Forderung von SPD und Grünen Deutschtests für Ausländer sollen fallen

Eine EU-Gerichtsentscheidung zwingt Deutschland zum Verzicht auf Deutschtests für türkische Familienangehörige. Politikern von SPD und Grünen geht das nicht weit genug, sie wollen Sprachtests generell abschaffen.

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Die Pflicht zum Sprachtest verstößt gegen EU-Recht. Das Auswärtige Amt hat deshalb seine Auslandsvertretungen angewiesen, türkischen Staatsbürgern vorerst keine Visa mehr zu verweigern, nur weil ihnen der Sprachnachweis fehlt. Quelle: dpa

Berlin Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) gegen verpflichtende Deutschtests als Voraussetzung für den Ehegattennachzug aus der Türkei sind zwischen den Parteien deutliche Differenzen in der Integrationspolitik zutage getreten. SPD und Grüne fordern, auf verpflichtende Sprachtests für Ausländer generell zu verzichten. CDU und CSU lehnen diesen Schritt ab.

Überlagert wird die Debatte von Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD), der verfügt hat, dass türkische Staatsbürger, die zu ihren in Deutschland lebenden Verwandten ziehen wollen, vorerst keinen Deutsch-Sprachtests mehr ablegen müssen. „Das Auswärtige Amt hat schnell und richtig auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs reagiert – hinter diese Position sollte es nicht mehr zurückfallen“, sagte der innenpolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Volker Beck, Handelsblatt Online.

Nun müsse Steinmeier Überzeugungsarbeit leisten, sagte Beck weiter. „Die gesamte Bundesregierung muss endlich einsehen, dass der Nachweis von Deutschkenntnissen im Visumsverfahren mit dem Schutz von Ehe und Familie nicht in Einklang zu bringen ist. Deutsch lernt man am besten in Deutschland“, betonte der Grünen-Politiker. Konkret fordert Beck, Sprachnachweise nicht nur für Türken, sondern für alle Nicht-EU-Ausländer aus dem Aufenthaltsgesetz zu streichen.

Steinmeier hatte bereits am 11. Juli 2014 verfügt, dass ein von türkischen Familienangehörigen bestandener Deutschtest nicht mehr Voraussetzung für ein Einreisevisum ist. Das geht aus einem Handelsblatt Online vorliegenden Antwortschreiben an den Grünen-Politiker Beck hervor. In dem Schreiben heißt es dazu: Das Auswärtige Amt habe seine Auslandsvertretungen „per Runderlass angewiesen, Anträge auf Visa zum Ehegattennachzug zu im Bundesgebiet wohnenden türkischen Staatsangehörigen bis auf Weiteres nicht allein auf Grundlage fehlender einfacher Deutschkenntnisse abzulehnen“.


Union beharrt auf Sprachtests für Ausländer

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte am 10. Juli 2014 der Ehefrau eines in Deutschland lebenden Türken recht gegeben, der die Familienzusammenführung verweigert worden war, weil sie als Analphabetin den Test nicht ablegen konnte. Seit 2007 müssen Männer oder Frauen, die ihren türkischen Ehepartnern nach Deutschland folgen wollen, grundlegende Deutschkenntnisse nachweisen. Dies soll die Integration fördern und Zwangsverheiratungen erschweren.

Wie Beck ist auch der SPD-Migrationsexperte Rüdiger Veit der Ansicht, dass die 2007 eingeführte Vorschrift für entsprechende Sprachnachweise aus dem Aufenthaltsgesetz gestrichen werden müsse – und zwar für alle Zuwanderer. Dagegen betonte der CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach, es gebe keine Auswirkungen des EuGH-Urteils auf andere Nicht-EU-Ausländer.

Noch deutlicher wies der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) die SPD-Forderung zurück, auf Sprachtests beim Nachzug ausländischer Ehegatten zu verzichten. „Wer nicht gewillt ist, in einfacher Form Deutsch zu lernen, ist letztlich auch nicht bereit, sich in Deutschland dauerhaft zu integrieren“, sagte Herrmann.

Aus der EuGH-Entscheidung jetzt aus Gleichbehandlungsgründen den kompletten Wegfall von Sprachtests beim Ehegattennachzug abzuleiten, sei „schlicht grotesk und lebensfremd“, sagte Herrmann weiter. Neben dem Migrationspolitiker Veit wollen auch die SPD-Innenminister Ehegatten ohne Sprachtest einwandern lassen.

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