Forum der Freiheit Warum ich gerade jetzt der FDP beitrete

Es gibt viele gute Gründe, sich für die Rückkehr echter liberaler Politik einzusetzen. Eine sehr persönliche Geschichte über Freiheit, Selbstbestimmung und den Eintritt in die FDP.

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Grade in der Wahlschlappe sieht Christian Henne eine Chance für den Neuanfang der FDP Quelle: dpa

Ich wurde geboren in Halle an der Saale, in der Stadt Genschers. Ich bin also ein Kind der DDR. Ich kam nicht privilegiert zur Welt. Mein Vater kam aus einfachen Verhältnissen. Früh musste er Verantwortung in der Familie übernehmen, in Schule und Studium sich durch Fleiß viel erarbeiten. Heute ist er erfolgreicher niedergelassener Arzt. Er hat von der Wende profitiert, sich das alles ehrlich verdient. Er war bis 2011 Präsident des größten Sportvereins im Landkreis Unstrut-Hainich. Seit 1990 ist er Mitglied der FDP und im Stadtparlament aktiv.

Der Vater meiner Mutter führte das über hundertjährige Bekleidungs-Geschäft der Eltern fort, er war ein Mann mit Stil und Format. In den 60ern wurde das Geschäft in der DDR zwangskommissioniert. Meine Mutter ist eine sehr gebildete Frau. Sie liebt Frankreich. Ich habe vor allem ihre tolerante Grundeinstellung immer geschätzt. Sie hatte einen tollen Job im Studentensport zu DDR-Zeiten, mit der Wende wechselte sie als Gymnasiallehrerin ins Schulsystem, unterrichtete Sport und Französisch. Meine Schwester ist erfolgreiche Ärztin im Krankenhaus in Hessen. Ich selbst habe mich mit viel Einsatz vom Praktikanten hochgearbeitet, das war nicht immer leicht. Ich hatte Chefs und Chefinnen, die mich stützten, das werde ich nicht vergessen. Seit über drei Jahren leite ich in München eine digitale Strategieberatung. Ich denke, unsere Familie kann stolz auf sich sein.

Ich wurde nicht unbedingt politisch erzogen, aber mir wurde früh beigebracht, meine Meinung zu vertreten, auch gegen Widerstände. Autoritäten kannte ich, aber sie hielten mich nicht davon ab, meinen Überzeugungen zu folgen. Meine Eltern mussten öfter zur Direktorin, aber sie machten mir immer Mut. Ich ging im DDR-System auf ein Internat für moderne Sprachen, war dort Mitbegründer der ersten Thüringer Schülerzeitung 1989. Ich war Schülersprecher, wollte immer publizieren. Ich habe immer den unbequemen Weg gewählt, war nie Everybody’s Darling.

Meine Hassliebe mit der FDP

Ich bin Überzeugungstäter, ich möchte für mich und meine Familie frei entscheiden, wie wir glücklich werden. Für Fehler möchte ich selbst gerade stehen. Ich glaube an Menschen, an Eigenverantwortung. Dem Staatsapparat gegenüber bin ich skeptisch. Dabei halte ich mich für sehr liberal, habe nie etwas anderes gewählt als FDP. Ein Partei-Beitritt kam mir lange nicht in den Sinn, ich habe die FDP oft kritisiert. Die Verengung der Wirtschaftspolitik auf Steuer- und Finanzpolitik war für mich ein strategischer Fehler. Viele Dogmen zur Sozialpolitik haben mir missfallen, einige Parteifunktionäre hielt ich für völlig ungeeignet, weil ohne jegliches Format.

Forum der Freiheit

Ich wär wütend, wenn ich sah, wie die FDP immer ihre Position als Mittelstands-Partei betonte, im Sog der CDU aber eher im Kontext mit Großkonzernen auftauchte. Ich habe mich aufgeregt, dass sie die Steuerreform nicht mehr zum Thema machte, ebenso wie die Gesundheitsreform. Ich war sauer, dass die FDP den großen Parteien folgte und Politik für die alten Wählerschichten mitmachte, dabei die Zukunft der jungen Generation völlig aus den Augen verlor. Ich fand das feige, ich fühlte mich gerade mit Bick auf meine Kinder immer weniger vertreten.

Ich habe nicht verstanden, warum die FDP das Thema Digitalisierung mit Blick auf Wirtschaft und Bürgerrechte nicht zu ihrem gemacht hat. Es wäre in Berlin so einfach gewesen! Vor allem aber sah ich die liberale Idee verraten. Diese war für mich immer eine sozial ausgerichtete Politik, die jedem einzelnen maximale Chancen gibt, Leistung belohnt, auf Eigenverantwortung setzt und den Weg aus einfachen Verhältnissen an die Spitze ermöglicht. Eine Politik, die die Mitte der Gesellschaft vertritt.

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