Debatte geht weiter Start für Kitaplatz-Anspruch und Betreuungsgeld

Lange wurde darum gerungen, zum 1. August sind sie Realität: der Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz für Ein- und Zweijährige sowie das Betreuungsgeld. Doch der Streit für die Familienpolitik geht unvermindert weiter.

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Krippenkinder im Alter von ein bis drei Jahren: Familien haben nun einen Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz – auch für ihre Jüngsten. Quelle: dpa

Berlin Familien in Deutschland werden von diesem Donnerstag an besser vom Staat gefördert. Sie haben nunmehr einen Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz für ein- und zweijährige Kinder. Gleichzeitig wird das Betreuungsgeld eingeführt. Dieses können jene Eltern beantragen, die ihre Kleinkinder zu Hause behalten und weder einen Krippenplatz noch eine staatlich geförderte Tagesmutter in Anspruch nehmen wollen. Beiden Vorhaben waren heftige politische Auseinandersetzungen voraus gegangen.

Bund, Länder und Kommunen rangen jahrelang um den Kita-Ausbau, der zunächst nur sehr schleppend voranging. Nun scheint zumindest rechnerisch der Anspruch erfüllt zu werden. Nach Darstellung von Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) stehen „annähernd ausreichend Plätze“ zur Verfügung. Im Kindergartenjahr 2013/2014 soll es deutschlandweit insgesamt etwa 813 000 Plätze geben. Das sind gut 30 000 Plätze mehr als veranschlagt.

Das besonders von der CSU geforderte Betreuungsgeld ist bis heute umstritten. Die SPD will es im Fall eines rot-grünen Wahlsiegs im September wieder abschaffen. Zunächst erhalten Eltern für jedes zu Hause behaltene Kind 100 Euro monatlich, ab dem 1. August 2014 gibt es dann 150 Euro. Die Leistung ist steuerfrei. Das Betreuungsgeld wird für Kinder gezahlt, die nach dem 1. August 2012 geboren wurden.

Die stellvertretende SPD-Vorsitzende Manuela Schwesig sieht kaum Interesse an dieser neuen Leistung. „Dass das Betreuungsgeld nicht abgerufen wird, zeigt doch gerade, dass die Bundesregierung an den Bedürfnissen der Eltern vorbei regiert“, sagte die Sozialministerin von Mecklenburg-Vorpommern. „Gerade wenn die zwei Milliarden Euro dafür nicht abgerufen werden sollten, muss man sich fragen, wie mit dem Geld Kinder und Familien besser unterstützt werden können.“


„Menge und Qualität der Kita-Plätze reichen nicht aus“

Sie halte es für wichtig, dass vor allem Frauen nicht mehr vor die Alternative Kinder oder Beruf gestellt werden, sondern dass in Deutschland mehr Geld in Kitas und Ganztagsschulen gesteckt werde. „Kinderbetreuung soll die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ermöglichen. Und auch die Bildungschancen der Kinder verbessern.“ Den Vorwurf aus Bayern, SPD-regierte Länder würden die neue Leistung gezielt sabotieren, wies Schwesig als „Quatsch“ zurück.

Ähnliche Kritik äußerte SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles. „Die Menge und die Qualität der Kita-Plätze reichen noch nicht aus. Wir wollen die Gelder, die das unsinnige Betreuungsgeld kosten soll, für die Verbesserung der Kita-Infrastruktur nutzen“, sagte sie der „Passauer Neuen Presse“. Die SPD werde das Betreuungsgeld abschaffen und damit allein in der nächsten Legislaturperiode vier Milliarden Euro für mehr Qualität und mehr Ganztages-Kita-Plätze ausgeben.

Die Grünen warfen der Bundesregierung Tricksereien vor. „Die Bilanz ist schöngerechnet“, sagte ihre Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Renate Künast, der „Frankfurter Rundschau“ (Donnerstag). „Und dass die Zahl statistisch am Ende gerade so reicht, ist sicher nicht das Verdienst von Frau Schröder.“ In vielen Regionen wie etwa Bayern gebe es außerdem noch erhebliche Lücken. Dort liege die Versorgungsquote in Wahrheit unter 30 Prozent. „Vor allem aber gibt es ein Defizit in der Qualität“, sagte Künast.

Ähnliche Kritik kam auch von der Piratenpartei: Sie erklärte: „Auch wenn es Frau Schröder tatsächlich gelingen sollte, ab morgen ausreichend Plätze aus dem Hut zu zaubern, ist damit doch schon heute klar, dass viele Eltern mit mangelnder Qualität der Betreuung und überfordertem Personal rechnen müssen.“

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