Frauenquote Rheinland-Pfalz zu drei Vierteln weiblich regiert

In der rheinland-pfälzischen Regierung arbeiten zwei Minister mit sechs Ministerinnen zusammen – die höchste Frauenquote in den 16 Bundesländern. Vielen großen Firmen sind dagegen bereits 30 Prozent Frauenanteil zu viel.

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Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (4.v.r., SPD) stellt das zukünftige Kabinett in der Staatskanzlei in Mainz vor. Quelle: dpa

Mainz Eine Frauenquote von 30 Prozent ab 2016 in Aufsichtsräten großer Firmen – für die Politik nichts Neues. Unter den Parteien waren die Grünen 1979 die ersten, die eine Quote einführten: Mindestens die Hälfte der Ämter muss weiblich besetzt sein. Die SPD beschloss 1988 mindestens 40 Prozent für Frauen wie Männer, die CDU votierte 1996 für ein Frauenquorum von einem Drittel.

In Regierungen sieht es unterschiedlich aus. Im Bundeskabinett sind beispielsweise sechs von 16 Posten weiblich besetzt – also 37,5 Prozent. In Rheinland-Pfalz kommt das Kabinett jetzt auf fast drei Viertel Frauen. Damit ist es die weiblichste Landesregierung in Deutschland. „Es ist ja tatsächlich etwas Ungewöhnliches“, sagt die Mainzer Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) über ihr Kabinett.

Im November baute sie es als Folge des Nürburgring-Finanzdebakels drastisch um, dabei wurde das Kabinett noch weiblicher als vorher. Drei SPD-Minister mussten gehen, auch mit Blick auf die Landtagswahl 2016. Neue Gesichter sollten her. Unter den acht Ministern und Ministerinnen sind zwei Männer, dazu ein männlicher Staatssekretär.

„Das hat sich einfach so ergeben, dass wir jetzt noch mehr Frauen sind“, sagt die 53-jährige Dreyer. „Das hatte nichts mit Männern oder Frauen zu tun.“ Innenminister Roger Lewentz (51) ist der einzige SPD-Minister, der auf dem Posten geblieben ist. Der Landesparteichef freut sich: „Es ist ein ganz neues Gefühl, von so vielen Damen umgeben zu sein.“

Dreyer führe „sehr stark und sehr straff“, deshalb sind die Abläufe aus seiner Sicht nicht viel anders als vorher. Eine „weibliche Note“ macht Lewentz aus. Wenn es mal atmosphärische Probleme gibt: „Die werden direkt angesprochen, vielleicht ist das bei Männern gar nicht so üblich.“ Unter Dreyers Vorgänger war es förmlicher, erzählt er. „Kurt Beck hat darauf Wert gelegt, dass man sich im Kabinett gesiezt hat.“

Staatskanzleichef Clemens Hoch (SPD) genießt die Konstellation: „Das ist ein total angenehmes Arbeiten, auch mit den beiden Männern.“ Gemeint ist neben Lewentz SPD-Justizminister Gerhard Robbers (64). Der fand schon an der Uni, dass zu wenig Frauen da waren, wie er sagt.

„Andererseits ist es für mich auch gar nichts Neues, weil ich aus einer sehr weiblich emanzipierten Familie komme, das fing schon bei meiner Großmutter an.“ Und ob die Arbeit nun von Frauen oder Männern gemacht wird: „Eigentlich ganz egal“, sagt der Juraprofessor.

Ist es ein Unterschied, ob Männer oder Frauen am Kabinettstisch sitzen? „Grundsätzlich kommt es natürlich auf die Personen und ihre Umgangsformen an“, sagt der Mainzer Soziologe Stefan Hirschauer. Er verweist auf die Prägung, die jeder mitbringt, und auf Stereotypen.

„Viele erwarten zum Beispiel, wenn ein Kabinett sich so verändert, dass die Frauen jetzt vielleicht ein bisschen humaner miteinander umgehen oder – ein beliebtes Stereotyp –, dass sie sich etwas sachlicher verhalten in Konflikten, dass sie nicht so karrieregeil sind“, sagt der Professor. „Solche Erwartungen werden dann regelmäßig enttäuscht, werden aber trotzdem aufrechterhalten.“

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