man sollte vielleicht früher bedenken, was das Ergebnis ist, wenn man im Vorhof einer anderen Großmacht von außen für politische Veränderungen sorgt“, hatte etwa Post-Chef Frank Appel gesagt. Sie hatten sich auch kritisch mit Blick auf Wirtschaftssanktionen geäußert.


EU-Parlament: Sanktionen sofort verschärfen

Für Kritik hatte jüngst auch ein Besuch von Siemens-Chef Joe Kaeser bei Putin gesorgt. Nach dem Treffen hatte er vor Journalisten von einer „vertrauensvollen Beziehung“ zu russischen Unternehmen gesprochen und darauf verwiesen, dass Siemens seit 160 Jahren in Russland tätig sei. „Europa ist für mich generell eine Einheit, und dazu gehört grundsätzlich auch Russland“, sagte Müller. Ein Boykott schade nur. Rufen nach einem Verzicht auf russisches Erdgas erteilte Müller eine Absage. Es würde lange dauern, eine Versorgung mit Flüssiggas aus dem Nahen Osten oder Nordamerika aufzubauen: „Da ist es mir lieber, wir haben einen geregelten Wirtschaftsverkehr mit Russland.“

Das EU-Parlament verlangte unterdessen eine rasche Verschärfung der Sanktionen gegen Russland. Die EU-Regierungen sollten mit sofortiger Wirkung die Wirtschaftssanktionen einleiten und ein Embargo auf Rüstungsgüter und Technologien verhängen, hieß es in einer fraktionsübergreifenden Entschließung, die am Donnerstag in Straßburg mit großer Mehrheit verabschiedet wurde.

Die Abgeordneten blicken hoffnungsvoll auf die vierseitigen Gespräche in Genf. Die Verhandlungen würden hoffentlich „den Weg für eine umfassende und dauerhafte diplomatische Lösung der Krise ebnen“, hieß es in dem Text. Allerdings müsse dabei die territoriale Integrität der Ukraine gewahrt bleiben. „Die künftigen Entscheidungen der Ukraine können nur vom ukrainischen Volk selbst im Rahmen eines demokratischen und transparenten Prozesses getroffen werden“.

Große Delegationen der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) und des EU-Parlaments sollten die Präsidentenwahl in der Ukraine am 25. Mai beobachten. Die Abgeordneten warnten mit Blick auf den Kreml vor jedem „Druck von außen, diese Wahl zu verschieben“.

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