25 Jahre Abwanderung haben Suhl ausgehöhlt. Hier gibt’s den „großen Kreis der Alten“, wie die von Senioren bevölkerten Parkbänke heißen. Die Jungen treibt es am Wochenende 50 Kilometer nach Coburg und 70 nach Erfurt. Vor Jahren machte der McDonald’s dicht.
Suhl ist gebeutelt vom Niedergang der Industrie. Abgemagerte Städte wie Hoyerswerda, Wittenberge, Bremerhaven, Salzgitter, Hof oder Pirmasens suchen ebenso nach Ideen für weniger Einwohner und wachsenden Leerstand. Orte wie Wunsiedel oder Görlitz werben um Rentner, die mehr fürs Geld wollen als in der Großstadt. Andere appellieren ans Heimatgefühl, dass die Fortgezogenen zur Familiengründung doch wiederkehren mögen.
Nix für mich
1990 lebten in Suhl, der DDR-Bezirksstadt, 58.000 Menschen, heute 35.000, im Jahr 2020 dürften es unter 30.000 sein. Suhl halbiert sich in einer Generation. Das Durchschnittsalter ist auf über 50 Jahre geklettert.
Auch Hobbymusiker Adloff hatte Suhl hinter sich gelassen, war in Jena und Hamburg, aber kehrte zurück. „So ganz allein woanders, das ist nix für mich.“ Kress und Adloff bleiben. Hat auch Vorteile: Miete und Alltag kosten weniger als anderswo.
Oberbürgermeister Jens Triebel stemmt sich gegen den Niedergang und setzt eine Radikalkur durch. Das Viertel „Suhl-Nord“ wird bis 2025 abgerissen. Die letzten Bewohner der 3.000 Plattenbauwohnungen sollen dann in die Innenstadt ziehen. Bergsteiger Triebel will langen Atem zeigen und sieht die Stadt als Vorreiter. Es trifft auch andere Städte – nur langsamer.
Unterstützung bekommt er von Empirica-Ökonom Harald Simons: „Schrumpfen verlangt Konzentration. Es ist nicht mehr alles überall finanzierbar.“ Kommunen sollten nur noch im Kern investieren und dorthin locken. Sonst sei überall Brache.
Nicht mal eine Hochschule hilft immer, den Exodus Junger aufzuhalten. Das mussten Cottbus und Frankfurt an der Oder feststellen. Viele entscheiden sich fürs Studium dort, doch wohnen sie lieber im zweiten Berliner Hinterhaus und pendeln täglich wie ihre Professoren in vollen Zügen.
Die Johnny-Cash-Fans Kress und Adloff stehen vor der zugesperrten Philharmonie. Zuletzt fanden dort Ü30-Partys statt, zahlreich vertreten waren Suhler jenseits der 50. Die sorgen auch für volle Hallen, wenn Moderator Florian Silbereisen zur Volksmusikshow anreist. Für Lackierer Robert Kress sprang ein Auftrag heraus. Er besprühte 24 Tannen, damit sie bei der TV-Übertragung wie zugeschneit aussahen.