Flüchtlingspolitik Checklisten sollen Fehler bei Asylverfahren verhindern

Ein deutscher Soldat, der sich als Flüchtling ausgeben konnte: Der Fall Franco A. brachte die Probleme im Bundesamt für Migration auf einen Schlag ans Licht. Nun gibt es neue Kontrollmechanismen.

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Die Leiterin des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) stellt ein dreistufiges System der Qualitätskontrolle vor. Quelle: dpa

Nürnberg Mit einem neuen, dreistufigen System der Qualitätskontrolle will das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) Fehler bei Asylverfahren wie im Fall des terrorverdächtigen Bundeswehrsoldaten Franco A. künftig verhindern. Eine der wichtigsten Neuerungen seien Checklisten nach jedem Verfahrensschritt, sagte BAMF-Präsidentin Jutta Cordt der Deutschen Presse-Agentur. „Wenn ich zum Beispiel eine Aktenanlage mache, muss die erkennungsdienstliche Behandlung durchgeführt sein, gegebenenfalls die Spracherkennung erfolgt und das Handy ausgelesen sein.“ Erst wenn alle Schritte erfüllt seien, könne es weitergehen – etwa mit der Anhörung.

Obendrein gebe es bei zehn Prozent aller Asylfälle Zwischenprüfungen durch einen zweiten BAMF-Mitarbeiter. Bevor ein Verfahren weitergehen könne, werde jeder Teilschritt nochmals nachvollziehbar kontrolliert, sagte Cordt. Denn bei Franco A., der sich als syrischer Flüchtling ausgegeben hatte und vom BAMF einen Schutzstatus zugesprochen bekam, habe es „in jedem Verfahrensschritt Fehler gegeben – bei der erkennungsdienstlichen Behandlung, bei der Antragsannahme, bei der Anhörung und bei der Entscheidung“.

In jeder Außenstelle des BAMF gebe es mindestens einen sogenannten Qualitätsförderer, der sich bei Auffälligkeiten mit dem Bearbeiter austausche. So könnten die Mitarbeiter schnell dazulernen. Aus dem internen Computersystem gingen nun zudem Details eines Prüfverfahrens hervor. „Bisher konnte man aus dem IT-System nicht ersehen, wie geprüft wurde. Jetzt muss der Mitarbeiter dokumentieren, was genau er geprüft hat, und dies verbindlich im System hinterlegen.“ Unabhängig davon würden alle Asyl-Bescheide am Ende nochmals von einem weiteren Mitarbeiter in Augenschein genommen.

In einem dritten Schritt würden bestimmte, im Rahmen einer Stichprobe ausgewählte Verfahren erneut von Experten aus der BAMF-Zentrale durchleuchtet. Das Referat für Qualitätssicherung sei dafür auf aktuell 20 Mitarbeiter verdoppelt worden, sagte Cordt.

Neben diesen Qualitätskontrollen gebe es im BAMF zahlreiche Nachschulungen für die Mitarbeiter. Damit sei im Juli begonnen worden – bis Ende Februar 2018 sollen sie abgeschlossen sein.

Nach Bekanntwerden des Falls Franco A. hatte das BAMF bereits 2000 ähnliche Fälle nachträglich geprüft – dabei seien aber „keine systemischen Fehler“ festgestellt worden, sagte Cordt. Neben dieser ersten Schnellmaßnahme hatte Innenminister Thomas de Maizière (CDU) zudem angeordnet, dass 80.000 bis 100.000 bereits entschiedene Asylfälle einem vorgezogenen Check unterzogen werden. Diese sogenannte Widerrufsprüfung ist ohnehin gesetzlich vorgesehen und findet normalerweise drei Jahre nach der Entscheidung statt. Die Arbeit daran habe im August begonnen, sagte Cordt.

Zur vielfach kritisierten Trennung von Anhörer und Entscheider – dass zwei unterschiedliche Mitarbeiter einen Asylbewerber befragen und über seinen Fall entscheiden – betonte Cordt, dass bereits rund 70 Prozent der Fälle wieder von einem Mitarbeiter allein bearbeitet würden. Sie geht jedoch davon aus, dass das BAMF bei steigenden Flüchtlingszahlen wieder auf das System der Trennung zurückgreifen würde. Damit könnten Belastungsspitzen an einzelnen Standorten ausgeglichen werden, sagte Cordt. Zudem könne man die Menschen so schneller anhören lassen – das sei wichtig, um ihre Herkunft zu klären, und ob es ein Sicherheitsrisiko gibt.

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