Der Tag im Liveticker Liveticker zur Landtagswahl in Sachsen

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Sachsen-Wahl und der Bundesrat


+++ 13:10 Uhr +++

Noch immer ist die Wahlbeteiligung gering. Alle Parteien rufen dazu auf, Stimmen abzugeben.

+++ 12:10 Uhr +++

Sachsen-Wahl und der Bundesrat

Bei der Landtagswahl in Sachsen geht es auch um die vier Stimmen des Landes im Bundesrat. Den Umfragen zufolge dürfte eine Fortsetzung der bisherigen CDU/FDP-Koalition wegen der Formkrise der Freidemokraten kaum möglich sein. Aber auch eine anders zusammengesetzte Regierung wird im Bundesrat wenig ändern am Kräfteverhältnis zwischen jenen Ländern, die wie der Bund von SPD und/oder Union regiert werden, und jenen mit Regierungsbeteiligung der Grünen oder Linken.

Denn schon bislang hat das Regierungslager von CDU/CSU und SPD in der Länderkammer nur eine Minderheit von 27 der 69 Stimmen. Diese kommen aus sieben Ländern: fünf große Koalitionen in Sachsen-Anhalt, Thüringen und Berlin (je 4 Stimmen), Mecklenburg-Vorpommern und Saarland (je 3); hinzu kommen die Alleinregierungen der SPD in Hamburg (3) und der CSU in Bayern (6). Mit einem CDU/SPD-Bündnis in Sachsen käme die Regierung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf 31 Stimmen. Die Mehrheit im Bundesrat liegt aber bei 35 Stimmen.

Sachsen geht wählen
Tillich gibt seine Stimme ab. Quelle: REUTERS
Stanislaw Tillich gibt seine Stimme ab. Quelle: dpa
Niedrige Wahlbeteiligung vermutet. Quelle: REUTERS
Stanislaw Tillich nach seiner Stimmabgabe. Quelle: dpa
Rico Gebhardt gibt seine Stimme ab. Quelle: dpa
Antje Hermenau nach der Stimmabgabe. Quelle: dpa
Volkmar Zschocke wählt in Sachsen. Quelle: dpa

Die bislang 42 Stimmen des sogenannten neutralen Lagers kommen von neun Bundesländern: zum größten Teil aus den von SPD und Grünen regierten Ländern Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Baden-Württemberg (je 6), Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein (je 4) sowie Bremen (3); in Brandenburg (4) paktiert die SPD mit der Linkspartei; in Hessen (5) koaliert die CDU mit den Grünen, in Sachsen (4) bislang mit der FDP. Ein (nach den Umfragen unwahrscheinlicher) Umschwung in Sachsen zu Rot-Rot-Grün würde am Gewicht der Stimmblöcke zahlenmäßig nichts ändern.

Das linke Lager aus Ländern, die von der SPD allein, mit den Grünen oder den Linken regiert werden, kommt bereits derzeit auf eine gestaltende Mehrheit von 36 Stimmen. Es kann also schon jetzt - ohne einen Wechsel zu Rot-Rot-Grün in Dresden - eigene Gesetzentwürfe auf den Weg bringen.

Die Wahl in Zahlen

+++ 11:30 Uhr +++

Neue Partei-Pläne

Im Vorfeld der Wahl kam es von Seiten ehemaliger FDP-Politiker zu der Ankündigung, eine neue Partei zu gründen. Am Samstag sagte Najib Karim, früherer Vize-Parteichef der Hamburger FDP, gegenüber Welt-Online: "Wir sehen, unabhängig vom Wahlergebnis in Sachsen, unser Verständnis von Liberalismus in der Partei nicht vertreten". Aus diesem Grund hat Karim, gemeinsam mit weiteren früheren FDP-Politikern, die Gründung einer neuen liberalen Partei angekündigt. Ende September solle es einen Gründungsparteitag geben. Mitinitiator ist der frühere Zweite Hamburger Bürgermeister Dieter Biallas. Beide galten in der FDP als Anhänger des sozialliberalen Flügels der Partei, der sich in den vergangenen Jahren in der früheren Regierungskoalition im mit der Union im Bund nicht ausreichend vertreten gefühlt hatte. Insgesamt sollen 35 frühere FDP-Anhänger der Initiative angehören.

Sachsen ist das letzte Bundesland, in dem die FDP an der Regierung beteiligt ist. Umfragen zufolge stehen ihre Chancen auf ein Überwinden der Fünf-Prozent-Hürde bei der Wahl am Sonntag und damit auf eine Fortsetzung der Koalition mit der CDU schlecht. Trotzdem bleibt die Partei hoffnungsvoll. "Wir können das Wunder von Sachsen schaffen!" - so lautet der Untertitel des Facebook-Albums "Wahlkampfendspurt 2014" der FDP Sachsen.

Die Spitzenkandidaten für die Sachsen-Wahl
Stanislaw Tillich (CDU)Er ist smart, mehrsprachig und bodenständig: Die Sachsen mögen den 55-Jährigen, der seit Mai 2008 Ministerpräsident und CDU-Landeschef ist. Bundespolitische Ambitionen hegt der zweifache Familienvater nicht. In die Politik kam er wie viele Ostdeutsche erst nach der Wende. Das CDU-Parteibuch hatte der Sorbe zu diesem Zeitpunkt schon. In den 1990er Jahren saß Tillich als Beobachter und Abgeordneter im EU-Parlament. 1999 kam er als Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten nach Sachsen zurück. 2002 folgte das Amt als Chef der Staatskanzlei. Später leitete er die Ressorts Agrar und Umwelt sowie Finanzen. Quelle: dpa
Rico Gebhardt (Linke)Der 51-jährige Landeschef der Linken gilt als Verfechter eines rot-rot-grünen Bündnisses in Sachsen. Nur findet das bei SPD und Grünen kaum Widerhall. In seiner Partei war er lange damit beschäftigt, den Laden zusammenzuhalten. Denn zwischen altgedienten Parteikadern und einer „Jugendbrigade“ gibt es auch in Sachsen Spannungen. Mit seinem ausgleichenden Wesen scheint er der ideale Mann dafür. Gebhardt war bereits in der DDR SED-Mitglied. Seit 2004 sitzt er im Landtag. 2009 übernahm er den Parteivorsitz, 2012 die Fraktion. Der gelernte Koch gilt als bodenständiger Familienmensch. Drei kleine Kinder halten ihn privat auf Trab. Quelle: dpa
Martin Dulig (SPD)Auch Sachsens oberster Sozialdemokrat ist ein Familienmensch. Das lässt sich schon an der Größe seines Haushalts ablesen: Der 40-Jährige ist verheiratet und Vater von sechs Kindern. Dulig kam als 15-Jähriger zur Sozialdemokratie. Unter dem Eindruck der politischen Wende gründete er die SPD-Jugendorganisation Jusos in Sachsen mit. 2004 zog der Diplompädagoge in den Landtag ein, 2007 übernahm er den Fraktionsvorsitz. Nach der neuerlichen Schlappe bei der Landtagswahl 2009, bei der die SPD mit 10,4 Prozent der Stimmen das vorherige Resultat von 9,8 Prozent (2004) kaum verbessern konnte, übernahm er den Parteivorsitz. Seither gilt er als Hoffnungsträger Quelle: dpa
Antje Hermenau und Volkmar Zschocke (Grüne)Die 50-jährige Hermenau ist als Landtagsfraktionschefin das bekannteste Gesicht der Grünen im Freistaat. Die Sprachlehrerin und Verwaltungswissenschaftlerin saß bereits in Sachsens erstem Landtag. Von 1994 bis 2004, als die Grünen nicht im Landesparlament waren, hatte sie ein Bundestagsmandat. Sie hat sich als Finanzexpertin einen Namen gemacht und liebäugelt immer mal wieder mit Schwarz-Grün. Der 45-jährige Zschocke ist so etwas wie der ruhige Gegenpol zur temperamentvollen Hermenau. Der Chemnitzer war bisher vor allem Kommunalpolitiker aktiv. Seit 2010 ist der Sozialpädagoge einer der grünen Landeschefs. Quelle: dpa
Holger Zastrow (FDP)Mit 1,96 Meter Körpergröße ist er eine Art Leuchtturm der Sachsen-FDP. Gut die Hälfte seines Lebens hat der 45-Jährige für sie gearbeitet. Zur Wende baute er den FDP-Nachwuchs mit auf. Nach dem Absturz der Partei bei der Landtagswahl 1999 (1,1 Prozent) übernahm er als 30-Jähriger den Vorsitz der frustrierten Liberalen. 2004 gelang nach zehn Jahren der Wiedereinzug in den Landtag. Zweieinhalb Jahre war Zastrow dann auch Vize der Bundespartei; nach der Wahlschlappe bei der Bundestagswahl 2013 zog er sich aber aus Berlin zurück. Der gelernte Industriekaufmann hat BWL studiert und ist in Dresden Chef einer eigenen Werbeagentur. Quelle: dpa
Frauke Petry (AfD)Die 39-jährige Dresdnerin ist nicht nur Landesvorsitzende der euroskeptischen Alternative für Deutschland, sondern auch eine von drei Sprechern der Bundespartei. Durch Auftritte in Talkshows hat sie einen gewissen Bekanntheitsgrad erreicht. Die promovierte Chemikerin ist seit 2007 als Unternehmerin aktiv. Für die Entwicklung eines ökologischen Kunststoffs wurde sie mit dem Bundesverdienstorden ausgezeichnet. Ende 2013 musste sie für ihre Leipziger Firma aber Insolvenz anmelden. Inzwischen steht sie auch vor einer Privatinsolvenz, wie sie unlängst einräumte. Die vierfache Mutter singt im Kammerchor der Leipziger Thomaskirche. Quelle: dpa

+++ 09:30 Uhr +++

Tillich hat gewählt

In Sachsen hat am Sonntagmorgen die Landtagswahl begonnen. 3,4 Millionen Stimmberechtigte sind aufgerufen, die 120 Parlamentssitze in Dresden neu zu vergeben. Der schwarz-gelben Regierung von Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) droht das Aus - als letzter CDU/FDP-Koalition in Deutschland.

Tillich selbst gehörte zu einem der ersten Wähler. Schon 30 Minuten nach Öffnung der Wahllokale gab er mit seiner Ehefrau Veronika in der sorbischen Grundschule in Panschwitz-Kuckau seine Stimme ab. Auch Rico Gebhardt, Spitzenkandidat sowie Landes- und Fraktionsvorsitzender der Partei Die Linke und Antje Hermenau, Spitzenkandidatin der sächsischen Grünen, haben mittlerweile ihre Stimmen abgegeben.

+++ 09:00 Uhr +++

Prognose

Die CDU dürfte zwar laut Umfragen mit gut 40 Prozent der Stimmen die stärkste Kraft bleiben. Die FDP muss allerdings um den Wiedereinzug in den Landtag bangen, sie erreichte Umfragewerte von nur drei Prozent. Den Umfragen zufolge kann die Linke mit rund 20 Prozent der Stimmen rechnen und wäre dann wie seit 1999 zweitstärkste Kraft. Die SPD erwartet nach dem schwachen Abschneiden bei der letzten Wahl 2009 mit 10,4 Prozent (2004: 9,8) deutliche Zuwächse und kann mit bis zu 15 Prozent rechnen. Schon von 2004 bis 2009 wurde Sachsen von einer schwarz-roten Koalition regiert, davon ein Jahr unter Ministerpräsident Tillich.

Erstmals dürfte in Sachsen die eurokritische AfD in ein Landesparlament einziehen. In Umfragen kommt sie auf bis zu sieben Prozent. Bei den Grünen könnte es nach jüngsten Umfragen unerwartet knapp werden. Ein Wiedereinzug der Rechtsextremen NPD ist ebenfalls nicht sicher.

Vermutlich niedrige Wahlbeteiligung

Am Freitag hatten mehrere Parteien auf Abschlusskundgebungen noch einmal ihre Anhänger mobilisiert oder unentschlossene Wähler zu überzeugen versucht. Laut ZDF-Politikbarometer sind erst 61 Prozent aller Wahlberechtigten sicher, ob und wen sie wählen wollen. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) kam ebenso nach Dresden wie ihr Vorgänger Gerhard Schröder (SPD).

Auch Online versucht die SPD weiterhin Wählen zu motivieren. Weil die Wahl am letzten Tag der Sommerferien stattfindet, wird eine geringere Wahlbeteiligung als 2009 befürchtet.

Damals lag die Beteiligung bei 52,2 Prozent. Beherrschende Themen des Wahlkampfs waren die Bildungspolitik und die innere Sicherheit. Insgesamt bewerben sich 636 Frauen und Männer um einen Sitz im Parlament.

Rund 3,4 Millionen Bürger sind zur Wahl aufgerufen. Um die regulär 120 Mandate im Landtag in Dresden bewerben sich 636 Kandidaten. Durch Überhang- und Ausgleichsmandate zählte der Landtag zuletzt 132 Abgeordnete. Die CDU hatte schon die Wahl 2009 mit 40,2 Prozent gewonnen. Dahinter folgten Linke (20,6 Prozent), SPD (10,4), FDP (10,0), Grüne (6,4) und NPD (5,6). Die bisherige Sitzverteilung im Landtag: CDU (58), Linke (29), SPD (14), FDP (14), Grüne (9), NPD (8).

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