Ex-AfD-Chef Konrad Adam AfD-Mitgründer warnt vor Untergang seiner Partei

Die AfD versucht, nach außen den Eindruck von Geschlossenheit zu vermitteln. Intern ist die Führung tief zerstritten. Partei-Mitgründer Adam fürchtet das Schlimmste, sollten die Vorsitzenden nicht mehr zusammenfinden.

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„Der öffentliche Machtkampf hat ein existenzbedrohendes Ausmaß angenommen.“ Quelle: Reuters

Berlin Der Mitgründer der Alternative für Deutschland (AfD), Konrad Adam, blickt mit großer Sorge auf den ungelösten Führungsstreit in seiner Partei. „Der öffentliche Machtkampf hat ein existenzbedrohendes Ausmaß angenommen. Eine zweite Spaltung würde die #AfD schwerlich überstehen“, schrieb Adam am Donnerstagabend auf Twitter.

Hintergrund ist der Sonderkonvent der AfD am 14. August in Kassel. Dort soll möglicherweise über die Einberufung eines außerordentlichen Parteitages entschieden werden, bei dem dann eine neue Bundesspitze gewählt werden könnte.

Anlass ist der seit Monaten hinter den Kulissen ausgetragene Machtkampf zwischen den beiden Vorsitzenden Jörg Meuthen und Frauke Petry, der Anfang Juli offen ausgebrochen war. Meuthen erzwang die Spaltung der AfD-Fraktion im Landtag von Baden-Württemberg im Streit über den Abgeordneten Wolfgang Gedeon, dem er Antisemitismus vorwirft. Petry warf Fraktionschef Meuthen daraufhin handwerkliche Fehler vor und mischte sich gegen seinen Willen in die Versuche ein, den Streit zwischen beiden Gruppen beizulegen.

Der Chef der Bayern-AfD, Petr Bystron, forderte ein Ende des Führungsstreits. „Ein öffentlich ausgetragener Streit der Führungsspitze schadet jeder Partei. Die AfD-Führung tut gut daran, diesen Streit zu beenden“, sagte Bystron dem Handelsblatt.

Die Einberufung eines Sonderparteitages durch den Parteikonvent, bei dem die Führung neu gewählt werden könnte, hält Bystron zum gegenwärtigen Zeitpunkt für nicht zwingend. Der „eventuelle Austausch einzelner Mitglieder des Bundesvorstandes“ würde zwar keine Spaltung der Partei bedeuten. „Der Konvent sollte trotzdem mit dem Parteitag nichts überstürzen“, sagte Bystron. „Man zückt nicht beim ersten Foul gleich die rote Karte. Ich denke, der Bundesvorstand hat die Verwarnung der Basis bereits verstanden.“


Meuthen will Spaltung mit dritter Fraktion überwinden

Der AfD-Vorsitzende Meuthen hält einen Sonderparteitag zur Klärung der Führungsfrage für eine „Schnapsidee“, wie er am Mittwoch der Nachrichtenagentur Reuters sagte.  Er sei sich sicher, dass das Zerwürfnis der AfD-Mitglieder im Stuttgarter Landtag bis zum Konvent Mitte August vom Tisch sei. Damit erübrige sich ein Sonderparteitag. Auch AfD-Vizechef Alexander Gauland zeigte sich skeptisch, was einen Sonderparteitag angeht. „Ich glaube nicht, dass das nützlich ist und viel bringt.“ Gauland zählt im Bundesvorstand zu den Kritikern Petrys.

Derzeit ist allerdings fraglich, ob der Zwist in der Südwest-AfD schon bald beigelegt werden kann, nachdem die vom Bundesvorstand angeordnete Wiedervereinigung der gespaltenen Stuttgarter Landtagsfraktion vorerst gescheitert ist. Die „Rest-AfD“ im Stuttgarter Landtag hatte am vergangenen Wochenende ein Schlichtungsgespräch mit Bundesvorstandsmitglied Alice Weidel als Vermittlerin abgesagt.

Parteivize Gauland sagte: „Es ist sehr schade, dass die Vermittlung von der Rumpf-Fraktion nicht gewollt wurde.“ Er hätte sich „einen Erfolg im Sinne der Einigkeit in Stuttgart gewünscht“.

Die „Rest-AfD“ teilte am Abend hingegen mit, eine schnelle Einigung sei an der Gruppe um den Ex-Fraktionsvorsitzenden Meuthen gescheitert. Ein Treffen am Dienstag, um entsprechende Gespräche zu führen, sei von Meuthens Truppe nicht wahrgenommen, „sondern nach einigem Zögern auf die kommenden Wochen verschoben“ worden.

Meuthen widersprach der Darstellung der alten AfD-Fraktion, nach der er für das Scheitern der bisherigen Konsensgespräche verantwortlich sei. „Die Mediation durch Frau Weidel ist nicht gescheitert, sondern die alte AfD-Fraktion hat sich ihr vorab verweigert. Mein Ziel ist es, die Gruppen wieder zu einen, aber es muss eine Fraktion sein, die frei ist von Antisemitismus“, zitiert die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“  Meuthen.

Laut Informationen der FAZ wird jetzt in der Meuthen-Gruppe überlegt, eine dritte Fraktion zu gründen, um eine dauerhafte Spaltung abzuwenden. In diese könnten demnach die 14 derzeit fraktionslosen Landtagsabgeordneten wechseln, die sich vor drei Wochen in der noch nicht anerkannten Fraktion „Alternative für Baden-Württemberg“ zusammengefunden hatten, weil sie sich von dem antisemitischen Abgeordneten Gedeon distanzieren wollten.


„Wer das nicht sieht, braucht keinen Mediator, sondern einen Psychiater“

In diese Gruppe könnten auch Mitglieder der alten AfD-Fraktion wechseln. Entscheiden sich drei Landtagsabgeordnete einer neuen Fraktion beizutreten, würde die alte AfD-Fraktion den Fraktionsstatus verlieren, den Namen AfD-Fraktion könnte die dritte Gruppe führen.

Die alte AfD-Fraktion lehnt allerdings eine dritte Fraktionsgründung genauso ab wie die Mediation des AfD-Bundesvorstandes. „Wir haben einen Rechtsrahmen, das ist die jetzige Fraktion. Wir brauchen keine dritte Gruppe. Wer das nicht sieht, braucht keinen Mediator, sondern einen Psychiater“, zitierte die FAZ den stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Erwin Sänze. Die Pläne von Meuthens Gruppe bezeichnete Sänze als „lächerlich“, das erinnere ihn an einen „Kindergarten“. „

Ein Petry nahestehender AfD-Politiker erklärte indes, in den Landesverbänden werde auf die Einigkeit der Partei gepocht: „Die Partei erwartet mehr Integration.“ Bei einer möglichen Kampfabstimmung zwischen Petry und Meuthen sei letzterer chancenlos. Die Einberufung des Konvents hatten nach Angaben aus Parteikreisen Landespolitiker der AfD durchgesetzt. Dem Gremium gehören fünf Mitglieder des Bundesvorstands an. Weitere 50 werden aus den Landesverbänden entsandt.

Trotz der Querelen legte die AfD nach einer mehrwöchigen Talfahrt in Umfragen wieder zu. In einer Forsa-Erhebung für den „Stern“ und RTL verbesserte sie sich gegenüber der Vorwoche um einen Punkt auf neun Prozent. In der „Sonntagsfrage“ des ZDF-„Politbarometers“ könnte die AfD sogar mit 11 Prozent rechnen. 

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