Flüchtlinge Fünf Ideen zur Zuwanderung, die sich für uns alle rechnen

Immer mehr Flüchtlinge drängen nach Deutschland, Politik und Gesellschaft reagieren hilflos. Dabei gäbe es Lösungen. Wie wir dem Flüchtlings-Ansturm besser begegnen können.

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Vor diesen Problemen stehen die Zuwanderer
Teilnehmer eines Kurses "Deutsch als Fremdsprache" Quelle: dpa
Eine Asylbewerberin wartet in der Zentralen Aufnahmeeinrichtung in Berlin Quelle: dpa
Eine Frau sitzt in einem Flüchtlingsheim in einem Zimmer Quelle: dpa
Ein Flüchtling sitzt vor einer Gemeinschaftsunterkunft der Asylbewerber Quelle: dpa
Verschiedene Lebensmittel liegen in der Asylunterkunft in Böbrach (Bayern) in Körben Quelle: dpa

Die Diagnose ist eindeutig: So viele Asylbewerber wie seit 20 Jahren nicht mehr erreichen in diesem Jahr die Bundesrepublik. Die Folge aber ist verwirrend: Die SPD fordert ein neues Einwanderungsrecht, die CSU plant Abschiebelager.

Und in der Bevölkerung ist die Haltung nicht viel klarer: Unzählige Deutsche helfen Neuankömmlingen, gleichzeitig attackieren deutsche Rechtsradikale Asylunterkünfte.

Politik und Gesellschaft droht die Spaltung ob des Umgangs mit den Zuwanderern; politisch, gesellschaftlich, moralisch. Dabei gibt es längst Ideen für ein besseres und intelligenteres Miteinander:

1. Die Verwaltung umkrempeln

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), das Asylanträge bearbeitet, ist heillos unterbesetzt. Bis Flüchtlinge wissen, ob sie in Deutschland bleiben können, vergehen in der Regel mehr als sieben Monate. Mehr Personal für das BAMF wäre also das Mindeste, aber warum so klein denken? Deutschland braucht eine Zuwanderungspolitik aus einem Guss, dazu gehört eine deutsche Einwanderungsbehörde.

Was Flüchtlinge dürfen

Sie wäre die einzige Anlaufstelle für alle Zuwanderer, die über Möglichkeiten (und Grenzen) des deutschen Aufnahmerechts informiert: über das Asylrecht wie über die vielfältigen – und mittlerweile als liberal gelobten – Zugänge für Fachkräfte und hoch Qualifizierte. Das wäre ein Amt, das individuell aufklärt und im Ausland sogar Werbung für den Standort D macht.

2. Die Verteilung sinnvoll organisieren

Für Kommunen ist es eine regelmäßige Überraschung: Wie viele Flüchtlinge kommen in den nächsten Tagen? Informationen darüber gewährt jedes Bundesland unterschiedlich, zu kurzfristig fallen sie überall aus. Verteilt wird stur nach Bevölkerungsgröße der Länder und Kommunen. Wie gut die vorbereitet sind, spielt keine Rolle.

Länder mit der höchsten Zahl der Asylbewerber (2014)

Also müssen Flüchtlinge in Turnhallen unterkommen, in Zelten auf Parkplätzen, sie stoßen auf wütende Anwohner. Der aktuelle Vorschlag von Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne), mehr Flüchtlinge in entvölkerte Regionen Ostdeutschlands zu schicken, würde nur zu einer neuen Pauschallösung führen.

Was Deutschland wirklich bräuchte

Was Deutschland wirklich bräuchte, wäre eine einheitliche Plattform für die Verteilung der Flüchtlinge. Dort könnte das Bundesamt angeben, wann wie viele Flüchtlinge zu erwarten sind. Kommunen und Länder könnten gleichzeitig über ihre Kapazitäten informieren. Flüchtlinge würden dort landen, wo sie gerade am besten unterkommen können. Die Quoten würden für den Aufbau von Unterkünften genutzt, nicht für die Verschickung von einem Zeltlager ins andere.

3. Das Rechtsdickicht lichten

Es klingt wie eine Selbstverständlichkeit, ist es aber nicht: dass wir so schnell wie möglich klären, über welche Ausbildung, Sprach- und Fachkenntnisse Flüchtlinge verfügen. Dies wäre Voraussetzung, um endlich zu ermöglichen, was Fachleute „Statuswechsel“ nennen: Ein Teil der Flüchtlinge müsste kein Asyl mehr beantragen, sondern könnten als Fachkräfte einwandern – Ärzte aus Syrien beispielsweise.

Diese Länder beherbergen die meisten Flüchtlinge
Platz 10: IrakFlüchtlinge: 246.300Teil der Gesamtbevölkerung: 0,85  Prozent*  *Der Flüchtlingsanteil an der Gesamtbevölkerung in diesem und den folgenden Bildern entstammt eigenen Berechnungen. Quelle: AP
Platz 9: USAFlüchtlinge: 263.600Teil der Gesamtbevölkerung: 0,0008  Prozent Quelle: dpa
Platz 8: ChinaFlüchtlinge: 301.000Teil der Gesamtbevölkerung : 0,0002  Prozent Quelle: dpa
Platz 7: ÄthiopienFlüchtlinge: 433.900Teil der Gesamtbevölkerung: 0,45  Prozent Quelle: obs
Platz 6: TschadFlüchtlinge: 434.500Teil der Gesamtbevölkerung: 4 Prozent Quelle: dpa/dpaweb
Platz 5: KeniaFlüchtlinge: 534.900Teil der Gesamtbevölkerung: 1,4 Prozent Quelle: REUTERS
Platz 4: TürkeiFlüchtlinge: 609.900Teil der Gesamtbevölkerung: 0,8 Prozent Quelle: REUTERS

Wollen sie nach derzeitigem Recht in Deutschland vom Flüchtling zur Fachkraft werden, müssen sie zunächst wieder in ihr Heimatland aus- und von dort dann auf regulärem Wege als Fachkraft wieder einreisen. Absurd.

4. Die Sprachförderung verbessern

Rechtliche Probleme sind aber nicht die einzigen, die Flüchtlinge daran hindern, hier zu arbeiten. Zwar sind viele von ihnen nicht nur hoch motiviert, sondern bringen auch Arbeitserfahrung mit. Aber sie sprechen oft kein Deutsch, was eine wesentliche Voraussetzung für Jobs in Deutschland ist. Das BAMF bietet Integrationskurse an, in denen Teilnehmer Deutsch lernen. Aber: Flüchtlinge sind dafür nur zugelassen, wenn sie geduldet sind oder ihr Asylantrag genehmigt wurde. Bis die Entscheidung gefallen ist, müssen sich die Flüchtlinge selbst um Kurse kümmern. Sinnvoller wäre es, jedem Neuankömmling sofort Sprachausbildung anzubieten. Statt sich untätig im Asylbewerberheim zu langweilen, könnten sie so vom ersten Tag an am Leben teilnehmen.

5. Den Arbeitsmarkt öffnen

Zeitarbeit ist ein Reizwort in Deutschland, Kritiker sehen darin eine Ausbeutung der Arbeitnehmer. Für Flüchtlinge könnte die temporäre Beschäftigung aber einen schnellen Weg aus der Arbeitslosigkeit bedeuten – doch sie können ihn nicht gehen. Nur wer sich mehr als vier Jahre ohne Unterbrechung in Deutschland aufgehalten hat, darf bei einer Zeitarbeitsfirma anheuern. Das regelt die „Verordnung über die Beschäftigung von Ausländerinnen und Ausländern“.

Deshalb fordern Zeitarbeitsfirmen schon länger eine Gesetzesänderung – von der Unternehmen und Flüchtlinge gleichermaßen profitieren könnten.

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