DIHK-Chef Driftmann im Interview "Offen legen, wie die Banken die staatlichen Gelder nutzen"

Bankenhilfen und Kreditvergabe müssen verknüpft werden – und öffentliche Auftraggeber ihre Zahlungsmoral verbessern, fordert DIHK-Chef Hans Heinrich Driftmann.

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Hans Heinrich Driftmann, Präsident der DIHK

WirtschaftsWoche: Herr Driftmann, haben Sie es als Kölln-Flocken-Chef in jüngster Zeit schwerer, bei Banken Kredit zu bekommen?

Driftmann: Wir haben noch Glück, weil wir derzeit stabile Umsätze haben. Trotzdem wird die Kreditaufnahme auch für mein Unternehmen zunehmend aufwendiger, etwa wenn eine neue Verpackungsanlage ansteht. Die Anträge und die Kreditbegründung werden immer detaillierter. Die Banken verlangen von uns statt einer Quartalsvorschau nun eine Drei-Jahres-Prognose.

Für drei Jahre? Ist so eine Prognose überhaupt seriöserweise machbar?

Natürlich nicht! Das zeigt aber, dass die Banken oft wenig vertraut sind mit branchenspezifischen Gegebenheiten. Manche Banker schauen zu sehr auf den dramatischen Konjunktureinbruch der vergangenen Monate und vergeben deshalb auch für die Zukunft sehr restriktiv Kredite. Das kann zur Verlängerung der Wirtschaftskrise führen.

Gleichzeitig gibt der Staat diesen Banken Hunderte Milliarden Euro an Bürgschaften und Eigenkapital und will Risiken mittels Bad Banks übernehmen. Passt das zusammen?

Ich verstehe, dass das viele wütend macht. Die Banken nutzen das Geld zunächst dazu, sich zu sanieren. Gefährlich wird es, wenn sie dabei vergessen, ihre Rolle für die Realwirtschaft wahrzunehmen und stattdessen nur so schnell wie möglich zu alten Renditezielen zurückkehren wollen.

Was sollte die Regierung tun?

Sie muss darauf dringen, dass die Banken ihr Kundenkreditgeschäft wieder intensivieren. Um die erforderlichen Informationen zu bekommen, müssen die Bundesbank, die BaFin und der Bankenrettungsfonds Soffin offenlegen, wie die Banken die staatlichen Gelder einsetzen. Nur dann lassen sich die Steuermittel zur Stabilisierung des Finanzmarktes rechtfertigen.

Wie läuft denn der Zahlungsverkehr zwischen den Unternehmen?

Da sieht es leider auch nicht gut aus. Viele Kunden dehnen ihre Zahlungsziele eigenmächtig aus – oder halten sie nicht ein. Und Zulieferer werden preislich teilweise in unverantwortbarer und unmoralischer Weise gedrückt. Deshalb appelliere ich vor allem an große Unternehmen, ihre Marktmacht nicht zu sehr auszureizen. Am schlimmsten ist jedoch die Zahlungsmoral der öffentlichen Hand. Da gibt es viel Ärger bei Unternehmen, die im Straßenbau oder der Sanierung von Schulen und anderen öffentlichen Einrichtungen aktiv sind und monatelang auf die Begleichung ihrer Rechnungen warten müssen.

Krisenzeiten sorgen offenbar für eine Verrohung der Sitten. Wie lange wird die Rezession nach Ihrer Ansicht noch andauern?

Im Schnitt der Branchen dürften wir die Talsohle erreicht haben. Der Aufstieg wird aber mühselig werden. Und wir werden in den nächsten Monaten noch viel stärker als bisher mit Schwierigkeiten bei der Kreditversorgung zu kämpfen haben, weshalb ich der Lösung dieses Problems oberste Priorität einräume. Zuversichtlich bin ich bei der Entwicklung der Arbeitslosigkeit. Die dürfte zwar zum Jahresende auf knapp vier Millionen Erwerbslose steigen, aber auch im nächsten Jahr nicht das Niveau von fünf Millionen erreichen – wie bei der letzten Rezession vor fünf Jahren. Das liegt auch am insgesamt besonnenen Krisenmanagement dieser Bundesregierung und besonders ihres neuen Bundeswirtschaftsministers Karl-Theodor zu Guttenberg.

Woher nehmen Sie Ihren vorsichtigen Optimismus, dass es bald wieder konjunkturell aufwärts geht? Der Maschinen- und Anlagenbau meldet gerade erst einen Auftragseinbruch um fast 50 Prozent.

Die Konjunktur in China zieht wieder an, Indien fängt sich, Brasilien läuft auch. Diese Länder müssen bald wieder Investitionsgüter in Deutschland bestellen.

Was sollte die Bundesregierung tun, um den Aufschwung auch von Deutschland aus zu beflügeln?

Auf keinen Fall nun die Steuern erhöhen. Denn das wäre jetzt und in absehbarer Zeit Gift für die Wirtschaft. Viele Unternehmen leiden ohnehin noch unter der Unternehmenssteuerreform von 2008, durch die ja sogar Kosten wie Mieten und Zinsen besteuert werden. Das drückt unsere Eigenkapitalausstattung, verschlechtert unser Rating und erschwert jede Finanzierung. Von der nächsten Bundesregierung erhoffe ich mir daher, dass die Fehler der Unternehmenssteuerreform ganz beseitigt werden und obendrein das Steuersystem endlich vereinfacht und übersichtlicher wird. Weder den konjunkturellen Aufschwung noch die Sanierung der öffentlichen Finanzen bekommen wir ohne die Wirtschaft hin. Das sollte eigentlich jede Partei wissen.

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