Als zweites Beispiel nennt Lindner die Offenheit für technologische Chancen, ohne die Rechte der Bürger zu gefährden oder einzuschränken. Die elektronische Patientenakte sei sinnvoll, damit im Notfall bekannt ist, welche Diagnose der Mensch habe und im Normalfall Doppeluntersuchungen vermieden werden könnten.
Aber alles müsse so geregelt werden, dass der Patient die Hoheit über seine Daten behalte. Niemals dürfe es passieren, postuliert Lindner, „dass eine Versicherung die DNA ausliest und danach ihren Tarif kalkuliert“. Bei allen technologischen Veränderungen sei entscheidend, dass die Bürger „selbstbestimmt die Vorteile der Digitalisierung nutzen“.
Nicht neu ist Lindners Klage, dass Deutschlands Bürokratie den technischen Fortschritt behindere. „Der deutsche Steve Jobs wäre bereits an der Baunutzungsverordnung seiner Garage gescheitert. Ich will nicht in einem Land leben, das mehr Bedenken als Garagen hat.“
Er beobachte eine zunehmende Entfremdung gegenüber der industriellen Basis des Landes. Die Lautstärke des Protestes entscheide oft über eine Technologie, nicht das wissenschaftlich geprüfte Argument. „In Deutschland ist schon das Wort Fracking giftiger als die Technologie selbst. Es ist unverantwortlich nicht wissen zu wollen, welche Chancen diese Technologie bietet.“
Schließlich müsse die FDP auch wieder für mehr Wettbewerb eintreten. So müsse der neue Taxi-Wettbewerber Uber in den deutschen Markt kommen können. Viele Kollegen in der Parteiführung hätten ihn vor diesem Vorstoß gewarnt, schließlich sei das Taxigewerbe gut organisierter Mittelstand.
„Aber liberale Wirtschaftspolitik muss einen anderen Anspruch haben“, ruft der Parteivorsitzende. „Wir können keiner Branche ihre Zukunft garantieren. Aber wir können fairen Wettbewerb organisieren. Damit die Menschen entscheiden können zwischen Newcomern und Etablierten.“
Zum Abschluss wendet sich Lindner entschieden gegen die Alternativ für Deutschland und die Pegida-Bewegung. Die Sorgen der Menschen müsse man ernstnehmen, denn man könne „den Bürgern ihre Alltagsbeobachtung nicht gelingender Integration nicht ausreden. Wer die Menschen, die Sorgen haben, pauschal als Nazis in Nadelstreifen beschimpft, der treibt sie in die Arme der falschen Leute.“ Mit den Pegida-Organisatoren und der AfD hätten die Freidemokraten nichts gemein. „Welches Abendland verteidigen die denn da? Das Abendland, das ich kenne, ist geprägt durch die Aufklärung und unsere wunderbare liberale Verfassung.“
Radikale Eiferer von allen Seiten müssten gestoppt werden. Entsprechend fordert Lindner von „den Muslimen in unserem Land, dass sie sich gegen jede Form des Extremismus wenden“. Es sei nicht zu tolerieren, wenn Salafisten bei Grillfesten in der Bonner Rheinaue Gotteskrieger für den Dschihad rekrutierten. „Salafisten und Pegida gefährden gleichermaßen die Offenheit der Gesellschaft.“
Gerade eine liberale Partei dürfe es nicht zulassen, dass mit Ressentiments Politik gemacht werde, wenn Islam gleich Islamismus gesetzt werde. „Wer ist dann der nächste? Die Zahnärzte, weil sie sich angeblich die Taschen vollmachen? Das kinderlose Paar? Wer heute wegschaut, kann morgen schon das nächste Opfer sein.“