Föderalismus Die Ministerpräsidenten spielen ihre Macht aus

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Bald doch Investitionen des Bundes in Bildung auf Länderebene möglich?

Länder wie Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen stehen den Bayern wenig nach und reklamieren ebenso selbstbewusst Neubaubedarf. Der billige Ausweg würde teuer: mehr Millionen in den Neubautopf, um Ärger mit den Ländern einfach wegzukaufen.

Auch die Kommunen fordern Geld – und dürften es bekommen. Schon in der vergangenen Legislaturperiode verbuchten die Länder im Auftrag der Kämmerer einen Teilerfolg. Ursprünglich wollte Kassenwart Schäuble die Entflechtungsmittel in Höhe von 1,3 Milliarden Euro ab 2014 abschmelzen. Doch Schäuble knickte ein, verlängerte die Finanzierung bis 2019. Angesichts maroder Straßen und Schienen etwa im Ruhrgebiet wäre ein Ende der Bundeszuweisungen nach 2019 bei einer großen Koalition unwahrscheinlich.

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Bildung: Wer hat das sagen?

Das Kooperationsverbot untersagt dem Bund, auf Länderebene dauerhaft in Bildung zu investieren. Die große Koalition 2005/2009 hatte dies den Ländern übertragen. Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) nennt dies „eine der genialsten Verfassungsänderungen, die uns seit 1949 gelungen ist“ – und meint es ironisch.

Das bringt viele Länderhaushalte in finanzielle Schieflage. Vor allem SPD-geführte Regierungen pochen auf eine Abschaffung des Verbots. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel zeigte sich zwischenzeitlich bereit, hier mitzuwirken. Die große Koalition könnte die Grundgesetzänderung mit ihrer Mehrheit ruck, zuck durchdrücken – und bekäme dafür wohl auch noch Stimmen von der Opposition.

Doch der Teufel liegt im Detail. Die Länder wollen vor allem mehr Geld für den Ausbau der Universitäten und Schulen, aber inhaltlich wollen sie sich bei der Bildungspolitik nicht hineinreden lassen. Wenig Widerstand ist bei den Hochschulen zu erwarten. Der Bund könnte einzelne Lehrstühle oder Professuren mit bundesweiter Bedeutung fördern.

Doch bei der Schulpolitik ist die Ausgangslage anders. Bayern, Sachsen und Baden-Württemberg pochen auf Unabhängigkeit. Länder wie Nordrhein-Westfalen brauchen dringend mehr Geld. Die Aufgaben sind immens: Ausbau der Ganztagsschule, Inklusion behinderter Kinder und Jugendlicher, mehr Sozialpädagogen für individuelle Förderung, eine Digitalisierungsoffensive und Sprachförderung. Trotz der horrenden Kosten gibt es im Bundesrat keine eindeutige Mehrheit für mehr Einfluss des Bundes in der Schulpolitik.

Denn dann müssten die Länder dem Bund auch etwas bieten: etwa mehr Wettbewerb bei schulischen Leistungen, bundesweite Bildungsstandards oder Anerkennung von Bildungsabschlüssen. Aus dieser Gemengelage ergibt sich am ehesten eine Chance auf ein Ende des Kooperationsverbotes „light“: Der Bund darf Hochschulen dauerhaft finanzieren, Schulen aber nur in Sonderfällen oder auf Umwegen.

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