Die Modernisierungsprogramme sind gut vorbereitet, durchgerechnet und wurden teilweise schon gestartet. Erste nationale Investitionsprojekte sind aufgelegt. Dies betrifft insbesondere die Modernisierung von Industrie, Logistik und technischen Fähigkeiten auf der ganzen Linie. Denn die iranische Wirtschaft, unter anderem bedingt durch den hohen Anteil ineffizienter staatlicher Betriebe und die Auswirkungen der Sanktionen, steckt immer noch in einer tiefen Krise.
Gerade nach den Jahren des Embargos wird jetzt ein kooperativer Ansatz mit ausländischen Investoren gesucht. Dies umfasst sowohl öffentlich-private Partnerschaften (Public-Private-Partnership) und die Bereitstellung langfristiger Lizenzen.
Auch die deutsche Politik hat ein Interesse an einer nachhaltigen Stabilisierung der Region. Aus deutscher Sicht ergeben sich dabei zwei eng verbundene, potenzielle Vorteile: Zusätzlich zu den Export- und Wachstumschancen wird eine engere Kooperation mit der iranischen Öl- und Gas-Industrie die deutsche Versorgungssicherheit erhöhen. Gerade vor dem Hintergrund der Abhängigkeit der Bundesrepublik von den russischen Gaserzeugern stellt das Iran-Geschäft hier eine Chance dar.
Wissenswertes zum Iran
Der Iran ist schon alleine wegen der Bevölkerungszahl von fast 80 Millionen eine Macht in der Golf-Region. Der Gottesstaat war jedoch wegen seiner kompromisslosen Atompolitik in den vergangenen zehn Jahren international isoliert. Die im Zusammenhang mit dem Atomstreit verhängten Sanktionen führten in dem öl- und gasreiche Land auch zu einer Wirtschaftskrise. Viele Beobachter rechneten daher mit einem zweiten Nordkorea am Persischen Golf.
Mit dem Sieg von Hassan Ruhani bei der Präsidentenwahl 2013 im Iran änderte sich jedoch das Bild. Sein Wahlslogan „Versöhnung mit der Welt“ führte im Juli 2015 zu einem Atomabkommen mit dem Westen. Der Iran wurde plötzlich zu einem potenziellen politischen und wirtschaftlichen Partner des Westens in einer von Krisen geschüttelten Region. Besonders im Syrien-Konflikt hofft der Westen auf eine positive Rolle Teherans.
Mit seinen beiden gut ausgerüsteten Streitkräften - der klassischen Armee und den Revolutionsgarden - kann der Iran besonders im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) eine entscheidende Rolle spielen. Diese Rolle aber ist innerhalb der Region höchst umstritten, unter anderem bei der anderen Regionalmacht Saudi-Arabien. Ideologische und besonders religiöse Differenzen zwischen dem schiitischen Iran und den sunnitisch-wahhabistischen Saudis sorgen daher immer wieder für Spannungen in der Region.
Durch eine effektive Nutzung seiner Bodenschätze, allen voran die größten Erdgas- und die viertgrößten Erdölvorräte der Welt, und mit mehr als 75 Millionen Einwohnern bietet der iranische Markt schon ein hohes Potential. Gesteigert wird dieses noch durch die strategische Lage des Iran, die einen privilegierten Zugang zu den Nachbarmärkten, sowohl in der Golf-Region wie auch auf asiatischer Seite.
"Made in Germany" wird hoch geschätzt
Die Chancen für die deutsche Wirtschaft sind weiterhin gut. Die Masse des vorhandenen und modernisierungsbedürftigen iranischen Industrieparks läuft mit deutscher Technologie. Deren Langlebigkeit erweist sich jetzt als bestes Werbe- und Verkaufsargument. Es gibt eine erhebliche, gewachsene Wertschätzung für Industriegüter „Made in Germany“. Dies erklärt, warum die iranische Industrie auf ein deutsches Engagement hofft.
Iran hat einen Entwicklungsstau, den es jetzt zu überwinden gilt. Auf der Prioritätenliste ganz oben stehen insbesondere die dringende Modernisierung des Verkehrssektors, einschließlich Luftverkehr, Eisenbahnen, Straßen- und Seeverkehr, die Modernisierung und Verbesserung der Erdöl- und Gasförderung der Industrie, der Ausbau von Förderkapazitäten und die Gewinnung von Rohstoffen.
Bereits dieser erste Überblick lässt das Potenzial für die deutsche Industrie erkennen. Hinzu kommt, dass die vorhandene, deutsche Technologie sowohl einen schnellen Markteintritt, als auch Umsätze und Gewinn befördert.
Iran wird in den nächsten Jahren einen Aufschwung erleben, der in Art um Umfang nur mit der Entwicklung Chinas – oder der Tigerstaaten in den Achtzigern – zu vergleichen ist. Es ist eine seltene Chance, ein bereits entwickeltes Land auf dem Sprung zu einem wirtschaftlichen „Major Player“ zu begleiten und langfristig an diesem Erfolg partnerschaftlich zu partizipieren.