Es war Kritik der härteren Sorte, zu welcher der Bundesrechnungshof vor zwei Wochen in Sachen Energiewende ausholte. Im Fokus der Schelte stand SPD-Chef und Vizekanzler Sigmar Gabriel und das von ihm geführte Wirtschaftsministerium: „Das BMWI hat keinen Überblick über die finanziellen Auswirkungen der Energiewende“, hieß es in dem Prüfbericht. Entsprechend bissig fielen die Schlagzeilen aus: „Gabriel hat die Energiewende nicht im Griff“
Am Dienstag holte der Gescholtene zum Gegenschlag aus. Mit Selbstironie und nicht nur gespielter Lässigkeit parierte er auf der "Handelsblatt"-Jahrestagung Energiewirtschaft 2017 die Spitzen der Prüfer. Doch neben nonchalanten Sprüchen („Da haben wir ein bisschen Ärger gehabt“) signalisierte Gabriel auch, dass er die Botschaft verstanden hat. Mit einem klaren Bekenntnis zum Rückzug staatlicher Fördermodelle und mehr Marktwirtschaft will Gabriel die Kosten der Energiewende begrenzen. Zugleich machte Gabriel deutlich, welche Fragen der Energiewende in diesem Wahljahr ungelöst bleiben. Denn wann Deutschland aus der Braunkohle aussteigt, darüber schweigt sich Gabriel lieber aus.
Die Worte des Vizekanzlers waren deutlich: „Alles, was in Richtung Markt geht, finde ich gut.“ Die üppigen Fördertöpfe, an denen etwa Windkraft- und Photovoltaikbetreiber bisher üppig gemästet wurden, soll es so schnell nicht mehr geben. Deutlich machte Gabriel das am Beispiel der Technologien für Energiespeicherung: „Das muss man dem Markt überlassen. Wir sollten nicht etwas fördern, dass sich dann eventuell nicht durchsetzt.“ Der Rückzug des Staates soll zum Vorstoß der Energiewende werden. So weit, so klar.
Doch Gabriels Plan für ein Deutschland ohne Kernkraft hat auch weiße Flecken, die eigentlich tiefschwarz sind. Denn die Braunkohlekraftwerke sind und bleiben jene Kohlendioxid-Schleudern, die Deutschlands CO2-Bilanz verhageln – und zugleich Versorgungssicherheit garantieren. Einen Fahrplan zum Ausstieg aus der Braunkohle zu nennen, gar garniert mit einer Jahreszahl, empfindet Gabriel offenbar als Zumutung: „Ich halte nichts davon, eine Jahreszahl zu nennen“, ließ er seine Zuhörer wissen. „Anstatt den Leuten in der Lausitz Gutachten vorzulegen“, fordert Gabriel, dass „real etwas passieren muss.“
Wie Gabriel das Problem der gefährdeten Arbeitsplätze in den Braunkohlekraftwerken „real“ lösen will und vor allem, wann die Regierung das anpacken will, darüber breitet der mögliche Kanzlerkandidat vorsichtshalber schon mal den Mantel des Schweigens. Das mag die Kumpel und möglichen Wähler möglicherweise beruhigen. Helfen wird es ihnen nicht.