Forderung des CDU-Sozialflügels Leiharbeiter sollen schneller mehr verdienen

Die Große Koalition will, dass Leiharbeiter künftig nach neun Monaten das Gleiche verdienen wie die Stammbelegschaft. Die Pläne stoßen auf Kritik. Der CDU-Arbeitnehmerflügel fordert eine schnellere Gleichstellung.

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Die Pläne im schwarz-roten Koalitionsvertrag, Leiharbeiter bei der Bezahlung besser zu stellen, sind gut gemeint - profitieren würden davon allerdings nur wenige. Quelle: dpa

Berlin Der Bundesvize der Christlich Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA), Christian Bäumler, hält die von der Bundesregierung geplante Reform des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) schon jetzt für hinfällig. „Wenn 56 Prozent der Leiharbeitsverhältnisse nach weniger als 3 Monaten und beinahe drei Viertel nach 9 Monaten beendet sind, geht die geplante 9-Monatsfrist ins Leere“, sagte der CDU-Politiker Handelsblatt Online. „Leiharbeitnehmer sollten nach einer angemessenen Einarbeitungszeit, spätestens nach 3 Monaten, zu denselben Bedingungen beschäftigt werden, wie die Stammbelegschaft.“

Der CDU-Politiker kritisierte zudem, dass sich die Bezahlung der Leiharbeitnehmer trotz tarifvertraglich vereinbarter Branchenzuschläge „deutlich unterhalb der Gehälter der festgestellten Arbeitnehmer“ bewege. „Die von den Leiharbeitnehmern geforderte Flexibilität muss auch für die Arbeitgeber ihren Preis haben“, betonte Bäumler.

Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) will noch in diesem Jahr mit Vorarbeiten einer AÜG-Reform beginnen, 2015 soll das Gesetz beschlossen werden. Im Koalitionsvertrag haben sich Union und SPD darauf geeinigt, dass Leiharbeiter künftig nach neun Monaten das Gleiche verdienen sollen wie die Stammbelegschaft (Equal Pay) – und dass der Einsatz von Leiharbeitern auf 18 Monate begrenzt werden soll.

Die meisten Zeitarbeiter sind allerdings nicht so lange bei ihrem Verleiher beschäftigt, wie aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linken hervorgeht, aus der die „Stuttgarter Nachrichten“ zitieren. Demnach wurden im vergangenen Jahr 56 Prozent der Leiharbeitsverhältnisse nach weniger als drei Monaten beendet.

Arbeitsmarktforscher sind auch der Auffassung, dass von den Plänen der Großen Koalition für eine Reform der Zeitarbeit nur verhältnismäßig wenige Leiharbeiter profitieren würden. Nur jeder vierte von ihnen sei länger als neun Monate als Zeitarbeiter beschäftigt, um nach den Koalitionsplänen beim Einsatz in ein und demselben Unternehmen den gleichen Lohn wie die Stammbelegschaft zu erhalten. Das geht aus einer jüngst veröffentlichten Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung hervor (IAB) hervor.

Für noch weniger Leiharbeiter brächte die von Union und SPD im Koalitionsvertrag vereinbarte Beschränkung von Leiharbeit auf maximal 18 Monate Vorteile. Denn nur jeder siebte Leiharbeiter sei im Jahr 2010 länger als eineinhalb Jahre in einem Zeitarbeitsunternehmen beschäftigt gewesen, stellten die Nürnberger Arbeitsmarktforscher fest. 2012 waren nach IAB-Angaben 878.000 Männer und Frauen bei einem Leiharbeitsunternehmen beschäftigt.


Einsatz von Leiharbeitern immer teurer

Nicht bestätigt sehen die Forscher Vermutungen, dass in den letzten Jahren Firmen zunehmend reguläre Arbeitskräfte durch langfristig angestellte Leiharbeiter ersetzten. Dennoch bleibe Leiharbeit für viele Beschäftigten nur eine kurze Episode in ihrem Arbeitsleben: Im Schnitt ende ein Job bei einem Leiharbeitsunternehmen bereits nach drei Monaten. In den letzten Jahren habe es allerdings eine „schwache Tendenz zu längeren Beschäftigungsverhältnissen“ gegeben.

Grundsätzlich hänge die Dauer eines Zeitarbeit-Jobs auch von der Qualifikation ab: Akademiker und Facharbeiter seien im Schnitt deutlich länger bei einem sogenannten Personaldienstleister unter Vertrag als Ungelernte, stellten die Forscher fest. Das liege anscheinend auch daran, dass Hochqualifizierte häufiger in längerfristig angelegten Projekten eingesetzt seien, die zudem eine längere Einarbeitungszeit verlangten. Mit fünf Prozent sei allerdings der Anteil der Akademiker unter den Leiharbeitern auch vergleichsweise gering.

Vorläufige Zahlen des Statistischen Bundesamtes in Wiesbaden legen indessen nahe, dass es auf dem deutschen Arbeitsmarkt einen Trend zu weniger Mini-Jobs und befristeter Beschäftigung gibt. 2013 sank demnach die Zahl der sogenannten atypisch Beschäftigten das zweite Mal in Folge. Im vergangenen Jahr hatten laut den Angaben 7,8 Millionen Menschen befristete Arbeitsverträge, einen Mini- oder Teilzeitjob mit weniger als 20 Wochenstunden oder eine Anstellung als Leiharbeiter. Das waren 85.000 weniger als 2012.

Gleichzeitig stieg die Zahl der geregelten Normal-Arbeitsverhältnisse inklusive der Teilzeitkräfte mit mehr als 20 Wochenstunden um 373 000 auf 24,6 Millionen Menschen. Trotz des allgemeinen Trends zu mehr Erwerbtätigkeit ging die Zahl der befristet Beschäftigten 2013 deutlich um fast 130.000 auf 2,6 Millionen zurück. So wenige hat es seit 2005 nicht mehr gegeben. Auch die Zahl der geringfügig Beschäftigten sank mit 2,5 Millionen auf das Niveau von acht Jahren davor.

Bei Zeitarbeitsfirmen waren im vergangenen Jahr noch 704.000 Menschen beschäftigt - auch dies ein Rückgang nach 745.000 im Vorjahr. Die Branche wehrt sich allerdings gegen die Klassifizierung als „atypisch“ und verweist darauf, dass sie ihre Mitarbeiter fest und sozialversicherungspflichtig anstellt. Der Einsatz von Leiharbeitern hat sich in den vergangenen Jahren verteuert, weil über Tarifverträge in wichtigen Entleiherbranchen höhere Löhne durchgesetzt wurden.

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