Erbschaftsteuer Wolfgang Schäuble: "Keine Vermögenssteuer durch die Hintertür"

Der Bundesfinanzminister hat sich gegen den Vorwurf verteidigt, seine Pläne zur Änderung der Erbschaftsteuer seien schädlich für Mittelstand oder Familienunternehmen. Man wolle nur geltendes Recht anpassen.

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Finanzminister Wolfgang Schäuble verteidigt seiner Reform der Erbschaftsteuer. Quelle: REUTERS

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat sich gegen den Vorwurf verteidigt, seine Pläne zur Änderung der Erbschaftsteuer seien schädlich für Mittelstand oder Familienunternehmen. "Die Debatte über die Erbschaftsteuer war bisher über weite Strecken geprägt durch erstaunliche Unkenntnis dessen, was eigentlich zur Diskussion steht", sagte Schäuble der WirtschaftsWoche. "Wir nehmen uns doch nicht vor, ein neues Erbschaftsteuerrecht zu schaffen. Wir wollen das geltende Recht nur so weit anpassen, wie es das Bundesverfassungsgericht vorgegeben hat."

Diese Änderungen seien notwendig geworden, weil das Verfassungsgericht eine umfassende Verschonung des betrieblichen Vermögens als verfassungswidrig eingestuft habe, so Schäuble: "Nach der alten Regelung sollten Betriebe bis zu 20 Arbeitnehmern grundsätzlich befreit werden, das betrifft mehr als 90 Prozent aller Unternehmen. Es ist leicht nachvollziehbar, dass Karlsruhe protestiert, wenn eine Regelung in so vielen Fällen gar nicht zur Anwendung kommt."

Schäuble stellte klar: "Wir führen keine Vermögenssteuer ein. Auch nicht durch die Hintertür. In unserem Entwurf bieten wir eine Wahlmöglichkeit an: Bei der Übertragung von großen betrieblichen Vermögen steht es dem Erwerber frei, sein Privatvermögen offenzulegen. Im Gegenzug muss er aber auch eine geringere Verschonung von der Steuer für betriebliches Vermögen akzeptieren. Allen, die jetzt klagen, rate ich: Jeder potentiell Betroffene ist zunächst gut beraten, unseren Entwurf in aller Ruhe zu lesen und für sich selbst einmal durchzurechnen."

Künftig sollen nach Schäubles Vorschlag Unternehmen mit bis zu drei Mitarbeitern automatisch von der Steuer freigestellt werden. "Unser Spielraum war durch das Bundesverfassungsgericht stark begrenzt. Denn die Verfassungsrichter wollten ja sicherstellen, dass nicht wieder die Ausnahme zur Regel wird. Um unseren Vorschlag verfassungssicher zu machen, gehen wir auf eine Grenze von drei Mitarbeitern herunter." In Betrieben mit vier bis zehn Arbeitnehmern müssten Erben künftig sieben Jahre lang eine etwas geringere Lohnsumme weiterführen, um eine komplette steuerliche Freistellung zu erhalten.

Schäuble präzisierte auch Pläne, bei Unternehmensübertragungen ab 20 Millionen Euro eine "Bedürfnisprüfung" durchzuführen, ob die Steuer aus dem Privatvermögen der Erben bestritten werden könne: "Hier liegt ein Irrtum vor. Es geht bei dem Wert von 20 Millionen Euro nicht um den Unternehmenswert insgesamt, sondern um das jeweils erworbene Vermögen des einzelnen Erben. Im Jahr 2013 lagen rund 98 Prozent der Erwerbe unter dieser Grenze. Bei einem Wert von oberhalb 20 Millionen Euro reden wir doch nicht über Kleingeld."

Der Finanzminister betonte, sein Vorschlag komme Kritikern aus Wirtschaftsverbänden und Politik entgegen: "Wir sind doch zu einer Menge Kompromissen bereit: das gerade beschriebene Wahlrecht etwa. Und bei Unternehmensanteilen, die durch Gesellschaftsvertrag in der Veräußerbarkeit beschränkt sind, verdoppeln wir sogar die Höhe der Grenze von 20 Millionen Euro auf 40 Millionen Euro."

Schäubles Kinder dürfen auf kein großes Erbe hoffen

Schäuble machte zugleich seinen Nachkommen wenig Hoffnung auf ein großes Erbe: "In jedem Fall würde ihr Erbe unter den Freibeträgen bleiben, Erbschaftssteuer fiele also nicht an", sagte Schäuble unserer Redaktion. "Ich habe früher schon mal gescherzt, ich würde gerne Erbschaftssteuer zahlen, aber ich hatte nie die Chance. Den Satz verkneife ich mir heute, weil manche Leute dann leicht glauben, ich nähme ihre Bedenken nicht ernst", so Schäuble weiter.

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