Diesel-Skandal Schulz fordert Quote für E-Autos

SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz befürwortet eine verbindliche Quote für Elektroautos in Europa. Bundeskanzlerin Merkel möchte sich nicht auf eine solche Forderung festlegen. Die Automobilindustrie zeigt sich skeptisch.

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Der SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz verlangt strengere Regeln für die Autoindustrie. Quelle: ZB

Mit der Forderung nach verbindlichen Quoten für Elektroautos in der EU hat die SPD die Debatte um Diesel-Abgase und drohende Fahrverbote angeheizt. Für seinen Vorstoß bekam Kanzlerkandidat Martin Schulz am Freitag Unterstützung von zwei SPD-Ministerinnen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wollte sich zunächst nicht auf eine Position festlegen. Die EU-Kommission hatte allerdings erst Anfang der Woche mitgeteilt, eine solche Quote sei nicht geplant.

Die Quote solle nicht für die Autobauer gelten, sondern für Neuzulassungen, erläuterte Schulz seinen Vorschlag, der Teil eines Fünf-Punkte-Plans zur Zukunft des Automobilstandorts Deutschland ist. Der Staat müsse einen E-Auto-Anteil festlegen, etwa bezogen auf die Einwohnerzahl. Das sei ein Anreiz für die Autobauer, sich auf diesem Markt eine gute Position zu sichern. Kaufanreize sollten Kunden dazu bringen, Autos mit elektrischem Antrieb zu kaufen.

Deutschland fördert Elektroantriebe bereits unter anderem mit Kaufprämien. Das Ziel, bis 2020 eine Million Elektroautos auf der Straße zu haben, gelte weiter, sagte Regierunssprecher Steffen Seibert. Merkel hatte im Mai erklärt, es würde - Stand jetzt - wohl nicht erreicht. Jeder Vorschlag, der mehr Dynamik beim Ausbau zum Ziel habe, sei „erst einmal willkommen“, sagte Seibert. Laut Auto-Branchenverband VDA lag der E-Auto-Anteil bei Neuzulassungen in Deutschland im ersten Halbjahr 2017 bei 1,3 Prozent - das ist immerhin ein deutlicher Anstieg im Vergleich zum Vorjahr.

Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) sagte der Deutschen Presse-Agentur, sie rechne mit einem Vorschlag aus Brüssel zu künftigen CO2-Grenzwerten, der auch eine Quote für E-Autos enthalten werde. Anders seien die Klimaschutzziele in der EU nicht zu erreichen. Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD) glaubt, das könne „den Druck auf die Hersteller erhöhen, bedarfsgerechte Elektro-Autos anzubieten.“ Greenpeace nannte den Vorstoß ein „richtiges Signal an Hersteller und Verbraucher“.

Der VDA zeigte sich dagegen skeptisch: Für die Elektromobilität gebe es „wirksamere und marktwirtschaftlich überzeugendere Anreize“. Dazu zählten eine ausgebaute Ladeinfrastruktur und Privilegien für die Elektromobilität, etwa Parken in Innenstädten. Die IG Metall betonte, dass das Problem nicht mit „Aussitzen“ zu lösen sei. „Der Markt wird es nicht richten, wenn wir diesen Transformationsprozess meistern wollen und es dabei gerecht zugehen soll“, sagte Gewerkschaftschef Jörg Hofmann.

Die Union im Bundestag lehnt eine verbindliche Quote ab. Statt eine Technologie vorzuschreiben, brauche es europaweit ambitionierte Abgasvorschriften, sagte Fraktionsvize Michael Fuchs (CDU) der dpa. „Wie diese am besten eingehalten werden können, muss ein offener Technologie-Wettbewerb entscheiden.“ Auch die FDP ist gegen eine Quote. Die Grünen dagegen fordern, dass in Deutschland ab 2030 nur noch emissionsfreie Autos neu zugelassen werden.

Neben der Quote fordert Schulz schärfere gesetzliche Regeln für die Autoindustrie sowie konsequente Kontrollen der Emissionsgrenzwerte als Konsequenz aus der Diesel-Affäre um manipulierte Abgaswerte. Wegen der hohen Belastung der Luft mit gesundheitsschädlichen Stickoxiden drohen in mehreren deutschen Städten Fahrverbote, das Thema beschäftigt die Gerichte.

Beim Diesel-Gipfel Anfang August war die Autoindustrie mit ihrem Plan durchgekommen, Diesel-Pkw lediglich mit einem Softwareupdate sauberer zu machen. Das ist deutlich billiger und einfacher, als Motor-Bauteile nachzurüsten. Umweltschützer bezweifeln aber, dass solche Updates an neuen Dieseln reichen, um Fahrverbote zu verhindern.

Auf einem zweiten Gipfel im Herbst wollen die SPD-Ministerinnen eine erste Bilanz ziehen und gegebenenfalls über weitere Schritte entscheiden. Eine Sprecherin des Verkehrsministeriums sagte dazu, über einen weiteren Dieselgipfel zu reden, sei „nicht nötig“. Es gelte zunächst, die Beschlüsse umzusetzen und ihre Wirkung zu prüfen.

Verbraucherschützer fordern unterdessen von den Autoherstellern verbindliche Zusagen für die geplanten Diesel-Nachrüstungen. Der Verbraucherzentrale Bundesverband kritisierte in einem Brief an Daimler, VW, BMW und den VDA, die beim Dieselgipfel zugesagte „Gewährleistung“ für die Software-Updates lasse offen, welche Ansprüche die Kunden hätten und um welche Bauteile des Autos es dabei gehe. Die Hersteller müssten umfassende und rechtsverbindliche Garantien zusagen, um verloren gegangenes Vertrauen zurückzugewinnen und die Kunden von der freiwilligen Nachrüstung zu überzeugen.

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