Dominanz von US-Internetriesen Politik streitet über Googles Macht

Justizminister Maas bringt schärfere Regeln gegen Google & Co. ins Spiel. In der Wirtschaft trifft er damit auf wenig Zustimmung. Und auch beim Koalitionspartner findet er keine Unterstützung für seinen Vorstoß.

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Manchem ist der Internetkonzern Google schon zu mächtig geworden (Bild: Google Campus in Silicon Valley, USA). Quelle: dpa

Berlin Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) stößt mit seinem Vorstoß für schärfere gesetzliche Regelungen gegen die Dominanz von US-Internetriesen wie Google weitgehend auf Ablehnung. Der Koalitionspartner sieht ebenso wenig einen Regelungsbedarf wie Vertreter der Digitalwirtschaft.

„Wir brauchen meines Erachtens keine Verschärfung des europäischen Kartellrechts“, sagte die Vorsitzende der CSU-Europagruppe im EU-Parlament, Angelika Niebler, dem Handelsblatt. Die anhängigen EU-Verfahren gegen Google zeigten doch, dass es Instrumente gebe, um gegen den Missbrauch von beherrschender Marktmacht vorzugehen. „Eine marktbeherrschende Stellung eines Unternehmens ist an sich noch nicht verwerflich, das ist Wettbewerb“, fügte die CSU-Politikerin hinzu. Einschreiten müssten die Kartellwächter nur, wenn es zu Missbrauch komme.

Ähnlich äußerte sich der wirtschaftspolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Joachim Pfeiffer (CDU). Gegenwärtig setze sich die EU-Kommission auf Grundlage des Kartellrechts mit der Marktposition von Google auseinander. „Warum dies jetzt auch noch 28 Nationalstaaten machen sollen, ist nicht nachvollziehbar“, sagte Pfeiffer dem Handelsblatt. Nur gemeinsam hätten die Europäer die Macht, ihre Interessen auf einem weltweiten Markt durchzusetzen. Es gelte daher, die europäische Ebene zu stärken. „Nationale Sonderwege untergraben lediglich die gesamteuropäischen Bemühungen“, warnte Pfeiffer. Mit Blick auf den Vorstoß von Maas fügte er hinzu: „Es scheint, dass hier ein David-gegen-Goliath-Kampf inszeniert werden soll, um von innerparteilichen Problemen in der SPD abzulenken.“

Maas hatte sich im Handelsblatt-Interview insbesondere an der Marktmacht Googles gestoßen. Es sei „absolut überfällig“, sich damit auseinanderzusetzen, betonte der SPD-Politiker. Die EU-Kommission untersucht derzeit bereits das Geschäftsgebaren von Google. Maas bezweifelt jedoch, dass der Konzern mit dem geltenden Regelwerk gebändigt werden kann.

Das sehen die Grünen genauso und fordern ein Recht auf Entflechtung und Zerschlagung. „Dann nämlich, wenn Plattformmonopolisten als Datenkraken so viel Marktmacht entwickelt haben, dass sie beispielsweise als Suchmaschinen nachweislich ihre dominante Marktmacht auf andere Kommunikations- oder Handelsplattformen ausdehnen“, sagte der Grünen-Wirtschaftsexperte Dieter Janecek dem Handelsblatt. „Die gigantische Datenmacht global agierender Internetkonzerne ist eine Bedrohung für fairen Wettbewerb bis hin zur Einschränkung der Souveränität von Staaten“, kritisierte er.

Bislang aber seien das deutsche und das europäische Kartellrecht gegenüber der Daten- und Informationsmacht globaler digitaler Plattformen wie Google oder Facebook ein „stumpfes Schwert“. „Wenn wir jetzt nicht entschlossen handeln, könnte es vielleicht bald zu spät sein“, betonte Janecek.

So müssten die Kartellrechtsbehörden neben den Umsätzen eines Unternehmens auch seine Informations- und Datenmacht bei der Missbrauchskontrolle bewerten. Für den Verbraucher „schädliche Mega-Fusionen“ wie von Facebook und WhatsApp müssten in der Zukunft unterbunden werden. „Nach der Fusion wurden die Geschäftsbedingungen zu Lasten der Verbraucher geändert, das darf künftig nicht ohne Folgen bleiben“, sagte der Grünen-Politiker. 


CSU fordert europäisches Kartellamt nach deutschem Vorbild

Die FDP warnte vor zweierlei Maß in der Debatte. Dass Monopole Machtmissbrauch begünstigten und die Verbraucher sowie andere wirtschaftliche Akteure benachteiligten, gelte nicht nur für amerikanische Internetunternehmen, sondern auch für den deutschen Lebensmittelhandel, sagte der rheinland-pfälzische Wirtschaftsminister Volker Wissing (FDP) dem Handelsblatt. „Es ist weder glaubwürdig noch marktwirtschaftlich stringent, wenn die Bundesregierung monopolartige Strukturen im Lebensmittelhandel per Ministererlaubnis regelrecht erzwingen will und zugleich vor der Marktmacht von Internetkonzernen warnt.“

Justizminister Maas solle sich daher mit seiner Kritik direkt an Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) wenden. Gabriel hatte die Übernahme der Supermärkte von Kaiser's Tengelmann durch Edeka per Ministererlaubnis genehmigt und damit ein Veto des Bundeskartellamts ausgehebelt. Die Erlaubnis liegt aber angesichts juristischer Auseinandersetzungen derzeit auf Eis.

In der Wirtschaft trifft Maas mit seinem Angriff auf Google & Co. ebenfalls auf wenig Zustimmung. Zwar sei es sinnvoll, das Wettbewerbsrecht an die geänderten Marktbedingungen und die Besonderheiten der digitalen Wirtschaft anzupassen, sagte der Hauptgeschäftsführer des IT-Verbands Bitkom, Bernhard Rohleder, dem Handelsblatt. Es dürften aber nicht einzelne Unternehmen in diesem „extrem dynamischen und schnelllebigen Umfeld“ reguliert werden. Die Regeln müssten für alle gleich sein.

Aus Sicht von Oliver Süme, Vorstand beim Internetverband eco, reichen die bestehenden Instrumente des Kartell- und Wettbewerbsrechts ohnehin grundsätzlich aus, um gegen Marktmachtmissbrauch vorzugehen. Inwieweit weitergehende gesetzgeberische Aktivitäten erforderlich sind, sei daher fraglich. „Die Kernfrage ist doch, ob es Marktkonzentrationen gibt und ob gegen die Marktstellung einzelner Unternehmen vorgegangen werden muss“, sagte Süme dem Handelsblatt. „Dazu sollte die Bundesregierung zunächst aber zumindest das Ergebnis der laufenden Untersuchung der EU-Kommission abwarten.“

CSU-Vizechefin Niebler sieht indes Handlungsbedarf auf einer anderen Ebene. Sie plädiert dafür, die EU-Zuständigkeit für Kernbereiche des europäischen Binnenmarkts wie das Wettbewerbsrecht einer neuen Institution zu übertragen. „Ich sehe Handlungsbedarf bei der Frage, ob die Europäische Wettbewerbsbehörde nicht besser aus der Europäischen Kommission ausgelagert werden sollte, vergleichbar dem deutschen Kartellamt, zumal sich die Kommission ja als politische Kommission versteht“, sagte die CSU-Politikerin.

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