Gleichwohl ist die Elektrizitätsversorgung des Industriestaates Deutschland heute noch relativ sicher. An 8.760 Stunden im Jahr kommt ausreichend Strom aus der Steckdose. Dies wird insbesondere durch ausreichende Grundlastkapazität gewährleistet, die je nach Nachfrage zwischen 50 und 60 Prozent der Gesamtlast beträgt. Diese gesicherte Leistung wird insbesondere durch Kernkraft-, Braunkohle- und Laufwasserkraftwerke erzeugt. Aufgrund dieser Grundlastkapazität sowie der vorhandenen Mittel- und Spitzenlastkraftwerke ist die bisher benötigte Speicherkapazität für Strom sehr gering, sie beträgt etwa 60 bis 70 Millionen Kilowattstunden (kWh) pro Tag. Deutschland hat aber einen Stromverbrauch von 1,6 bis 2 Milliarden kWh pro Tag. Mit der vorhandenen Speicherkapazität könnte Deutschland also nicht einmal eine Stunde mit Strom versorgt werden!
Chronik der Energiewende
Der von einem Erdbeben ausgelöste Tsunami überschwemmt und zerstört in Fukushima-Daini 250 Kilometer nordöstlich von Tokio Teile des Kernkraftwerks.
Die Bundesregierung ordnet an, sieben ältere Kernkraftwerke sofort vom Netz zu nehmen, die übrigen zehn Reaktoren kommen auf den Prüfstand.
Union und FDP einigen sich auf einen kompletten Ausstieg aus der Atomenergie bis 2022, die sieben älteren Meiler müssen endgültig stillgelegt werden.
Das Kabinett segnet das Atom- und Energiepaket ab und präsentiert die energie- und klimapolitischen Ziele bis 2050.
Die EU-Kommission reklamiert für sich Kompetenzen bei der Energiewende. Der Strommarkt müsse europäischer werden.
Angela Merkel fordert eine Reform des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes (EEG): „Wenn die EEG-Umlage so weiter steigt, dann haben wir mit der Energiewende ein Problem.“
Steigt der Anteil an erneuerbarem Strom, sinkt die notwendige Leistung und Auslastung konventioneller Kraftwerke, also auch der Grundlastkraftwerke. Als Folge werden bereits heute konventionelle Kraftwerke aus wirtschaftlichen Gründen stillgelegt; notwendige Neubaupläne werden zurückgestellt oder storniert. Strom aus erneuerbaren Energien ist aber nur begrenzt grundlastfähig, dies gilt zum Beispiel für Biomasse und Geothermie. Fotovoltaik ist natürlicherweise nicht grundlastfähig, und Windstrom wird mit zehn Prozent Grundlastfähigkeit gerechnet. Steigt der Anteil der erneuerbaren Stromerzeugung auf bis zu 80 Prozent, stellt sich unabhängig von der Wirtschaftlichkeit die Frage der Netzstabilität. Um ausreichend konventionelle Kraftwerkskapazität in Reserve zu halten, sollen nun Kapazitätsmärkte geschaffen werden und/oder es wird entsprechende Speicherkapazität aufgebaut. Diese müsste aber das 100-Fache der bisherigen betragen; diese Dimension ist offensichtlich der breiten Öffentlichkeit nicht klar. Neue Vorhaben, die kapazitätsmäßig nur den „Tropfen auf den heißen Stein“ darstellen würden, scheitern bereits am Widerstand der Bevölkerung. Jüngstes Beispiel dafür ist die Aufgabe der Pumpspeicherprojekte im Schwarzwald und in der Eifel. Andere Alternativen, wie Wasserstoffspeicherung und Batterietechnologie, haben bisher nicht den Stand, um die Dimension der notwendigen Speicherkapazitäten von bis zu zehn Milliarden kWh (fünf Tage Windflaute) bereitzustellen.
Die Energiewende wird immer teurer
Die gesamte Kraftwerksleistung betrug 2010 gut 170.000 Megawatt (MW). Davon stammten etwa 100.400 MW aus konventionellen Kraftwerken, gesichert waren rund 90.000 MW, die Kernkraft steuerte rund 21.500 MW bei. Geht man für die nächsten Jahre von einer Höchstlast von 77 000 MW aus, wird wegen Ausfällen und Revision von einer benötigten gesicherten Leistung von mindestens 85.000 MW (Durchschnittswert von Dena, Prognos und BDEW) ausgegangen. Die Daten zeigen, dass die Leistung bereits das Zweifache beträgt, die gesicherte Leistung gerade mal gut über dem Faktor 1 liegt.