Facebook, Twitter & Co. Breite Front gegen Hasskommentare

Das Internet ist kein rechtsfreier Raum, betonen Politik und Justiz immer wieder. Doch gegen Hass-Postings gibt es bisher keine Handhabe. Die CDU will das ändern – und verstärkt damit den Druck auf Justizminister Maas.

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Bei Facebook sind schon der Nationalsozialismus verherrlicht und durch Hass-Postings Straftaten wie Volksverhetzung begangen worden. Quelle: dpa

Berlin Immer wieder hatte Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) in den vergangenen Monaten deutlich gemacht, dass er mit den bisherigen Bemühungen mehrerer sozialer Netzwerke für ein schnelleres Löschen von Hasskommentaren unzufrieden ist. Ohne wesentliche Verbesserungen wären gesetzliche Maßnahmen zu prüfen, drohte er. Doch konkrete Vorschläge blieb er bisher schuldig.

Die CDU erhöht nun den Druck bei dem Thema. Nachdem Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) zuletzt bereits mehrfach ein schärferes Vorgehen gegen Hasskommentare im Internet verlangt hatte, wollen die Christdemokraten nun bei ihrem bevorstehenden Bundesparteitag Nägel mit Köpfen machen.

Die Antragskommission der Partei empfiehlt die Annahme eines Antrags des Landesverbands Berlin, in dem ein „verbesserter Schutz vor Hass-Angriffen in sozialen Netzwerken“ gefordert wird - und geht dabei sogar noch deutlich über die Vorschläge hinaus. Das geht aus dem Antragsbuch der CDU für den Parteitag am 6./7. Dezember in Essen hervor, das dem Handelsblatt vorliegt.

In der Empfehlung der Antragskommission werden demnach schärfere Regeln für die Betreiber sozialer Netzwerke wie Facebook und Twitter bis hin zu Bußgeldern vorgeschlagen, sofern „persönlichkeitsverletzende oder strafbare Kommentare“ durch den Anbieter der jeweiligen Kommunikationsplattform nicht innerhalb einer bestimmten Frist gelöscht werden.

„Hier wollen wir prüfen, inwiefern das Telemediengesetz um weitere konkrete Maßnahmen ergänzt werden kann“, heißt es in der Empfehlung der CDU-Antragskommission. Denkbar seien zum Beispiel „feste Fristen, nach deren Ablauf das unterbliebene Löschen eines Hasskommentars mit Bußgeldern belegt werden kann“. Außerdem solle geprüft werden, „ wie Anbieter von Online-Plattformen verpflichtet werden können, bei Straftaten im Netz die IP-Adresse der verdächtigten Person zeitnah an die Polizei zu übermitteln“.

Eine härtere Gangart gegen Hassbotschaften befürworteten kürzlich auch die Länder-Justizminister bei ihrer Herbstkonferenz Mitte des Monats in Berlin. Hamburgs Justizsenator Till Steffen (Grüne) sagte dazu, binnen 24 Stunden müsse künftig entschieden sein, ob ein Beitrag gesperrt wird. Nicht-Handeln der Betreiber müsse Konsequenzen haben, wobei für systematisches Versagen bis zu eine Million Euro Bußgeld denkbar wären.

Die Minister haben dazu einen entsprechenden Beschluss gefasst. Danach solle geprüft werden, ob zur Durchsetzung der den Unternehmen auferlegten Pflichten ein „Ordnungswidrigkeiten-Tatbestand“ (Paragraf 130 Ordnungswidrigkeiten-Gesetz) greifen kann.


Alle warten auf Maas-Vorschläge

Von ihrem Amtskollegen im Bund, Heiko Maas, erwarten die Länderjustizminister nun, dass dieser „geeignete  Lösungsvorschläge“ entwickelt, „die  eine  effektive  Löschung  von  Hate  Speech  im  Internet bei gleichzeitiger Beweissicherung ermöglichen“.

Die von Maas in einem ersten Schritt eingerichtete Task Force zum Umgang mit rechtswidrigen Hassbotschaften im Internet wird von den Ministern zwar einhellig begrüßt. Sie weisen aber zugleich darauf hin, „dass Nutzer, die die im Ausland ansässigen  Internetunternehmen  nach  erfolgloser  Rüge (gerichtlich) in  Anspruch nehmen wollen, häufig vor erheblichen Problemen stehen“.

Die Task Force war im September 2015 gebildet worden. Mit dabei: Internetanbieter (Google mit der Videoplattform Youtube sowie Facebook und Twitter), zivilgesellschaftliche Organisationen und Einrichtungen der Medienkontrolle. Vereinbart wurden damals konkrete Maßnahmen zur Bekämpfung von Hassinhalten im Internet. Die Unternehmen haben demnach zugesagt, die ihnen gemeldeten und nach deutschem Recht strafbaren Beiträge innerhalb von 24 Stunden zu löschen.

In der Praxis funktioniert dies allerdings nicht wirklich, wie eine jüngst veröffentlichte Untersuchung von „jugendschutz.net“ im Auftrag des Bundesjustizministeriums ergab. Als positiv wertete Maas bei der Vorstellung der Ergebnisse, dass strafbare Inhalte häufiger und schneller gelöscht würden als noch im Frühjahr. Das habe aber immer nur dann besonders gut funktioniert, wenn „jugendschutz.net“ sich direkt als Institution an die Anbieter gewandt habe.


„Damoklesschwert schwebt über den Betreibern sozialer Netzwerke“

Das „größte Problem“ liege darin, so Maas, dass die Beschwerden von Nutzern nicht ernstgenommen würden. Bessere Löschquoten waren demnach erst zu verzeichnen, wenn „jugendschutz.net“ die strafbaren Inhalte nicht als User, sondern selbst direkt per E-Mail meldete (YouTube 96 Prozent, Facebook 84 Prozent, Twitter 26 Prozent der dann noch verbliebenen strafbaren Inhalte). „Die Zusicherung, die Mehrzahl der gemeldeten rechtswidrigen Hassbotschaften innerhalb von 24 Stunden zu entfernen, wird noch von keinem Unternehmen eingelöst“, kritisierte der Minister. Wenn normale Nutzer etwas meldeten, würden hingegen bei Twitter nur 1 Prozent und bei Facebook 46 Prozent gelöscht.

Im Handelsblatt-Interview kündigte Maas daher Konsequenzen an, wenn die Unternehmen bis Frühjahr kommenden Jahres ihrer Verantwortung nicht gerecht werden. „Wenn die freiwillige Selbstverpflichtung nicht funktioniert, ist ganz klar, dass wir die Unternehmen noch stärker in die Pflicht nehmen müssen“, sagte der SPD-Politiker. In einem ersten Schritt wäre denkbar, die sozialen Netzwerke zu mehr Transparenz zu verpflichten. „Sie müssten dann jährlich veröffentlichen, wie viele Beschwerden zu illegalen Hasskommentaren es gegeben hat und wie sie damit umgegangen sind.“

Auch eine gesetzliche Regelung schließt der Minister nicht aus. „Wenn strafbare Inhalte nicht noch konsequenter gelöscht werden, müssen wir darüber nachdenken, Facebook und Twitter in Haftung zu nehmen, wenn sie strafbewehrte Inhalte trotz Hinweisen nicht löschen“, sagte er. „Dieses Damoklesschwert schwebt über den Betreibern der sozialen Netzwerke.“ Und sie hätten jetzt noch Zeit zu beweisen, dass es ohne eine gesetzliche Pflicht gehe.

Eine Einigung mit dem Koalitionspartner über eine härtere Gangart per Gesetz könnte durchaus möglich sein. Maas hatte bereits anklingen lassen, dass wegen der großen politischen Übereinstimmung bei dem Thema mögliche Beschlüsse auch noch im Bundestagswahlkampf 2017 vorstellbar wären.

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