Kein Thema erregt die Deutschen derzeit mehr als die Flüchtlingskrise. Die Politik verharrt in einer Schockstarre und hat ihre ökonomische und rechtliche Orientierung verloren.
Die Debatte prägen populäre, aber falsche Argumente – und behindern eine Lösung der Probleme. Die größten Denkfehler sind:
1. Deutschland kann seine Grenze von 6000 Kilometern schon aus technischen Gründen nicht schützen.
Dieses Argument ist falsch, weil Deutschland in Relation zu seiner Größe und Bevölkerung extrem kurze Grenzen hat. So entfallen auf einen Bundesbürger gerade einmal 7,4 cm an Grenzlinie. Demgegenüber entfallen auf einen Bürger in Dänemark 130 cm, in Schweden 56 cm, in Slowenien 67 cm und in Ungarn 22 cm. Wenn diese Länder ihre Grenzen schützen können, kann es Deutschland allemal.
Reaktionen zu möglichen Grenzschließungen
Anton Börner, Präsident des Außenhandelsverband BGA, warnt im "Tagesspiegel" vor Grenzschließungen. Rund 70 Prozent des deutschen Außenhandels würden innerhalb Europas abgewickelt. "Vor diesem Hintergrund werden sich die Kosten alleine für die internationalen Straßentransporte um circa drei Milliarden Euro verteuern."
"Durch Staus und Wartezeiten, zusätzliche Bürokratie oder zum Beispiel die Umstellung von Just-in-time-Lieferung auf deutlich teurere Lagerhaltung können sich die Kosten für die deutsche Wirtschaft schnell auf zehn Milliarden Euro pro Jahr summieren", mahnt DIHK-Geschäftsführer Martin Wansleben.
Der Vize-Präsident des Europaparlaments, Alexander Graf Lambsdorff (FDP), sagte der "Rheinischen Post": „Die Schließung der deutschen Grenzen wäre ein Debakel für die Flüchtlinge, für die Wirtschaft, aber auch für Millionen Pendler und Urlauber.“
"Verstärkte Kontrollen ist was anderes, aber eine komplette Schließung ist absolut illusorisch. Und man sollte den Leuten da keine Scheinlösungen anbieten“, sagte SPD-Generalsekretärin Katarina Barley im Deutschlandfunk.
"Wenn die Grenzen geschlossen würden, ist Schengen gefährdet. Das hat ebenfalls große Auswirkungen auf Deutschland, auf Arbeitsplätze in Deutschland", sagte der nordrhein-westfälische CDU-Landesvorsitzende Armin Laschet.
2. Die Türkei und der Libanon übernehmen doch noch viel höhere Lasten für die Unterbringung der Flüchtlinge als Deutschland.
Das Argument übersieht, dass die beiden Staaten als Nachbarländer gemäß Genfer Flüchtlingskonvention die Pflicht haben, die Flüchtlinge aufzunehmen. Es handelt sich bei diesen Ländern auch nicht um Sozialstaaten, die den Flüchtlingen ähnliche Leistungen zukommen lassen wie Deutschland.
3. Deutschland kann Asylsuchende nicht abweisen, weil sie durch das Grundgesetz geschützt sind.
Dieses Argument ist falsch, wenn die Einreise nach Deutschland auf dem Landweg erfolgt. Denn dann führt sie über einen sicheren Drittstaat. Dass solche Flüchtlinge hier kein Asyl beantragen können, regelt das Grundgesetz eindeutig und ist vom Verfassungsgericht anerkannt. Das Asylverfahrensgesetz schreibt den Behörden vor, Asylsuchende, die über sichere Drittländer kommen, ohne Aufnahme eines Asylverfahrens zurückzuweisen. Die Bundesregierung hat diese Vorschrift per Ausnahmeregelung außer Kraft gesetzt.