Erbschaftsteuer Bund und Länder zanken über Privilegien für Firmenerben

Bayern und Baden-Württemberg pochen zum Auftakt der Gespräche über die Erbschaftsteuer auf weitreichende Ausnahmen für Familienunternehmen. Finanzminister Schäuble weist das „öffentliche Getöse“ zurück.

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Bund und Länder streiten um die Reform des Gesetzes. Quelle: dpa

Berlin Bayern und Baden-Württemberg pochen zum Auftakt der Bund-Länder-Gespräche über die Erbschaftsteuer auf weitreichende Ausnahmen für Familienunternehmen. Die Landesfinanzminister Markus Söder (CSU) und Nils Schmid (SPD) forderten am Donnerstag erhebliche Korrekturen am Reformkonzept von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble. „Der jetzige Entwurf ist eine mittelstandsfeindliche Überreaktion“, kritisierte Söder. Harsche Kritik kam auch aus dem Wirtschaftsflügel der Union. Schäuble wies das „öffentliche Getöse“ zurück.

Das Bundesverfassungsgericht hatte die bisherigen Vorteile für Betriebserben im Dezember gekippt und eine Frist bis Mitte 2016 für eine Neuregelung gesetzt. Bisher gehen Betriebserben steuerfrei aus, wenn sie die Arbeitsplätze sieben Jahre lang erhalten. Das ist aus Sicht des Gerichts zwar prinzipiell in Ordnung, aber nicht pauschal. Schäuble will deshalb bei Erben großer Betriebsvermögen in einer individuellen Bedürfnisprüfung klären lassen, ob sie die Steuerschuld aus ihrem Privatvermögen bezahlen können. Die Prüfung soll ab 20 Millionen Euro greifen.

In einer ersten Gesprächsrunde wollten die Finanzminister von Bund und Ländern am Donnerstag bei Schäuble sondieren, ob es einen gemeinsamen Nenner gibt. Das Steueraufkommen von fünf Milliarden Euro fließt alleine den Ländern zu, allerdings hat der Bund die Gesetzgebungskompetenz. Schäuble will vor allem verhindern, dass die Steuerreform gleich wieder gekippt wird.

„Es geht um Millionen Arbeitsplätze in Deutschland“, sagte Söder vor Beginn der Ministerrunde. Schäubles Pläne führten möglicherweise dazu, dass Betriebe abwanderten. Sie würden zu einer „wuchtigen Benachteiligung“ von Familienunternehmen führen und wären die härteste Erbschaftsteuerreform in der Geschichte, sagte er der "Welt". Die CSU trage sie nicht mit. Söder will, dass die Bundesländer die Steuersätze regional anpassen können.

Sein Stuttgarter Kollege Schmid kritisierte, Schäuble blende die wirtschaftliche Situation völlig aus. „Schäuble hat völlig unterschätzt, dass seine Vorschläge Familienunternehmen ins Mark treffen würden“, sagte der SPD-Politiker. In anderen von SPD und Grünen geführten Ländern wie Nordrhein-Westfalen waren die Pläne des Bundesfinanzministers dagegen auf ersten Zuspruch gestoßen.

Schäuble sagte, die Finanzminister träfen sich nicht zum Dampfplaudern, sondern um zu klären, wie das Urteil umgesetzt und das Grundgesetz geachtet werden könne. „Je lauter das Getöse, desto geringer ist der sachliche Gehalt“, kritisierte Schäuble. Aus Sicht des Bundesfinanzministeriums liegen 98 Prozent der Betriebserbschaften oder -schenkungen unter der 20-Millionen-Euro-Grenze. Würde man diese erhöhen, laufe man Gefahr wieder in Karlsruhe zu scheitern. Bei der Bedürfnisprüfung will er maximal die Hälfte des verfügbaren Vermögens eines Erben heranziehen.

Der CDU-Wirtschaftsrat warf Schäuble vor, mit seinem Modell den Mittelstand zerschlagen zu wollen, berichtete die „Welt“. Aus Schäubles Sicht sind die bisherigen Gegenvorschläge aus der Wirtschaft allerdings allesamt nicht verfassungsfest.

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