Und so verhallten die Linnemanns Rufe nach Steuersenkungen in den vergangenen Jahren weitgehend ungehört. Abgesehen von einem kleinen Erfolg: Mit viel Druck und einem Bündnis mit der Jungen Union und dem Arbeitnehmerflügel schaffte es Linnemann, zumindest einen Mini-Beitrag zum Abbau der kalten Progression zu erzielen.
So nennt man den Effekt, dass eine Lohnerhöhung durch die steigende Steuer gleich wieder aufgefressen wird, selbst wenn sie nur die Inflation ausgleicht. Real hat der Arbeitnehmer dadurch am Ende sogar weniger. Immerhin eine Milliarde rückte Schäuble schließlich raus, um den Effekt etwas abzumildern.
Nun will Linnemann mehr. Und wieder versucht er offenbar, Verbündete zu sammeln. Seine erste Stufe sieht die Anhebung des Arbeitnehmerpauschbetrags vor. Das dürfte dem Arbeitnehmerflügel gefallen. Die dritte Stufe zielt auf eine Entlastung der Familien. Dafür können sich auch Sozialpolitiker erwärmen. Und die zweite Stufe ist fast schon Konsens in der Union: Die unteren und mittleren Einkommen müssen entlastet werden. Der Steuertarif ist mittlerweile viel zu steil, der Spitzensteuersatz greift zu früh.
Die Vorschläge von Linnemann sind also durchaus anschlussfähig in der Union. Die entscheidende Frage ist, ob sie es auch zusammen und in Kombination sind. 30 Milliarden Euro Entlastungen sind ein Volumen mit dem sich ein Finanzminister schwer tut, selbst wenn er die Spielräume eigentlich hätte. Lauten Widerstand wird es nun vermutlich nicht geben. Der Ruf nach Steuersenkungen ist populär, das weiß auch Schäuble mit seiner Wahlkampferfahrung. Aber bis zur Umsetzung ist es ein weiter Weg.
Zunächst müsste Linnemann seine Pläne im Wahlprogramm verankern, dann müssen sie es nach der Wahl in den Koalitionsvertrag und schließlich irgendwann in Gesetzesform. Das sind viele Stationen, auf denen eine Steuerreform verwässert und verkleinert werden kann. Auch deshalb mag Linnemann nun mit 30 Milliarden Euro eine hohe Forderung in den Raum gestellt haben. Wie viel davon dann übrig bleiben wird, ist eine andere Frage.