Ehe für alle Unions-Abgeordnete dürfen ihrem Gewissen folgen

Die SPD will noch in dieser Woche die Ehe auch für homosexuelle Paare freigeben. Der Union gelingt es nicht, die Abstimmung ein weiteres Mal zu verhindern. Stattdessen lässt sie ihre Abgeordneten frei abstimmen.

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Volker Kauder wollte verhindern, dass die Ehe für alle auf die Tagesordnung des Bundestags-Plenums kommt. Quelle: dpa

Berlin Kanzlerin Angela Merkel hat für die von der SPD verlangte Bundestagsabstimmung über die Ehe für alle den Fraktionszwang in der Union aufgehoben. Die CDU-Chefin sagte am Dienstag nach Teilnehmerangaben in der Sitzung der Unionsfraktion, es gehe bei der Abstimmung um eine Gewissensentscheidung. Deswegen könnten die Abgeordneten frei abstimmen.

Unionsfraktionschef Volker Kauder hat die SPD kurz zuvor scharf dafür kritisiert, das Thema auf die Tagesordnung setzen zu wollen: „Das ist ein Vertrauensbruch, und wir werden der Aufsetzung auch nicht zustimmen“, sagte er vor der Sitzung. „Die SPD muss dann eben mit der rot-grünen Opposition zusammen diesen Tagesordnungspunkt auf die Tagesordnung setzen und muss dann gegen uns diese Abstimmung durchführen“, fügte er hinzu. Die SPD hatte dies am Vormittag angekündigt. Die Union sei von der Entscheidung überrascht worden, sagte Kauder.

In der Sitzung rief er die Abgeordneten dann dazu auf, in möglichst großer Zahl an der Abstimmung teilzunehmen. Jene, die eine völlige Gleichstellung der sogenannten Homo-Ehe mit der Ehe von Frau und Mann ablehnten, sollten respektvoll mit der Meinung der anderen umgehen. Aus Unionsfraktionskreisen hieß es, es werde damit gerechnet, dass am Freitag abgestimmt werde.

Kauder warf der SPD nicht nur Nervosität, sondern indirekt Regierungsunfähigkeit vor. „Ein solches Thema, das hoch sensibel ist, einfach Knall auf Fall in den deutschen Bundestag zu bringen, zeigt, dass diese Partei ihrer Verantwortung in schwerer Zeit nicht gerecht werden kann“, kritisierte er.

Die SPD strebt noch in dieser Woche eine Parlamentsabstimmung über einen bereits vom Bundesrat beschlossenen Gesetzentwurf an. „Technisch geht das“, sagte der SPD-Abgeordnete Johannes Kahrs dem Handelsblatt. „Der Rechtsausschuss kann das Gesetz in den Bundestag durchwinken – entweder mit den Stimmen der Koalition oder mit den Stimmen von SPD, Linken und Grünen.“

Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte das Thema am Montag zu einer Gewissensentscheidung erklärt, offensichtlich aber nicht vorgehabt, das Thema noch vor der Bundestagswahl zur Abstimmung zu bringen. Mit der Gleichstellung Wahlkampf zu machen, zeige, "dass die Herausforderungen unseres Landes bei ihr nicht gut aufgehoben sind".

Merkel mahnte zudem, dass die Diskussion über dieses Thema im Wahlkampf mit großem Respekt geführt werde – auch für diejenigen, die eine andere Meinung hätten. „Dass wir jetzt vier Jahre mit der SPD nie über dieses Thema gesprochen haben und jetzt im Wahlkampf soll es holterdiepolter gehen, das finde ich seltsam“, fügte die CDU-Chefin mit Blick auf ihren Koalitionspartner hinzu.

Dem widersprach Kahrs: „Sie hat bewusst die Unwahrheit gesagt“, sagte er. Er selbst habe kurz vor Weihnachten mit Merkel über das Thema gesprochen. Seinerzeit habe sie aber keine Chance gesehen, noch in dieser Legislaturperiode zu einer Entscheidung über die „Ehe für alle“ zu kommen. Nachdem nun aber Merkel von dem klaren Nein ihrer CDU zur gleichgeschlechtlichen Ehe abgerückt sei, gebe es eine neue Lage.

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