Erfindungen Das Ende der DDR-Patente

Von Produkten mit Weltmarktniveau bis zu Kuriositäten einer Mangelwirtschaft wurde in der DDR vieles erfunden. Nun läuft die Schutzfrist für die letzten DDR-Patente aus.

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Die Reste der DDR verschwinden Quelle: AP

20 Jahre nach der Wiedervereinigung verschwinden die Überreste der DDR mit jedem Tag ein bisschen mehr. Am Sonntag sind die Erfindungen an der Reihe: Die Schutzfrist für die letzten DDR-Patente läuft aus.

Noch am 2. Oktober 1990 wurde eine ganze Reihe von Patenten angemeldet, das letzte unter der Nummer DD 298 536. Die Erfindung trägt die sperrige Bezeichnung „Vorrichtung zur Vi-Veränderung für Schraubenverdichter mit kombinierter Vi- und Teillastverstellung“. Es ist ein Teil, das in riesige Kühlmaschinen eingesetzt wird und sein Erfinder, Dieter Mosemann, ist so etwas wie der ostdeutsche Bill Gates der Kältemaschinentechnik.

Seine Erfindungen stecken in den Kühlanlagen des Stuttgarter Flughafens, den Lagerhallen großer Discounter und sorgen dafür, dass Wintersportfans im arabischen Emirat Dubai in der größten Skihalle der Welt die Piste herunterwedeln können.

Relikte der Substitutionswirtschaft

In der DDR baute Mosemanns Arbeitgeber, der VEB Kühlautomat Berlin, vor allem Kühlanlagen für  Fischereischiffe. Mehr als 5000 Kähne fertigten die DDR-Werften, es war eine der größten Fischereiflotten der Welt.   

157 Patente hat Mosemann angemeldet, davon 71 vor der Wende. Danach wurde der VEB Kühlautomat von der Bochumer Gea Gruppe übernommen. Mosemann tüftelte weiter – auch in diesem Jahr veröffentlichte das Patentamt wieder  Erfindungen von ihm.

Die wirklich wichtigen Erfindungen wurden mitsamt ihrer Inhaber nach der Wende übernommen. Doch viele Erfinder und Patente schafften den Sprung in die Marktwirtschaft jedoch nicht. Nach der Wiedervereinigung wurden etwa 137.000 Patente der DDR vom Deutschen Patentamt übernommen.

Die Mangelwirtschaft hatte darunter auch zahlreiche Kuriositäten hervor gebracht. Von einer Methode zum Nachfüllen von Kugelschreiberminen bis zum „Verfahren zur Herstellung von Dickzuckerfrüchten mit südfruchtähnlichem Charakter aus einheimischen Gemüserohstoffen“. In der Beschreibung des Zitronatersatzes aus Möhren, roter Beete oder Sellerie heißt es in schönstem DDR-Deutsch: „Der Bezug von kandierten Importfrüchten setzt Außenhandelsbeziehungen mit dem nichtsozialistischen Wirtschaftsgebiet voraus. Die relativ teure Rohware bindet Devisen.“ Das Pseudo-Orangeat sollte wertvolles Westgeld sparen helfen.

Doch die Relikte der Substitutionswirtschaft verloren nach dem Mauerfall ihren Wert. Zahlreiche Unternehmen gerieten in die Insolvenz. Die Erfinder konnten und wollten die Patentgebühren von bis zu 4000 D-Mark nicht zahlen. Mitte der Neunziger Jahre wurden daher monatlich zwischen 1000 und 3000 Patenten gelöscht.

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