Die Spitzenkandidaten Diese Politiker kämpfen um die Gunst der Hamburger
Olaf Scholz dürfte die absolute Mehrheit verlieren. Zusammen mit einem Juniorpartner könnten die Sozialdemokraten aber weiterregieren. Wer noch kandidiert.
Olaf Scholz (SPD)
Er hält, was er verspricht, verspricht er - und hat damit Beobachtern zufolge den Grundstein für den fulminanten SPD-Wahlsieg 2011 gelegt. Auch diesmal will der 56 Jahre alte Hamburger Parteichef und SPD-Bundesvize auf diese Weise wieder die meisten Stimmen scheffeln, woran auch kaum jemand zweifelt. Denn anders als die Opposition, die in Scholz teilweise einen Technokraten mit absolutistischen Zügen sieht, mögen die Hamburger ihren Bürgermeister laut Umfragen sehr. Scholz ist seit 1975 in der SPD und machte dort eine steile Karriere. Der studierte Rechtsanwalt war unter anderem Bundestagsabgeordneter, SPD-Generalsekretär und Bundesarbeitsminister. Dann wurde er unter dem Motto „Wer bei mir Führung bestellt, muss wissen, dass er sie dann auch bekommt“ erst Hamburger SPD-Chef und schließlich Bürgermeister. Scholz, geboren in Osnabrück und aufgewachsen in Hamburg, ist mit Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Britta Ernst verheiratet.
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Dietrich Wersich (CDU)
Der 50-Jährige gilt als Hoffnungsträger der CDU. Der gebürtige Hamburger ist der vierte von fünf Söhnen eines Landwirts, der sich im Stadtteil Lokstedt als Gartenbauer selbstständig gemacht hat. Ehe Wersich vor 18 Jahren in die Politik ging, studierte er in Hamburg Medizin und arbeitete bis 2002 als Arzt am Uniklinikum Eppendorf. Daneben engagierte er sich im kulturellen Bereich. 1995 war er an der Wiedereröffnung des Altonaer Theaters beteiligt und leitete auch den Spielbetrieb der Hamburger Kammerspiele und des Harburger Theaters. 1997 zog er erstmals in die Bürgerschaft ein, 2008 wurde er Sozialsenator in Deutschlands erster schwarz-grünen Koalition auf Landesebene. Seit der Wahlniederlage der CDU 2011 ist Wersich Oppositionsführer in der Bürgerschaft. In seiner Freizeit geht der Fraktionschef in den Schweizer Alpen wandern, feuert den HSV an und besucht gerne Theater und Konzerte. Wersich lebt zusammen mit seinem langjährigen Partner in Hamburg.
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Katharina Fegebank (Grüne)
Twitter, Werder Bremen und Schwimmen - Für die 37-jährige Politikerin sind das die drei Dinge, die sie rund um die Uhr beschäftigen. Knapp 4000 Tweets, am liebsten jedes Wochenende ein Spiel ihres Lieblingsvereins - ihre Bestzeit im Becken hält sie geheim. Mit einem neuen, farbenfrohen Styling und „einer positiven Ausstrahlung“ geht sie mit ihrem Spitzenkandidaten-Kollegen Jens Kerstan ins Rennen um die Bürgerschaft. Familie Fegebank diskutierte schon immer am Mittagstisch über politische Themen und soll die einzige Tochter so inspiriert haben, in die Politik zu gehen. Doch erst mit 27 Jahren trat die Politologin in die Partei ein. Vorher lebte sie einige Zeit in den USA und arbeitete an der Leuphana Universität in Lüneburg als wissenschaftliche Mitarbeiterin. 2008 wurde sie die jüngste Parteichefin in der Geschichte der Hamburger Grünen. Seit 2011 ist sie auch Bürgerschaftsabgeordnete und dabei Fraktionssprecherin für Europa, Internationales und Soziales.
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Jens Kerstan (Grüne)
Weit hinter der Konkurrenz erreichte der 48-Jährige vor einigen Jahren bei der Schwimmetappe eines Triathlons die Ziellinie - aber Kerstan nahm es sportlich: Hauptsache angekommen. „Vor mir die Handballer und Fußballer vom HSV, das war eine harte Erfahrung“, sagt er lachend im Rückblick. Seinen Ehrgeiz weckte später stattdessen der Marathon - nicht die einzige Gemeinsamkeit mit Grünen-Ikone Joschka Fischer, auch politisch gelten beide als Realos. Vergleichsweise spät kam Kerstan in der Politik an: 1998 trat der studierte Volkswirt aus Bergedorf den Grünen bei, nachdem er zuvor schon für den Naturschutzverband GÖP die Elbinsel Neßsand von wuchernden Kiefern und Pappeln befreit hatte. 2002 zog Kerstan in die Bürgerschaft ein und wurde 2008, als die erste schwarz-grüne Koalition gebildet wurde, Fraktionsvorsitzender. Ausgleich findet der haushaltspolitische Sprecher heute beim Kochen.
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Katja Suding (FDP)
„Unser Mann für Hamburg“ - mit diesem Slogan startete die 39 Jahre alte FDP-Vorsitzende, Fraktionschefin und Spitzenkandidatin in den Wahlkampf. Und auch danach machte die Mutter zweier Söhne erstmal abseits der Politik von sich reden. Die „Tagesschau“ filmte ihre Beine beim Dreikönigstreffen der Liberalen in Stuttgart so ausgiebig ab, dass sich „ARD-aktuell“-Chefredakteur Kai Gniffke hinterher dafür entschuldigen durfte: „Der Beine-Schwenk gehört auf den Index. Tut mir leid, Frau Suding“, bloggte er. Suding hatte die FDP 2011 als Newcomerin völlig überraschend nach sieben Jahren ins Parlament zurückgebracht. Im Anschluss setzte sie sich mit teils harten Bandagen gegen die Ex-Parteivorsitzende Sylvia Canel innerparteilich durch. Geboren wurde Suding im niedersächsischen Vechta, wo sie mit ihren beiden Brüdern aufwuchs. 2012 trennte sich die PR-Beraterin von ihrem Mann, lebt aber weiter in der Nähe der früheren gemeinsamen Wohnung im Westen Hamburgs.
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Dora Heyenn (Linke)
Beinahe hätte sie hingeworfen. Als Hamburgs Linke die 65-Jährige mit nur 55,4 Prozent zur Spitzenkandidatin wählten, hätte die Biologie- und Chemielehrerin fast aufgegeben - und der Partei damit ein ernsthaftes Problem beschert. Schließlich war sie es, die die Linke 2008 erstmals in die Bürgerschaft geführt und das Ergebnis 2011 verteidigt hatte. Heyenn gilt zum Frust einiger Hardliner in der Partei als unideologische Politikerin, die auch bei den anderen Fraktionen wohlgelitten ist. Ursprünglich war Heyenn in der SPD, saß zwischen 1990 und 1992 im Kieler Landtag, warf dann aber aus Ärger über Gerhard Schröder 1999 nach fast drei Jahrzehnten das Handtuch. Erst 2005 fand die Bauerstochter von der Insel Fehmarn „in bewusster Opposition zur Agenda 2010“ über die WASG und ihr politisches Leitbild Oskar Lafontaine zurück in die Politik. Heyenn war bis zu dessen Tod 2009 mit dem SPD-Bundestagsabgeordneten Günther Heyenn verheiratet. Sie ist eine begeisterte Töpferin.
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Jörn Kruse (AfD)
Der 66-Jährige ist ein Kopfmensch. Als emeritierter Wirtschaftsprofessor, der unter anderem 16 Jahre an der Helmut-Schmidt-Universität Hamburg lehrte, gehört die Eurokritik zu seinen Schwerpunkten. Im Wahlkampf wollte der gelernte Polizist darüber aber zunächst kaum sprechen, Hamburger Themen sollten im Mittelpunkt stehen - bis Gerüchte aufkamen, die Bundesregierung habe ihre Haltung zu einem möglichen Euro-Aus für Griechenland geändert. Er wolle nicht als Besserwisser dastehen, sagte Kruse daraufhin, aber die AfD habe immer gewusst, dass es für Griechenland besser sei, aus dem Euroraum auszuscheiden. Der gebürtige Eutiner kann aber auch emotional: Im Wahlkampf zeigte er sich als engagierter Redner und - mit Rufen nach einem Kopftuchverbot für Lehrerinnen und Pegida-nahen Parolen über das Abendland - als Kritiker des Islams. Ganz neu ist die Politik für Kruse nicht. Von 1969 bis 1993 war er in der SPD, von 2012 bis 2014 engagierte er sich bei den Freien Wählern.
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