EU-Kommission droht mit Verfahren Berliner Flughafen: Jetzt auch noch Ärger mit den Flugrouten

Kaum ein Tag vergeht ohne neue Hiobsbotschaften vom Berliner Hauptstadtflughafen. Nun droht dem Chaos-Projekt auch noch Ärger aus Brüssel: Die EU-Kommission bemängelt, dass die geplanten Flugrouten gegen Richtlinien verstoßen – und droht mit einem Vertragsverletzungsverfahren.

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Eine Karte zeigt die Flugrouten für den Flughafen Berlin Brandenburg. Quelle: dpa

Die EU-Kommission droht wegen der Flugrouten für den neuen Berliner Großflughafen BER einem Bericht zufolge mit einem Vertragsverletzungsverfahren. Bei der Festlegung der Routen solle gegen EU-Richtlinien verstoßen worden sein, berichtete das ARD-Magazin "Kontraste" am Donnerstag unter Berufung auf ein entsprechendes Schreiben aus Brüssel. Die Flugrouten wichen von den in der Planfeststellung angegebenen Routen erheblich ab. Wegen des großen öffentlichen Interesses bitte die Kommission die deutschen Behörden um eine "prioritäre Behandlung" der Angelegenheit.

Die EU-Kommission bemängelt dem Bericht zufolge vor allem, dass die Umweltverträglichkeit der Routen nicht geprüft wurde. Sie würden durch Natur- und Vogelschutzgebiete verlaufen. Genannt würden vor allem Gebiete rund um den Müggelsee in Berlin-Köpenick. Das erhöhe das Risiko durch Vogelschlag und gefährde Vögel wie Fischadler, Kranich oder Weißstorch, berichtete das Magazin weiter.

Regierungschef Klaus Wowereit (SPD) betonte am Donnerstagabend in der RBB-Abendschau, die Kritik aus Brüssel richte sich gegen Bundesbehörden, nicht gegen die Flughafengesellschaft. Das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung hatte die Flugrouten festgelegt.

Das Bundesverkehrsministerium sieht dem möglichen Verfahren der EU-Kommission gelassen entgegen. Aus den entsprechenden EU-Richtlinien ergebe sich keine Pflicht zu einer Umweltverträglichkeitsprüfung im Verfahren zur Festlegung von Flugrouten, teilte das Ministerium am Freitag in Berlin mit. Grund: Es handele sich bei diesen „Flugverfahren“ nicht um Projekte im Sinne der Richtlinien.

Hingegen sieht Gregor Gysi, Linksfraktionschef im Bundestag, gute Chancen für ein EU-Verfahren. Er habe von Anfang an auf die Probleme bei den geplanten Flügen über den Müggelsee hingewiesen, sagte Gysi am Freitag im RBB-Inforadio. "Alle waren dagegen, dass der Wannsee irgendwie beschädigt wird, aber beim Müggelsee wurde keine Rücksicht genommen. Ich habe immer gesagt, beide Seen sind gleichwertig, beide müssen geschützt werden", sagte der Politiker, der in dem vom Fluglärm stark betroffenen Bezirk Treptow-Köpenick seinen Wahlkreis hat. Über die BER-Flugrouten wird in Berlin und Brandenburg wegen der erwarteten Lärmbelästigung schon länger gestritten. Bürger hatten wiederholt gegen die geplanten Flugrouten protestiert. Falls die EU-Kommission dieses Verfahren einleite, "wäre die Politik klug beraten, gar nicht erst abzuwarten, sondern sich rechtzeitig auf eine Route festzulegen, die mit dem EU-Recht im Einklang steht", sagte Gysi.

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