Demografischer Wandel Boomende Metropolen, sterbende Dörfer

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München - Deutschlandweit Spitze

Spellerberg propagiert im Einzelfall den Ausstieg aus der Daseinsvorsorge, also aus Müllabfuhr oder Nahverkehr. Die Bürger vor Ort entscheiden, welche Lösungen funktionieren. Vielleicht reicht es, wenn der Müllwagen nur alle zwei Wochen an einem zentralen Ort vorfährt.

„Das würde Zwergschulen erlauben, einen eigenen Brunnen oder dezentrale Kanalisation“, beschreibt die Professorin. Ehrenamtliche führen den Bürgerbus, mobile Händler reisten dann übers Land.

Hilfreich wäre, wenn die Bundesregierung ihr Ziel „schnelles Breitband für alle“ bis 2018 erreicht. So ließe sich ein Gewerbe im Dorf leichter führen. Doch Bundesdigitalminister Alexander Dobrindt (CSU) zögert, Milliarden ins Netz zu stecken, wie in den Koalitionsverhandlungen erwogen. Das sollen Unternehmen tun – doch die sahen bisher wenig Anlass, dünn besiedelte Orte zu erschließen.

Die besten Städte Deutschlands
Platz 10: MainzDie Universitätsstadt und Landeshauptstadt von Rheinland-Pfalz punktet mit einem lebendigen Immobilienmarkt. Die Wohnungsmiete bei Bestands-Immobilien beträgt 8,71 Euro pro Quadratmeter (Rang 9). Schlecht für die Mieter, gut für Vermieter und die Stadt – spiegelt eine hohe Miete doch auch eine hohe Nachfrage und das Vorhandensein des nötigen Kleingelds der Bürger wider. Wer eine Wohnung sucht, muss schnell sein. Nach neun Tagen verschwinden Anzeigen in der Regel wieder von den Portalen, da die Anzeige hinfällig ist (Rang 13). Und dass, obwohl die Stadt nicht gerade reich an Grünflächen ist. Nur 13,2 Prozent der Stadtfläche taugen als Erholungsgebiete (Rang 70 von 71). Negativ ins Gewicht fällt auch die geringe Anzahl an Kindern, die die Mainzerinnen bekommen. Auf eine Frau kommen durchschnittlich nur 1,2 Kinder (Platz 66). Aber – Stichwort Studentenstadt – ein Großteil der Frauen ist ja noch jung. Eine detaillierte Auflistung der Stärken und Schwächen der Stadt Mainz finden Sie in unserer Infografik. Quelle: dpa
Platz 9: HeidelbergWer in Heidelberg krank wird, der muss sich um mangelnde ärztliche Versorgung keine Sorgen machen. Nirgendwo in Deutschland gibt es so viele Krankenhausbetten pro 100.000 Einwohner (202, Rang 1), in keiner anderen Stadt gibt es mehr Ärzte pro 100.000 Einwohner (393, Rang 1). Wer Erholung sucht, findet im Stadtgebiet ausreichend Gelegenheit: 45,2 Prozent der Fläche gelten als Erholungsgebiet (Platz 7). Vor allem Hochqualifizierte zieht es nach Heidelberg. 22,9 Prozent aller Beschäftigten haben einen Hochschulabschluss (Rang 7). Negativ fällt auf: Die Beschäftigungsquote der Frauen ist im Deutschlandvergleich dramatisch niedrig. Nur 38 Prozent der Frauen im erwerbsfähigen Alter hatten 2012 einen sozialversicherungspflichten Job (Platz 70). Eine detaillierte Auflistung der Stärken und Schwächen Heidelbergs finden Sie in unserer Infografik. Quelle: AP
Platz 8: DarmstadtIn kaum einer anderen Stadt gibt es so viele Wald- und Erholungsflächen wie in Darmstadt. 45 Prozent des Stadtgebiets sind grün (Rang 3). Dennoch scheinen die Schüler nicht übermäßig den Unterricht zu schwänzen. Sehr viele Jugendliche kommen sehr erfolgreich durchs Schulleben. 54,9 Prozent aller Schulabgänger erreichen das Abitur oder die Fachholschulreife (Rang 5). Nur 3,5 Prozent aller Schüler erreichen keinen Abschluss (Rang 7). Bei den Straftaten (8358 je 1000.Einwohner) liegt Darmstadt gut im Rennen (Rang 17), mit einer Aufklärungsquote von 61,8 Prozent  liegt die örtliche Polizei auf einem noch besseren elften Rang. Eine detaillierte Auflistung der Stärken und Schwächen Darmstadt finden Sie in unserer Infografik. Quelle: dpa Picture-Alliance
Platz 7: RegensburgProduktive Bayern: Die Regensburger erwirtschaften im Jahresdurchschnitt ein BIP von 75.434 Euro, das ergibt Platz 5 im Ranking. Hohe Produktivität und ein relatives hohes Einkommen sind auch nötig, sind doch die Immobilienpreise in Regensburg sehr hoch. Für eine Eigentumswohnung werden 2766 Euro pro Quadratmeter aufgerufen (Platz 3). Wer sich eine Wohnung in der Umgebung sucht, kommt dennoch schnell in die Stadt bzw. aus Regensburg wieder heraus. Die durchschnittliche Fahrzeit zur nächsten Autobahn-Anschlussstelle beträgt nur drei Minuten (Rang 6). Auch Auszubildende finden gute Bedingungen vor: Je 100 Nachfragen werden 105,1 betriebliche Ausbildungsplätze angeboten (Rang 4). Eine detaillierte Auflistung der Stärken und Schwächen Regensburgs finden Sie in unserer Infografik. Quelle: dpa
Platz 6: Frankfurt am MainBankenmetropole, Immobilienmekka – und die Stadt mit den meisten Straftaten je 100.000 Einwohner. 16.310 Straftaten (je 100.000 Einwohner) wurden 2012 laut dem Bundeskriminalamt verübt. Das ist – vor Düsseldorf und Köln – einsame Spitze. 59,9 Prozent aller Straftaten werden aufgeklärt (Rang 18). Positiv: Junge Leute haben eine gute Perspektive. Auf 100 Nachfrager kommen 105,6 Ausbildungsplätze (Platz 2). Die Erwerbstätigen sind sehr produktiv und erwirtschaften ein BIP von 80.223 Euro pro Einwohner (Platz 3). Eigentum ist trotzdem nicht einfach zu erwerben, sind doch die Preise recht hoch. In unserem Ranking spricht das für die Attraktivität der Stadt. Mit einem Preis von 2620 Euro pro Quadratmeter für eine Eigentumswohnung (Bestandsimmobilie) kommt Frankfurt auf Rang 6. Eine detaillierte Auflistung der Stärken und Schwächen Frankfurts finden Sie in unserer Infografik. Quelle: dpa
Platz 5: StuttgartKreative Schwaben: Stuttgart meldet mit weitem Abstand die meisten Patente an. 1376 Patentanmeldungen je 100.000 Erwerbstätige wurden zuletzt im Jahr eingereicht (Rang 1). Zum Vergleich: Ingolstadt folgt mit einem Wert von 679 auf Rang 2. Das schlägt sich auch in der Produktivität wider. Die Stuttgarter erwirtschaften im Schnitt ein BIP von rund 62.000 Euro im Jahr – Rang 8. Außerdem positiv: Wer in Stuttgart geboren wird, kann auf ein langes Leben hoffen. Die durchschnittliche Lebenserwartung liegt bei 82,3 Jahren (Rang 2). Ärzte hingegen sind nicht gerade stark in Stuttgart vertreten. Auf 100.000 Einwohner kommen nur 212 Mediziner (Rang 50). Eine detaillierte Auflistung der Stärken und Schwächen Stuttgarts finden Sie in unserer Infografik. Quelle: dpa Picture-Alliance
Platz 4: WolfsburgWenig überraschend leben in der VW-Stadt überdurchschnittlich viele Ingenieure. Zehn Prozent aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten haben ein Ingenieursstudium in der Tasche, mit weitem Abstand Rang 1. Auch beim Anteil der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten an den Erwerbsfähigen liegt Wolfsburg ganz vorne (68,4 Prozent). Die Wolfsburger erwirtschaften ein BIP von 108.165 Euro im Jahresdurchschnitt (Rang 1). Verletzen sollten sich die VW-Angestellten besser nicht: Bei der Ärztedichte hat die Stadt Nachholbedarf. Auf 100.000 Einwohner kommen nur 196 Mediziner (Rang 58). Eine detaillierte Auflistung der Stärken und Schwächen Wolfsburg finden Sie in unserer Infografik. Quelle: obs

Auf Wohltaten wartet Sascha Diepmans nicht. Der 43-jährige Makler vermittelt Hunsrück-Häuser, auch für unter 100.000 Euro. Ist eine Butze unwohnlich, inseriert er sie als „Bruchbude“. „Offenheit erspart den Kunden und mir viel Zeit“, weiß er.

Jüngst zeigen sich Holländer, Belgier und Franzosen in der Gegend. „Denen gefällt die Natur – und dass es billig ist“, sagt Diepmans. Neue Nachbarn kündigen sich an – auf der Suche nach einem Urlaubsrefugium oder Altersruhesitz.

München - Das teure Pflaster

Münchens Makler haben andere Preise im Angebot. Die teuerste Wohnung der Stadt liegt in einem Altbau am Schwabinger Kaiserplatz. Jeder der 79 Quadratmeter kostete 14.500 Euro – macht 1,13 Millionen Euro. Auch am unteren Ende ist die Metropole teuer. Die Bertelsmann-Stiftung errechnete, dass Ärmere hier mehr als jeden zweiten Euro für ihre Miete ausgeben. Ähnlich sei es in Frankfurt, Jena und Freiburg. Für ein Drittel des Einkommens finde eine normale Familie nichts.

Die Stadt punktet mit ihren Konzernen, gilt als Jobmaschine und weißblaue Wohlfühlinsel. 2013 stiegen die Mieten um sieben Prozent, stärker noch als in Berlin mit 6,6 Prozent, Köln mit 4,5 Prozent, Hamburg mit 4,0 und Frankfurt mit 3,2 Prozent. Im Schnitt 13 Euro Kaltmiete sind deutschlandweit Spitze und ziehen auch das Umland nach oben.

München: Ulrich Rothdauscher (46). Polizeidirektor Rothdauscher (Mitte) leitet die Inspektion 42 im Stadtteil Neuhausen. Beamte wie Kevin Eidloth, 20 (links), und Manuel Hobmeier, 26, arbeiten bei ihm. Viele werden in die Landeshauptstadt beordert. Normalverdiener finden in der teuren Metropole aber kaum eine Wohnung. Quelle: Dieter Mayr für WirtschaftsWoche

Ulrich Rothdauscher weiß, wie die Preise auf Normalverdiener wirken. Der Zwei-Meter-Mann leitet die Polizeiinspektion Neuhausen. „Einsteiger landen regelmäßig in München“, beschreibt der 46-Jährige. Verpflichtet für bis zu fünf Jahre. Anfangs gibt es 1.800 Euro netto. Wach- und Streifenbeamte bringen 2.000 bis 2.100 Euro nach Haus – mit Familie wird’s da eng.

Der aus der Oberpfalz zugezogene Rothdauscher ergatterte mit seiner Familie vor Jahren eine Genossenschaftswohnung. Neulinge weichen auf Gemeinschaftsunterkünfte der Bereitschaftspolizei aus. Andere gründen eine Zweck-WG. Für Polizisten gilt in München Residenzpflicht.

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