De Maizière zum Türkei-Konflikt „Es gibt Grenzen, bei denen die Alarmglocken schrillen“

Während aus Ankara immer neue Attacken kommen, übt sich die Kanzlerin in Zurückhaltung. Stattdessen teilt jetzt Innenminister de Maizière aus. Bei der Terror-Bekämpfung brauche Deutschland keine Nachhilfe aus der Türkei.

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Innenminister de Maizière fand zum Abschluss der Deutschen Islamkonferenz klare Worte in Richtung Türkei. Quelle: dpa

Berlin Der Ton wird rauer und die Worte aus der Politik deutlicher: „Es gibt klare Grenzen, an denen auch meine Toleranz endet“, sagte der Bundesinnenminister de Maizière (CDU) zum Abschluss der Deutschen Islamkonferenz in Berlin. Diese Linien seien zum Beispiel erreicht, wenn strafrechtliche Grenzen überschritten werden und wenn Deutschland mit Nazi-Vergleichen gekränkt werde. Türkische Politiker dürften Zuwanderer in Deutschland nicht aufwiegeln. „Wenn ein anderer Staat versucht, hier politisch Einfluss zu nehmen, sollte uns das alle alarmieren“, so der Innenminister.

De Maizière warnte davor, die Integrationserfolge der vergangenen Jahrzehnte zu gefährden Die Bundesregierung werde nicht auf jeden Nazi-Vergleich und jede Provokation aus Ankara aufgeregt reagieren. Damit würde man nur den Befürwortern des Präsidialsystems in der Türkei in die Hände spielen. Diese versuchten, sich bewusst in der „Opferrolle“ zu präsentieren.

Zuvor hatte der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdogan den Konflikt mit Deutschland weiter angeheizt - und Kanzlerin Angela Merkel persönlich angegriffen. In einem Interview des türkischen Senders A Haber hatte er der Bundesregierung vorgeworfen, die kurdische Arbeiterpartei PKK zu unterstützen. Erdogan hatte behauptet, in Deutschland lebten 4000 namentlich bekannte PKK Terroristen. „Diese Liste gibt es nicht“, so De Maizière.

Deutschland verfolge die PKK-Terroristen härter als andere Staaten, es gebe Ermittlungsverfahren und Festnahmen. „Wir brauchen da keinen Nachhilfeunterricht“, so der Minister. Dabei betonte er, dass die Türkei im Kampf gegen den internationalen Terrorismus ein wichtiger Partner bleibe. Zuvor hatte auch Regierungssprecher Seibert bekräftigt, dass die Bundesregierung daran interessiert sei, die Wogen im Türkei-Konflikt zu glätten. Es gelte zu verhindern, dass sich die Türkei als NATO-Partner weiter von Deutschland entferne.

Das könnte angesichts der aktuellen Lage schwierig werden. Erdogan ist übers Wochenende in den Niederlanden gelungen, was ihm in Deutschland bisher versagt blieb: Eine westeuropäische Regierung geht in die Gegenoffensive. Die niederländische Regierung versucht mit aller Macht Wahlkampfauftritte türkischer Minister zu verhindern - dem Außenminister verweigerte man am Samstag die Landeerlaubnis, die Familienministerin schickte man nach Deutschland zurück. Es folgen Proteste, Demonstrationen, die Polizei muss eingreifen.

Für Erdogan jedenfalls könnte das die perfekte Gelegenheit sein, um die eigenen Reihen zu schließen - und die Auslandstürken zu motivieren, ihm und seiner AKP im Verfassungsreferendum am 16. April eine - vielleicht knappe - Mehrheit zu bescheren. Es geht um die Einführung eines Präsidialsystems, das fast die gesamte Macht beim Staatspräsidenten, also Erdogan, bündeln würde.

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