Deutsche Stiftung Denkmalschutz Wo stecken die Lotto-Millionen?

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Guter Ruf und schlechtes Management

Die Spur der Spendengelder an die DSD führt größtenteils in die ostdeutsche Provinz. Das brandenburgische Schloss Wiepersdorf, wo einst die Romantiker um Ludwig Achim und Bettina von Arnim mittels „progressiver Universalpoesie“ das Leben mit dem Schreiben verschmelzen wollten, ist noch heute ein Ort des künstlerischen Schaffens. Hinter dem Schloss lädt ein Park zum Rundgang unter den Statuen antiker Gottheiten ein.

Unter Göttervater Zeus und Aphrodite sitzen vor allem junge Künstler, die sich hier zumeist mittels Stipendien des Landes Brandenburg für mehrere Monate den Künsten widmen. Die DSD, die das Schloss samt Gästehaus mit rund 40 Betten für einen symbolischen Preis vom Land Brandenburg übernommen hat, sorgt für die Instandhaltung und deckt die Personalkosten.

Wegen solch harmonischer Anmutung ihrer Projekte genießt die DSD, die sich selbst als „größte private Initiative für Denkmalpflege in Deutschland“ sieht und ihren Hauptsitz in Bonn hat, eigentlich einen einwandfreien Ruf und ist dazu mit allen Weihwassern der Gemeinnützigkeit gewaschen: Neben dem DZI Spenden-Siegel hat die DSD 2012 auch einen Transparenzpreis von PwC verliehen bekommen. Mehr als 5000 Denkmale hat die Stiftung seit ihrem Bestehen 1985 mit mehr als 560 Millionen Euro gefördert. Prestigereich sind zudem die Namen im Stiftungsrat der DSD: Georg Friedrich Prinz von Preußen sitzt dort ebenso wie Andreas de Maizière, der ältere Bruder von Innenminister Thomas de Maizière. Bundespräsident Joachim Gauck ist Schirmherr der DSD.

Wirrnisse in Wiepersdorf

Doch nicht nur Stipendiaten und prominente Unterstützter schätzen die DSD. So schöne Liegenschaften wie Schloss Wiepersdorf ziehen auch eine Menge Ausflügler an, besonders am Wochenende. Dann trinken sie gerne Kaffee oder nächtigen im Gästehaus der DSD. So war es zumindest früher. Mittlerweile wurde aufgrund von Verlusten laut Jahresbericht 2014 der „wirtschaftliche Geschäftsbetrieb“ im Schloss Wiepersdorf geschlossen. Auf Nachfrage erklärt die DSD, dass sie nur die Orangerie, also das opulente Bewirtungsgebäude, geschlossen habe. Das Gästehaus habe sie aber von 2006 bis „zum heutigen Tage“ betrieben. Doch mehrere Quellen bestätigen, dass die DSD den Gästen nicht nur keinen Kaffee mehr servierte, sondern auch der Betrieb des Gästehauses der Stiftung Schwierigkeiten bereitete. Warum die DSD darüber nicht so gerne spricht, könnte in der teils falschen Abrechnungsweise im Gästehaus in Teilen des Jahres 2015 liegen: Denn statt gegen Rechnung sollen dort Zimmer teilweise gegen „freiwillige Spenden“ vermietet worden sein.

Verlassene Gebäude in Europa
Auf seiner Reise durch Europa hat der Fotograf Romain Veillon sich auf die Suche nach verlassenen Gebäuden gemacht. "Ich war schon immer fasziniert von einsamen, verlassenen Orten, daher ist es nicht weiter erstaunlich, dass ich nach ein paar zufälligen Kindheitsausflügen beschlossen habe, meine Kamera dorthin mitzunehmen. Ich will Erinnerungen von meinen Ausflügen und Reisen mitbringen", erzählt der Franzose.
Auch verlassene Kirchen hat Romain Veillon besucht und festgehalten. Seit gut drei Jahren reist der Fotograf jetzt schon durch Europa, um mystische Orte, wie diese einsame Kapelle, zu finden.
Auf seiner Reise macht Veillon unter anderem Halt in Bulgarien, Ungarn, Frankreich, Italien, Österreich und Irland.
Dies war wohl einst ein gemütliches Wohnzimmer - eigentlich ein ganz gewöhnlicher Ort. Für den Fotografen hat das Zimmer jedoch eine besondere Bedeutung: "Mit der Zeit habe ich den Orten, die ich fotografiere, immer mehr Wichtigkeit und Bedeutung zugemessen. Dadurch habe ich es geschafft, den Geist und die Atmosphäre jedes Ortes einzufangen. Ein tolles Gefühl."
"Ich liebe es, wenn die Natur die Macht über menschliche Konstruktionen übernimmt und eine Atmosphäre erzeugen, die irreal und einzigartig zugleich ist", erklärt Romain Veillon. Orte wie diese verlassene Halle faszinieren den Fotograf seit seiner Kindheit.
Ein exotischer Wintergarten? Nein, auch in diesem ehemaligen Waschraum hat die Natur das Kommando übernommen.
Wurde hier einst ein Roman geschrieben? Sich auf dem jetzt von Gras bedeckten Bett geliebt? War es ein Studierzimmer, oder Wohnzimmer einer Familie? "Jeder Raum, jeder Ort, den ich fotografiere, hat seine eigene Geschichte und ist deswegen besonders", so der Fotograf.

Der Hintergrund der Wirrnisse in Wiepersdorf liegt in den Finanzvorschriften für gemeinnützige Stiftungen, mit denen die DSD im Fall Wiepersdorf offenbar nicht zurechtkam. Denn für diese Stiftungen ist eine wirtschaftliche Tätigkeit in eigener Regie stets ein heikles Spiel: Verluste dürfen niemals mit Spendenmitteln ausgeglichen werden. Vermieden werden kann dieses Risiko etwa durch Verpachtung des entsprechenden Betriebs. Das Modell „freiwillige Spende“ für eine eindeutige Gegenleistung taugt jedenfalls nicht. Das musste wohl auch die DSD feststellen. Nachdem ein übereifriger Gast auf seine „Spende“ die Nummer des Hotelzimmers und das Datum der Übernachtung notiert haben soll, musste die Stiftung Denkmalschutz den ganzen Vorgang rückabwickeln.

Garten mit Göttern: Hinter Schloss Wiepersdorf liegt der Park mit den Statuen antiker Gottheiten. Auf Bewirtung warten Gäste vergeblich. Quelle: Marie-Luise Preiss/Deutsche Stiftung Denkmalschutz

Die DSD betont, dass es in Wiepersdorf niemals einen „Verkauf“ von Dienstleistungen gegen Spenden gegeben habe, und spricht von „Abrechnungsfehlern“ in 16 Fällen im Jahr 2015 im Beherbergungsbetrieb. Der Grund dafür seien „hausinterne Missverständnisse“ gewesen. „Die DSD-Zentrale in Bonn“, teilt die Stiftung mit, „erlangte Ende September 2015 von der Abrechnungspraxis vor Ort Kenntnis. Danach wurde die Abrechnungspraxis innerhalb von wenigen Wochen abgestellt. Noch im Jahr 2015 hat die DSD von den Betroffenen in allen 16 Fällen die Originale der Spendenquittungen zurückgefordert. Im Gegenzug wurden ordnungsgemäß Rechnungen ausgestellt.“ Verluste aus wirtschaftlicher Tätigkeit würden zudem niemals aus Spenden, sondern durch andere wirtschaftliche Tätigkeiten und Geschäftsjahre kompensiert. Zudem verweist die DSD auf die durch unabhängige Prüfer bestätigte Korrektheit der Jahresabschlüsse.

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