Demografischer Wandel Boomende Metropolen, sterbende Dörfer

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Umschwenken beim Grundstücksverkauf

Im Vergleich zu Unternehmen wie Allianz oder BMW zahlt der Staat schlecht. Also hauen etliche Polizisten nach der Pflichtzeit wieder an erschwinglichere Dienstorte ab. München kostet. Eine Tasse Kaffee gibt’s ab 2,50 Euro. Ein Kinobesuch, der Sportverein oder der Wocheneinkauf belasten stärker als anderswo.

Rothdauscher warnt: „Auch Spitzenverdiener wollen sich in ihrer Umgebung sicher fühlen und nicht über Müll stolpern. Wenn nur noch Reiche genug Geld für München haben, muss die Gräfin die Villa selber putzen.“

Erzieherinnen können nicht nach München beordert werden. Das bremst den Ausbau städtischer Kitas. Dabei locken Dienstwohnung und Zuschuss für Bus und Bahn. Extra-Schmankerl: Der Kita-Platz fürs eigene Kind zum halben Preis! In die Lücke springen private Ketten wie Elly & Stoffl oder die Wichtel Akademie. Die Krippe kann da im Monat 1.300 Euro verschlingen, ein Platz für Größere gut 1.000 Euro.

In diesen Städten lebt es sich am teuersten
Platz zehn: SydneyLaut dem Städteranking "Cost of Living Survey " landet Australiens größte Stadt Sydney auf Platz zehn der teuersten Städte weltweit. Für das Ranking hat das Beratungsunternehmen Mercer die Kosten von mehr als 200 Produkten und Dienstleistungen in 214 Städten miteinander verglichen. Darunter sind zum Beispiel Miete, öffentliche Verkehrsmittel, Haushaltswaren, Lebensmittel, Kleidung und Freizeitangebote. "Die Miete stellt den mit Abstand größten Kostentreiber dar", sagt Mercer-Expertin Margit Kaiser. In Sydney schlagen aber auch noch ganz andere Dinge ordentlich zu Buche. So kostet eine Jeans durchschnittlich 113,55 und eine internationale Tageszeitung 6,20 Dollar. Quelle: Blumenbüro Holland/dpa/gms
Platz neun: BernIn der Schweizer Hauptstadt Bern kostet eine Tasse Kaffee umgerechnet 4,68 Dollar. Auch Miete, Kleidung, Benzin und Dienstleistungen sind im Vergleich so teuer, dass es im internationalen Vergleich für Platz neun gereicht hat. Quelle: obs
Platz acht: Zürich Auch der achte Platz geht an die Schweiz. In der größten Schweizer Stadt lebt es sich noch teurer als in Bern. Wer hier ins Kino gehen möchte, zahlt übrigens im internationalen Vergleich am meisten. 20,66 Dollar kostet die einfache Kinokarte. Und auch alles andere ist in Zürich nicht billig. Quelle: dpa
Platz sieben: GenfDer siebte Platz geht an Genf. Dort kostet beispielsweise eine Tasse Kaffee 6,52 Dollar. Quelle: dpa/dpaweb
Platz sechs: Hong KongDas Ranking wird neben den Schweizer Großstädten auch von Metropolen aus dem asiatisch-pazifischen Raum dominiert. Den Auftakt macht die Weltstadt Hong Kong. Dort kostet beispielsweise ein Liter Normalbenzin durchschnittlich 2,23 Dollar. Verglichen mit den anderen 214 Städten ist das ist der höchste Preis. Quelle: REUTERS
Platz fünf: Singapur"In Europa sind die Lebenshaltungskosten in einigen Ländern durch starke nationale Währungen gestiegen, in der Schweiz sogar trotz teilweise sinkender Wohnkosten. Eine gegenläufige Entwicklung sehen wir in Asien, wo lokale Währungen etwas geschwächt sind", sagt Kaiser. Trotzdem bewegen sich die Lebenshaltungskosten in vielen asiatischen Städten noch immer auf einem sehr hohen Niveau. So auch in Singapur, wo beispielsweise der Liter Normalbenzin 1,76 Dollar kostet. Quelle: Blumenbüro Holland/dpa/gms
Platz vier: N DjamenaAuf Platz vier folgt mit N’Djamena im Tschad eine afrikanische Stadt. "Importierte Güter wie Kleidung und Haushaltswaren sind in der Regel kostspielig. Dies erklärt beispielsweise die hohe Platzierung der afrikanischen Städte, wo diese Faktoren besonders stark ins Gewicht fallen", erklärt Mercer-Expertin Margit Kaiser. Quelle: REUTERS

München zieht dennoch Neubürger an. Was zählt, sind Jobs. Allein 2012 kamen rund 24.400 sozialversicherungspflichtige Stellen dazu. Doch wächst auch der Widerstand. Mieter in der Maxvorstadt wehren sich gegen angeblich defekte Heizungen oder abgedrehtes Wasser, weil sich einzelne Hausbesitzer mehr Miete von den nächsten Bewohnern erhoffen. Künstler verhindern als Hausbesetzertrupp „Goldgrund“ den Abriss älterer Häuser im Glockenbachviertel. Auch in anderen Großstädten formiert sich eine neue Generation Hausbesetzer, die lautstark auf leer stehende Häuser aufmerksam macht.

Verbilligten Wohnraum bietet das „München Modell“, ein Artenschutzprogramm für die Mittelschicht. Es fördert zum Beispiel vierköpfige Familien, die bis zu 72.000 Euro Jahreseinkommen haben dürfen. Die Verwaltung stützt Fachhändler, indem sie städtische Ladenlokale billiger vermietet. Bayerns Heimatminister Markus Söder (CSU) will Landesbehörden aus Oberbayern in Randregionen verlegen.

Anteil leer stehender, aber vermietbarer Wohnungen (in Prozent)

Berlin versucht, Ferienwohnungen in Mietshäusern zu verhindern. Am Prenzlauer Berg darf in Altbauwohnungen kein zweites Bad entstehen – das gilt als Luxussanierung.

Boom-Städte schwenken beim Grundstücksverkauf um. In Berlin kann eine gute Idee das dicke Scheckbuch schlagen. So bekam die Kreuzberger Künstlergruppe Frizz23 den Zuschlag für ein Atelier- und Wohnhaus. Ähnliches gilt in Tübingen und Hamburg. In Jena beteiligen sich Bürger an Planungen in der Altstadt.

Suhl - Der ausgezehrte Ort

Suhl. Das reimt sich – auf cool. Um den Ort im Thüringer Wald und dieses Lebensgefühl zu verbinden, braucht es Geduld und Gitarren. Robert Kress, Thomas Adloff und zwei Freunde hatten beides. Ergrauter Plattenbau und breite Autoschneisen sind trist, aber Country-Sound hilft. Das YouTube-Filmchen „Biste Suhler, kommste cooler“ hat die 31-Jährigen hier berühmt gemacht. Sie hängen an ihrer „Geisterstadt“, wie es Adloff nennt. „Für Junge gibt’s ja nix.“ Zwei der vier Band-Mitglieder sind schon abgewandert und nur noch wochenends greifbar: Sängerin Katja lebt in Hamburg, der Regisseur des Musik-Clips, Micha, arbeitet in Erfurt.

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