Flüchtlingskrise Wie das Flüchtlingsamt an Überforderung zu scheitern droht

Zu langsam, zu unübersichtlich, zu unflexibel: Das zuständige Bundesamt für Migration und Flüchtlinge und die Politik versagen bei der Verwaltung des Flüchtlingsansturms. Und es gibt wenig Hoffnung, dass sich das bald ändert.

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Vor diesen Problemen stehen die Zuwanderer
Teilnehmer eines Kurses "Deutsch als Fremdsprache" Quelle: dpa
Eine Asylbewerberin wartet in der Zentralen Aufnahmeeinrichtung in Berlin Quelle: dpa
Eine Frau sitzt in einem Flüchtlingsheim in einem Zimmer Quelle: dpa
Ein Flüchtling sitzt vor einer Gemeinschaftsunterkunft der Asylbewerber Quelle: dpa
Verschiedene Lebensmittel liegen in der Asylunterkunft in Böbrach (Bayern) in Körben Quelle: dpa

Sie arbeiten selbstständig und strukturiert, auch unter Zeitdruck? Sie verfügen über ein abgeschlossenes Studium? Sie könnten sich sehr gut eine Verbeamtung auf Lebenszeit vorstellen? Und, ganz wichtig: Sie haben gesteigertes „Interesse an migrationspolitischen Fragestellungen“ und „gesamtgesellschaftlichen Zusammenhängen“? Dann könnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) eine Option für Sie sein. Denn die Behörde sucht gerade händeringend per Stellenausschreibung mit diesen Kriterien „Entscheiderinnen und Entscheider“.

Aber Vorsicht: Das BAMF sucht Menschen mit „Konfliktfähigkeit und Durchsetzungsvermögen“, die über die Schicksale anderer bestimmen müssen. Menschen also, die gute Nerven haben. Gefragt sind schließlich Mitarbeiter, die unter höchstem Druck arbeiten können – und für einen Arbeitgeber mit denkbar schlechter Reputation.

Was Flüchtlinge dürfen

Das BAMF mit Sitz in Nürnberg – gedacht als Schaltzentrale im Umgang mit Flüchtlingen und Asylbewerbern – ist derzeit nämlich eine Behörde, aus der das Toppersonal selber flieht. Der Chef des Amtes, Manfred Schmidt, gab im September nach öffentlicher Dauerkritik entnervt auf. Frank-Jürgen Weise, Chef der Bundesagentur für Arbeit, übernahm Hals über Kopf den Job als Krisenmanager in Personalunion. Und der oberste Dienstherr, Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU), wirkt seit Monaten selbst wie ein Getriebener.

De Maizières größtes Versäumnis liegt dabei gar nicht in befremdlicher Rhetorik oder unabgestimmten Einlassungen zum Familiennachzug syrischer Flüchtlinge. Es liegt vielmehr darin, dass der Exkanzleramts- und Exverteidigungsminister mit einst tadellosem Ruf als preußischer Idealstaatsdiener die ihm zugeschriebene Kernkompetenz gründlich enttäuscht hat: ordentlich verwalten zu können. Ausgerechnet im de Maizière unterstellten BAMF, dem Dreh- und Angelpunkt der Asylverwaltung, staut sich gerade alles.

Die Behörde, untergebracht in einem wuchtigen, dreiflügeligen Bauwerk, das einst der Waffen-SS als Ausbildungszentrum diente und dann als US-Kaserne, für die sich in normalen Zeiten nur zuständige Referatsleiter im Innenministerium interessierten, ausgerechnet sie ist zum Symbol geworden: für den Ausnahmezustand und das Unvermögen, mit dem die Politik auf die gegenwärtige Herausforderung reagiert.

Der Frust über das Bundesamt ist daher längst so ausgeprägt wie der über die Flüchtlingskrise selbst. NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) sagt, er könne sich „an keine einzige unserer Innenministerkonferenzen erinnern“, bei der über das Amt nicht diskutiert worden sei. Egal, ob bei Personal oder Bearbeitungsdauer: Das Bundesamt, sagt Jäger, „sei völlig überfordert“.

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