Wer soll Cannabis künftig bekommen?
Schwerkranke, aber eine exakte Definition der Krankheitsbilder gibt es im Gesetz nicht. Cannabis kann etwa helfen gegen Spastiken bei Multipler Sklerose, gegen chronische Schmerzen bei Neuropathie, Rheuma, Multipler Sklerose oder Krebs. Wirksam ist es auch bei Appetitlosigkeit wegen AIDS, Krebs oder Alzheimer, bei Übelkeit infolge von Chemotherapien oder beim Tourettesyndrom, einer Nervenkrankheit.
Wie kommen die Patienten an Cannabis?
Ein Arzt kann es auf Kosten der Krankenkassen verschreiben, wenn eine - laut Gesetz - „nicht ganz entfernt liegende Aussicht“ auf eine positive Wirkung besteht. Er muss - anders als ursprünglich vorgesehen - zuvor nicht alles andere probiert haben. Die Krankenkasse hat maximal drei Wochen Zeit, um die Therapie anzunehmen oder begründet abzulehnen. Die Kassen können den Medizinischen Dienst (MD) zur Fallprüfung einschalten, müssen das dann aber zeitnah tun: Der MD kann sich im Normalfall auch noch einmal drei Wochen Zeit für eine Stellungnahme nehmen. Der Gesamtprozess darf allerdings nicht länger als fünf Wochen dauern.
Deutlich schneller muss es bei sogenannten SAPV-Patienten (spezialisierte ambulante Palliativversorgung) gehen, die nur noch eine eingeschränkte Lebenserwartung haben: "Dann muss die Kasse innerhalb von drei Tagen entscheiden", informiert Dr. Klaus Häußermann, Wissenschaftlicher Berater für Betäubungsmittel.
Wenn die Cannabisarzneimittel zulasten der Gesetzlichen Krankenversicherung verordnet werden sollen, muss der Arzt an einer anonymisierten Begleiterhebung teilnehmen. Damit sollen Informationen über die Wirkung und den therapeutischen Erfolg einer solchen Behandlung mit Cannabis gewonnen werden. Und dies soll die Grundlage für eine spätere Aufnahme einer Cannabistherapie in den Regelkatalog als Kassenleistung sein. Der Patient muss dieser Meldung zustimmen und vom Arzt darüber informiert werden. Möchte er dies nicht, so hat er immer noch die Möglichkeit, die Medikation selbst zu bezahlen, indem der Arzt ein Privatrezept erstellt.
Wie war das bisher?
Bereits 1020 Patienten haben eine Sondergenehmigung für Cannabis vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). In der Regel müssen sie die Kosten aber selbst tragen. Zwei Patienten wurde zudem die Erlaubnis für den Eigenanbau von Cannabis erteilt.
Wie Cannabis konsumiert wird
Tetrahydrocannabinol (THC). Je höher der THC-Gehalt, desto heftiger die Wirkung.
Getrocknete Blütenstände und Blätter. Wird als Joint oder in der Pfeife geraucht, meist zusammen mit Tabak.
THC-Gehalt: 14/20
Verbreitung: hoch
Harz der Blütenstände, meist zu Platten („Pieces“) gepresst. Wird als Joint und in der Pfeife geraucht oder vermischt mit Lebensmitteln: etwa verbacken als Keks.
THC-Gehalt: 10/30
Verbreitung: mittel
Dickflüssiges Extrakt aus Cannabisharz. Wird geraucht als Joint und in der Pfeife oder vermischt mit Lebensmitteln.
THC-Gehalt: 20/50
Verbreitung: niedrig
Quelle: eigene Recherche, LKA Düsseldorf
Dürfen Patienten künftig Hanf etwa auf dem Balkon anbauen?
Nein. Den Anbau soll eine beim BfArM angesiedelte Cannabisagentur regeln, sie soll den Cannabis dann kaufen und an Hersteller und Apotheken abgeben. Zuerst wird auf Importe zurückgegriffen. Ein BfArM-Sprecher sagte aber, die Einrichtung der Agentur werde schon vorbereitet. „Ziel ist es, dass die Cannabisagentur ohne Verzögerung ihre Arbeit aufnehmen kann, wenn das Gesetz in Kraft tritt.“ Das soll im März sein.
Wird Cannabis wegen des Gesetzes nun massenhaft verbreitet?
Nein, Mediziner schätzen, dass die Patientenzahlen zwar nach oben gehen, aber es im Ganzen doch Einzelfälle bleiben. Am Verbot von Hanf als Rauschmittel für den Freizeitkonsum rüttelt der Gesetzgeber nicht.
In welcher Form bekommen die Patienten Cannabis?
Als getrocknete Cannabisblüten oder Cannabisextrakt. Öl aus Hanfpflanzen kann über eine Vorrichtung inhaliert werden. Mediziner berichten, dass manche Patienten angeben, Cannabis helfe ihnen am besten, wenn sie es rauchen. Bereits auf Rezept verfügbar sind Fertigarzneimittel auf Cannabis-Basis.
Ist Cannabis ohne Risiko für die Patienten?
Nein, allerdings herkömmliche Therapien auch nicht. Es kann abhängig machen, in seltenen Fällen in eine Psychose führen, außerdem können trockener Mund, Übelkeit, Schwindel und Müdigkeit auftreten. Vieles über die medizinischen Wirkungen ist noch nicht erforscht.