Cum-Ex-Untersuchungsausschuss Steinbrücks Mein-Name-ist-Hase-Verteidigung

Umstrittene Aktiendeals und Steuertricksereien kosteten den Staat Milliarden. Das Schlupfloch ist geschlossen, die Aufarbeitung dauert an. Nun hat sich Peer Steinbrück vor dem Untersuchungsausschuss geäußert.

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Der ehemalige Finanzminister Peer Steinbrück vor dem Bundestags-Untersuchungsausschuss zu umstrittenen Aktiengeschäften

Vier Jahre war der SPD-Spitzenpolitiker Peer Steinbrück Bundesminister der Finanzen. Und in dieser Zeit habe er erst Mitte 2009, also kurz vor seinem Abtritt, von den Steuertricks erfahren, bei denen sich Aktienhändler die Papiere rund um den Dividendenstichtag schnell hin- und herschoben, um sich die Dividendensteuer gleich mehrfach erstatten zu lassen. Die so genannten Cum-Ex-Deals kosteten den Staat Milliarden, insgesamt schätzungsweise 10 bis 12 Milliarden Euro.

Steinbrücks Mein-Name-ist-Hase-Verteidigung vor dem Cum-Ex-Untersuchungsausschuss des Bundestages an diesem Montag ist ein weiterer Beleg für die Ahnungslosigkeit, vielleicht auch die Hilflosigkeit, des Spitzenpersonals im Bundesfinanzministerium, die schon in den achtziger und neunziger Jahren begann (Stichwort: Dividendenstripping) und erst in der Amtszeit von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble in einem mühseligen Prozess gestoppt wurde.

Steinbrück erklärte vor dem Untersuchungsausschuss des Bundestages, er sei schon auf die Gefahr „erheblicher“ Steuerausfälle hingewiesen worden und habe dann um Stellungnahmen und Lösungsvorschläge gebeten. Wirklich unterbunden wurde das Treiben jedoch nicht. Steinbrück fehlte, so der Eindruck bei der Zeugenvernehmung im Bundestag, offenbar die Phantasie, sich die „Skrupellosigkeiten“ in der Finanzwirtschaft vorzustellen.

Schneller schlau: Cum-ex-Geschäfte

Und vielleicht verließ er sich zu sehr auf andere. Etwa auf den Bundesfinanzhof (BFH), den Steinbrück jetzt für dessen Urteile zur Frage des wirtschaftlichen Eigentums beim Handel mit Aktien kritisierte. Der BFH hätte den Missbrauch durchaus stoppen können, meint Steinbrück heute.

Er aber auch. Steinbrück, der sich 2008 und 2009 als Retter in der globalen Bankenkrise feiern ließ, wird mit den Versäumnis, vielleicht auch: Versagen leben müssen, das den deutschen Staat viele Milliarden Euro gekostet hat. Dabei ging es nicht nur um die windigen Cum-Ex-Deals, sondern auch um Cum-Cum-Geschäfte, bei denen eigentlich steuerpflichtige ausländische Investoren ihre Aktienpakete an deutsche Banken verkauften und direkt nach dem Dividendenstichtag wieder zurückkauften.

Einziger Zweck der Deals war dabei, dass die deutschen Banken sich die Dividendensteuer erstatten lassen konnten und man sich das Geld mit den ausländischen Investoren teilte – natürlich auch wieder zulasten des deutschen Staates. Hier ging es noch um mehr Geld als bei Cum-Ex – Geld, das der chronisch defizitäre Staat zu Zeiten von Steinbrück noch dringender brauchte als heute. Dieses Schlupfloch ist erst vor gut einem Jahr geschlossen worden.

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