Fake News und Hasskommentare Auflagen für Facebook & Co. werden zum Zankapfel

In der Debatte um Hassbotschaften bahnt sich ein Streit in der SPD an. Während die Wirtschaftsministerin vor zu harten Auflagen für Facebook & Co. warnt, schließt Justizminister Maas auch Geldstrafen nicht aus.

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In der Debatte um Hasskommentare geraten soziale Netzwerke zunehmend unter Druck. Quelle: AFP

Berlin Eigentlich will die Bundesregierung härter gegen Hasskommentare, Beleidigungen und Unwahrheiten in sozialen Netzwerken vorgehen. Netzwerke wie Facebook und Twitter sollten verpflichtet werden, innerhalb von 24 Stunden auf Beschwerden zu reagieren, hatte Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) kürzlich angekündigt. Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) soll dazu einen Gesetzentwurf vorlegen, der auch einen Bußgeldkatalog beinhaltet.

Dass Maas bereits in diese Richtung denkt, hatte er schon kundgetan.  „Natürlich müssen wir am Ende auch über Bußgelder nachdenken, wenn andere Maßnahmen nicht greifen“, hatte der Minitser im Dezember der „Süddeutschen Zeitung“ gesagt. Dies wäre für Facebook ein starker Anreiz zum raschen Handeln. Denn die Meinungsfreiheit habe eben auch Grenzen: „Beleidigungen, Volksverhetzungen oder Verleumdungen haben bei Facebook nichts zu suchen.“

Von härteren Auflagen für die Betreiber von Kommunikationsplattformen im Internet hält indes Maas‘ Parteifreundin, Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries, nicht viel. Sie wandte sich gegen eine weitreichende Regulierung und machte sich stattdessen für freiwillige Maßnahmen stark. In der SPD-Spitze stößt Zypries damit auf Kritik.

Bundesparteivize Ralf Stegner sagte dazu dem Handelsblatt, er unterstütze die Vorschläge von Maas, Unternehmen wie Facebook für Hassmails und Fake News stärker zur Verantwortung zu ziehen. „Freiwilligkeit ist ein schöner Luxus, den man sich nur leisten kann, wenn die betroffenen Unternehmen auch aktiv und engagiert kooperieren“, betonte der SPD-Politiker und fügte hinzu: „An dieser Voraussetzung darf man getrost zweifeln.“ Das Bundesjustizministerium wollte die Aussagen von Zypries nicht kommentieren.

Die Wirtschaftsministerin hatte sich in einem Brief an den Vizepräsidenten der EU-Kommission Andrus Ansip positioniert. Sie bedauere „Forderungen in die Richtung, die Verantwortlichkeit der Plattformbetreiber derart auszuweiten, dass sie einer Privatisierung der Rechtsdurchsetzung gleichkommt“, heißt es in dem Schreiben, aus dem der „Spiegel“ zitierte. „Dies halte ich ökonomisch, vor allem aber gesellschaftspolitisch für besorgniserregend.“ Man müsse auch „unverhältnismäßige Belastungen für europäische Internet-Service-Provider verhindern“.


Konsequenzen gegen Facebook & Co. wohl schon im März

Zypries drängt den für Digitalthemen zuständigen Ansip, eine EU-Richtlinie, die die Pflichten sozialer Netzwerke wie Facebook, YouTube oder Twitter regelt, zu aktualisieren, aber die Haftungsregeln unverändert zu lassen. Stattdessen solle die Kommission „verdeutlichen, welche freiwilligen Maßnahmen ein Plattformbetreiber ergreifen kann“, um mit Beschwerden umzugehen.

Damit unterscheiden sich Zypries‘ Vorschläge deutlich von der Position des Bundesjustizministers, der bald einen Gesetzentwurf gegen Hassbotschaften und Fake News vorlegen will. Maas beabsichtigt, Unternehmen wie Facebook stärker in Haftung zu nehmen und ihnen enge Vorgaben beim Umgang mit Beschwerden zu machen, statt weiter auf freiwillige Maßnahmen zu vertrauen.

Der Minister will aber zunächst ein externes Monitoring über die Praxis des Löschens von anstößigen Kommentaren abwarten. „Wenn dann noch immer zu wenige strafbare Inhalte gelöscht werden, müssen wir dringend rechtliche Konsequenzen ziehen“, sagte der SPD-Politiker jüngst der „Rheinischen Post“. Dem Vernehmen nach sollen die Ergebnisse der Prüfung in diesem Monat vorliegen und dann der Öffentlichkeit vorgestellt werden.

Wie eine gesetzliche Regelung aussehen könnte, hat SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann kurz vor Weihnachten im „Spiegel“ skizziert. Nach seiner Vorstellung sollten marktbeherrschende Plattformen verpflichtet werden, auf deutschem Boden „eine an 365 Tagen im Jahr 24 Stunden erreichbare Rechtschutzstelle einzurichten“. Dorthin sollten Betroffene sich wenden können und belegen, dass sie Opfer manipulierter Nachrichten geworden seien. „Wenn Facebook nach entsprechender Prüfung die betroffene Meldung nicht unverzüglich binnen 24 Stunden löscht, muss Facebook mit empfindlichen Bußgeldern von bis zu 500.000 Euro rechnen“, erläuterte Oppermann. Zudem müsse es auf Wunsch der Betroffenen eine „Richtigstellung mit der gleichen Reichweite geben“.

Die Grünen sehen die Pläne mit Skepsis. „Sicher dürfen Unternehmen bei sensiblen Abwägungsfragen zwischen Grundrechten nicht in eine Richterrolle kommen. Unser Rechtsstaat setzt hier klare Regeln und Verfahren“, sagte der Fraktionsvize Konstantin von Notz dem Handelsblatt. „Erstmal sollten sich Facebook und Co. überhaupt an geltendes Recht halten und bei offensichtlichen Rechtsverstößen umgehend prüfen, löschen und die Betroffenen informieren.“


Digitalwirtschaft lehnt Strafen gegen soziale Netzwerke ab

Von Notz kritisierte allerdings, dass die rechtlichen Verpflichtungen unterlaufen würden und stattdessen die Verantwortung unqualifizierten Drittfirmen überlassen werde, die nach selbstgesetzten Gemeinschaftsstandards „teils willkürlich“ handelten. „Übelste Hetze bleibt so - oft viel zu lange - im Netz, während bei jedem Stück nackter Haut selbst klassische Kunst sofort zensiert wird.“ Der Bundesregierung warf der Grünen-Politiker vor, sich schon viel zu lange hinhalten zu lassen.

Die Digitalwirtschaft liegt indes auf Zypries‘ Linie und warnt ebenfalls vor Strafen gegen soziale Plattformen. „Es wäre politisch unverantwortlich, den Plattformen die Pflicht zur Löschung von Inhalten innerhalb von 24 Stunden und Bußgelder aufzuerlegen“, sagte kürzlich der Hauptgeschäftsführer des Branchenverbands Bitkom, Bernhard Rohleder. Die Forderung, dass die sozialen Dienste selbst die Inhalte ihrer Nutzer kontrollieren sollten, wäre ein tiefer Eingriff in das Grundrecht der Meinungsfreiheit. Rohleder deutete an, dass auch Klagen gegen eine gesetzliche Regelung denkbar seien.

Er verstehe zwar die Sorgen der Politik, sagte Rohleder weiter, aber das Thema Falschmeldungen sei extrem kompliziert. Er bezeichnete es völlig unrealistisch, soziale Netzwerke wie Facebook oder Twitter zu verpflichten, eine ständig erreichbare Beschwerdestelle einrichten zu müssen, die innerhalb von 24 Stunden über eine Löschung entscheiden soll. Täglich gebe es in Deutschland zwischen 500 Millionen und einer Milliarde Posts.

Auch die Forderung nach einer Gegendarstellung mit gleicher Reichweite wie die Ursprungsmeldung sei unsinnig. Dann müssten die Plattformen Verbindungsdaten sehr lange speichern. Zwar seien auch die Plattformen gefordert. Der bessere Weg sei aber eine Kennzeichnung als falsch erkannter Nachrichten. Die Bitkom-Umfrage unter 1000 Nutzern habe ergeben, dass die Hauptinformationsquelle immer noch Fernsehen und Zeitungen, also klassische Medien, seien.

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