Flüchtlingskrise Koalition streitet um Flüchtlingskinder

Sollen unbegleitete Kinder und Jugendliche in jedem Fall ihre Eltern nachholen dürfen? Während die Koalition darüber streitet, stoßen neue Forderungen aus der CDU für Asylrechtsverschärfungen auf Kritik.

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Der zweijährige Flüchtling Elias aus Afghanistan in der Flüchtlingsunterkunft Mackensen Kaserne in Hildesheim. Quelle: dpa

Noch hat die Koalition ihren Streit um den Umgang mit minderjährigen Flüchtlingen nicht beigelegt - da kommen aus der Union Forderungen nach weiteren Gesetzesverschärfungen. CDU-Vize Thomas Strobl sprach sich für höhere Hürden für ein unbefristetes Aufenthaltsrecht für Asylbewerber aus. Die Opposition warf Union und SPD chaotisches Agieren vor. Das Familienministerium räumte eine Fehleinschätzung bei der Vorbereitung des Asylpakets II ein.

Für ein Daueraufenthaltsrecht sollten Asylbewerber nach Auffassung Strobls „einigermaßen ordentlich Deutsch sprechen können“, Grundkenntnisse der deutschen Rechts- und Gesellschaftsordnung besitzen und keine Straftaten begangen haben. Zudem sollten sie „mit 60 Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung nachweisen können, dass sie selbst für ihren Lebensunterhalt sorgen können“, sagte Strobl der „Welt“ (Montag). Das unbefristete Aufenthaltsrecht dürfe es künftig frühestens nach fünf Jahren geben.

Status und Schutz von Flüchtlingen in Deutschland

Die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl warf Strobl Wahlkampf in Baden-Württemberg auf dem Rücken der Flüchtlinge vor. Strobl ist auch CDU-Landeschef im Südwesten. „Zuerst isoliert man die Flüchtlinge und dann fordert man Integration. Das passt nicht zusammen und ist unfair“, sagte Pro-Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Dienstag).

Den Konflikt über den Elternnachzug unbegleiteter Kinder und Jugendlicher sollen Innenminister Thomas de Maizière (CDU) und Justizminister Heiko Maas (SPD) beilegen. Noch sei nicht klar, wann die Gespräche abgeschlossen würden, sagte eine Sprecherin des Justizressorts. Der Gesetzentwurf mit mehreren Verschärfungen hatte am Mittwoch das Bundeskabinett passiert. Zuvor hatten ihn die Ministerien abgestimmt.

Das SPD-geführte Bundesfamilienministerium räumte eine Fehleinschätzung bei diesem Verfahren ein. Eine Veränderung im Gesetzentwurf sei dem Ministerium zwar aufgefallen, sagte eine Sprecherin. „Aber die Tragweite wurde anders eingeschätzt.“

Es geht darum, ob auch für unbegleitete Minderjährige wie für andere Flüchtlinge mit eingeschränktem („subsidiärem“) Schutz der Familiennachzug für zwei Jahre ausgesetzt sein soll. SPD-Chef Sigmar Gabriel hatte moniert, mit ihm sei dies nicht verabredet gewesen.

In dem Kabinettsbeschluss ist eine Klausel zugunsten der Minderjährigen nicht enthalten. Im Familienministerium war man laut Sprecherin davon ausgegangen, dass der Elternnachzug dennoch möglich bleibt. Dies gebiete internationales Recht.

Im Jahr 2014 erhielten laut Innenministerium 214 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge eingeschränkten (subsidiären) Schutz. 2015 waren es bisher 105 Fälle, allerdings dürfte die Zahl noch wachsen.

Die Linke-Vorsitzende Katja Kipping riet der Bundesregierung zu einem Runden Tisch mit „richtigen Experten“ etwa von Menschenrechtsorganisationen oder Kommunen. Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter sagte der „Berliner Zeitung“ (Dienstag): „Die Regierungskoalition versinkt im Chaos anstatt ihren Job zu machen.“

SPD-Vize Ralf Stegner warf CDU und CSU auf Bayern 2 einen „Schäbigkeitswettbewerb“ gegen Kinder und Jugendliche vor. Die SPD-Abgeordnete Hilde Mattheis sagte dem RedaktionsNetzwerk Deutschland, dem Innenministerium gelinge keine solide Arbeit.

Das Kinderhilfswerk terre des hommes mahnte: „Eine Aussetzung des Familiennachzuges für Flüchtlingskinder wäre ein schwerer Verstoß gegen das Kindeswohl gemäß der UN-Kinderrechtskonvention.“

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