Doc Morris & Co. Von wegen Apotheker-Schreck

Bedrohen Versandhändler wie Doc Morris und Co. die deutschen Apotheken? Der Bundesverband der Betriebskrankenkassen nährt mit neuen Zahlen erhebliche Zweifel daran. Echte Konkurrenz sieht anders aus.

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Auch im Inland spielt der Versandhandel mit Medikamenten auch deutlich über zehn Jahre nach seiner Einführung eine eher untergeordnete Rolle. Quelle: AP

Berlin Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) fährt derzeit schwere Geschütze gegen Versandapotheken auf, die ihren Sitz im europäischen Ausland haben. Weil der Europäische Gerichtshof im vergangenen Herbst geurteilt hat, dass die Preisregeln für inländische Apotheken für Versandhändler wie Doc Morris in den Niederlanden nicht gelten und sie daher Rabatt geben dürfen, will der Minister den Versandhandel mit rezeptpflichtigen Medikamenten ganz verbieten. Er sieht durch das Urteil die flächendeckende Versorgung mit Arzneimitteln durch wohnortnahe Apotheken in Gefahr.

Zu Recht? Der Bundesverband der Betriebskrankenkassen nährt mit neuen Zahlen erhebliche Zweifel. Obwohl die Betriebskrankenkassen traditionell vor allem für ihre chronisch kranken Versicherten mit Versandapotheken gut zusammen arbeiten, machten 2016 bei den Arzneimittelausgaben der Betriebskrankenkassen der Handelt mit ausländischen Versandapotheken gerade einmal 1,73 Prozent aus. Für alle gesetzlichen Krankenkassen liegen bislang nur Zahlen von Januar bis September vor. Danach entfielen in dieser Zeit 0,95 Prozent des Umsatzes auf ausländische Versandapotheken. Ein gefährlicher Wettbewerber sieht anders aus.

Zumal die Zahlen des statistischen Bundesamts auch belegen, dass nach dem Urteil des europäischen Gerichtshofs im Oktober der befürchtete Run der Kunden auf die Versandhändler ausgeblieben ist: Im Gegenteil. Im Januar erreichte der Umsatzanteil der Versandhändler noch fast zwei Prozent. Im November einen Monat nach Urteilsverkündung waren es 1,8 Prozent und im Dezember nur noch 1,6 Prozent – und das, obwohl Doc Morris und Co. heftig die Werbetrommel rührten.

Auch im Inland spielt der Versandhandel mit Medikamenten auch nach mehr als zehn Jahren nach seiner Einführung eine eher untergeordnete Rolle: Zwar haben über 3.000 der 20.000 Apotheken eine Versandhandelserlaubnis. Doch nur 150 betreiben dieses Geschäft ernsthaft. Die Übrigen haben die Erlaubnis vor allem deshalb, weil sie Stammkunden Medikamente nach Haus bringen wollen, die körperlich zu schwach sind, um sie selbst abzuholen, ohne mit dem Gesetz in Konflikt zu geraten.

Trotzdem will Franz Knieps Chef des BKK-Bundesverbands, nicht auf den Versandhandel verzichten. Gerade chronisch Kranke, oft multimorbide und nicht mobil, seien auf den Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln angewiesen. „Dies lässt sich auch per Ministerdekret nicht zurückdrehen. Schon gar nicht in ländlichen Gebieten, relativ weit entfernt von der nächsten Apotheke.“

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