In einer aktuellen Studie argumentiert der Club of Rome, die westlichen Demokratien seien in der Umweltpolitik unfähig zu weitreichenden Entscheidungen. Autor Jorgen Randers rät, sich am "effizienten" Regierungsstil Chinas zu orientieren. Wollen Sie eine Ökodiktatur?
Von Weizsäcker: Nein. Einen klaren Ordnungs- und Preisrahmen zu setzen ist das Gegenteil von Diktatur. Der Rahmen muss diejenigen begünstigen, die klima- und umweltverträglich produzieren und konsumieren. Dann ist auch Wachstum kein Problem mehr. Autoritäre Formen der Umweltpolitik sind nur im Ausnahmefall richtig.
Paqué: Hier sind wir an einem fundamentalen Punkt der Debatte zwischen Wachstumsbefürwortern und -kritikern. Es geht um die Frage, wann politische Lenkung ins Totalitäre abdriftet. Da rate ich zu größter Sensibilität, die ich bei manchen Wachstumskritikern vermisse. Wenn der Staat zum Beispiel bestimmte Produkte immer weiter künstlich verteuert, schafft er irgendwann einen Prohibitivpreis, der Geringverdiener vom Konsum ausschließt. Wenn man das, was Sie wollen, konsequent zu Ende denkt, läuft alles auf eine enorme Freiheitsbeschränkung hinaus. Mit Marktwirtschaft und dem Lebensglück breiter Bevölkerungsschichten hat das nichts mehr zu tun.
Von Weizsäcker: Freiheitsbeschränkungen entstehen auch durch gefährliche Naturzerstörung. Nach Ihrer Logik wäre jedes Gesetz eine Art von Freiheitsberaubung. Ich sage nicht, dass der Staat den Ingenieuren in den Unternehmen vorschreiben soll, wie sie ihre Arbeit zu machen haben. Aber er kann Vorgaben machen, welche Anforderungen die Produkte erfüllen müssen.
Wachstumsskeptiker wie der britische Ökonom Tim Jackson propagieren einen Wohlstand ohne Wachstum, der vor allem durch Konsumverzicht erreicht werden soll. Jackson sieht eine "potenziell zerstörerische Kraft in der unerbittlichen Jagd der Verbraucher nach Neuem". Brauchen wir eine Kultur des Konsumverzichts?
Von Weizsäcker: Ich bin froh, dass es Vordenker wie Tim Jackson gibt. Aber in diesem Punkt teile ich seine Meinung nicht. Eine generelle Konsumverweigerung bringt uns nicht weiter. Verzicht kann gleichwohl positive Wirkungen haben. Ich selbst etwa lebe in einem energieautarken Passivhaus - und kann auf eine Heizung verzichten.
Paqué: Es gibt keinen nachhaltigen Wohlstand ohne Wachstum, das zeigt die Wirtschaftsgeschichte. Wer keine marktfähigen Ideen mehr hat, fällt im globalen Wettbewerb zurück - und verarmt. Was ist an einer ideenlosen Welt wünschenswert? Unsere globalen Probleme lassen sich eben nicht durch Verzicht lösen - sondern allein durch technischen Fortschritt.