Frauke Petry „Die AfD-Chefin sollte zum Arzt gehen“

Die unverhohlenen Drohungen der AfD-Bundesvorsitzenden gegen Medien stoßen auf massive Kritik. Der Journalistenverband warf Frauke Petry vor, die Spielregeln in einer Demokratie immer noch nicht zu kennen.

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Die AfD hat auf ihrem Bundesparteitag das erste Parteiprogramm beschlossen. Mit ihren Vorschlägen erreichte Parteichefin Frauke Petry weitgehende Zustimmung der Delegierten. Quelle: Reuters

Berlin Frauke Petry steht mit Journalisten schon länger auf Kriegsfuß. Den AfD-Bundesparteitag am Wochenende in Stuttgart nutze die Bundesvorsitzende der Alternative für Deutschland abermals für harte Attacken gegen die Medien. Deren Berichterstattung sei geprägt durch „Verteufelungen und Dämonisierungen“ ihrer Partei. Es bereite ihr „Schmerzen“, mit Journalisten zu sprechen, sagte sie und fügte eine Drohung hinzu: „Im Übrigen können sich Mehrheiten schnell ändern.“

Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) reagierte gereizt auf die Äußerungen und wies Petry entsprechend zurecht. „Die AfD-Chefin sollte zum Arzt gehen, wenn ihr der Kontakt mit Journalisten Schmerzen bereitet. Wenn sie mit kritischer Berichterstattung ein Problem hat, kennt sie die Spielregeln in einer Demokratie immer noch nicht“, sagte DJV-Sprecher Hendrik Zörner dem Handelsblatt.

Dass die AfD-Chefin Journalisten mit wechselnden Mehrheiten drohe, nannte Zörner lächerlich. „Die Pressefreiheit kann auch die AfD nicht abschaffen“, sagte er.

Die AfD hat auf ihrem Bundesparteitag das erste Parteiprogramm beschlossen. Darin heißt es etwa, der Islam gehöre nicht zu Deutschland. Die AfD wendet sich unter anderem gegen Burkas, gegen den Ruf des Muezzins und gegen den Bau von Minaretten. Zugleich betont die Partei, sie bekenne sich zur Glaubens-, Gewissens- und Bekenntnisfreiheit.

Beim Thema Familienpolitik entschieden die Delegierten, Abtreibungen seien kein Menschenrecht und dürften nicht gefördert werden. Auch die Kapitel zur Außen-, Sozial-, Wirtschafts- und Energiepolitik aus dem Entwurf des Parteiprogramms erreichten weitgehende Zustimmung der Delegierten.

Trotz ihres kühlen und distanzierten Verhältnisses zu Medien, die Petry gerne „Pinocchio-Presse“ bezeichnet – in Anlehnung an die Holzpuppe Pinocchio, der wegen ihrer Lügen eine lange spitze Nase wächst, gibt die AfD-Chefin regelmäßig Interviews. Petry schreckt dabei nicht zurück, die Interviewer aufzufordern, andere Fragen zu stellen.

Für großes Aufsehen sorgte etwa ein Interview, das Petry dem britischen TV-Journalisten Tim Sebastian für die Deutsche-Welle-Sendung „Conflict Zone“ gegeben hat. Mehrfach fordert Petry Sebastian auf, doch andere Fragen zu stellen, als er etwa Petry mit Zitaten über die AfD konfrontiert. Nachdem sie sich über eine vermeintlich tendenziöse Berichterstattung über ihre Partei beklagt, erklärt Sebastian: „Sie können ja auf Fragen antworten, wie es Ihnen gefällt. Aber ich werde die Fragen stellen, die ich stellen möchte. Denn genau das tut eine freie Presse. Es sei denn, Sie wollen mir ein Skript vorlegen und mich bitten, es vorzutragen.“


„Stellen Sie mir einfach Fragen zum Programm“

Ähnlich verlief ein Interview Petrys mit dem Deutschlandfunk, das unmittelbar vor Beginn des Stuttgarter Parteitags geführt wurde. Als der Moderator auf Björn Höcke zu sprechen kommt, reagiert Petry mit dem Hinweis, dass die umstrittenen Äußerungen des Partei- und Fraktionschefs der AfD in Thüringen auf einer Veranstaltung im November in Sachsen-Anhalt, als er von einem „lebensbejahenden afrikanischen Ausbreitungstyp“ gesprochen hat – was von Experten als rassistisch gewertet worden war, nicht Thema des Parteitages seien.

Im weiteren Verlauf des Interviews, versuchte Petry dem Moderator andere Fragen abzuringen. Darauf ließ dieser sich jedoch nicht ein. Daraus entwickelte sich ein kleiner Disput. Wir dokumentieren die entsprechenden Passagen:

Moderator: Was hat Björn Höckes afrikanischer Ausbreitungstyp mit der Würde des Menschen zu tun?

Petry: Ich meine, das ist zwar kein Thema, das wir auf diesem Parteitag diskutieren wollen, aber ich kann Ihnen das gerne noch einmal beantworten. Diese Aussage ist einstimmig vom Bundesvorstand damals kritisiert worden und ich glaube, dass wir uns einig sind, dass Kulturen in verschiedenen Ländern auch zu verschiedenen Gesellschaftsmodellen führen. Wir müssen nur sehen, wie wir unsere Ansichten in Deutschland wieder in eine Linie bringen. Wir glauben, dass ein Zusammenleben, ein friedliches Zusammenleben mit Bürgern aus aller Welt möglich ist, aber wir müssen in unserem Land die Regeln und Gesetze dafür setzen und dafür sorgen, dass sie eingehalten werden.

Moderator: Ihr Vorstandskollege Jörg Meuthen hat Herrn Höckes Vergleich des Reproduktionsverhaltens von Schwarzen mit Kaninchen und Mäusen als indiskutabel bezeichnet. Herr Höcke gehöre gleichwohl zum Spektrum der AfD. Ist Björn Höckes Rassenlehre in der AfD erwünscht?

Petry: Das ist sie natürlich nicht und das habe ich mehrfach deutlich gemacht. Ich schlage aber jetzt vor, Herr Heinemann, dass wir über den Programmparteitag reden und nicht…

Moderator: Wieso bleibt Herr Höcke dann in der Partei?

Petry: Wissen Sie, wenn wir beim Deutschlandfunk immer wieder Interviews führen und mir Fragen zum Programm angekündigt werden und wir dann über einzelne Repräsentanten allein reden, dann frage ich mich, ob die Hörerschaft nicht ein Recht darauf hat zu erfahren, was wir auf diesem Parteitag machen.

Moderator: Tun wir gerade, denn wir sprechen über die Würde des Menschen.

Petry: Nein, das tun wir nicht. Wir reden wieder einmal über Einzelpersonen.

Moderator: Nein! Wir sprechen über die Menschenwürde.

Petry: Stellen Sie mir einfach Fragen zum Programm. Ja, und die habe ich Ihnen gerade schon einmal beantwortet, und ich glaube, die Aussage war ausreichend.

Moderator: Wieso streichen Sie die Menschenwürde nicht und sagen, wir bieten stattdessen Herrn Höckes Reproduktionslehre als Alternative für Deutschland?

Petry: Sie scheinen echt mit dieser Person besessen zu sein. Herr Heinemann, lassen Sie uns übers Programm reden. Es ist wertvolle Sendezeit, die kann man auch besser nutzen.

Moderator: Genau. Wie definieren Sie die Menschenwürde?

Petry: Also noch einmal: In Interviews ist es durchaus üblich, eine Frage zweimal zu beantworten. Sie fünfmal zu beantworten, ist für jeden Hörer echt langweilig.

Moderator: Wenn Sie sie einmal beantworten würden, wären wir ja froh.

Petry: Ich habe Ihnen die Frage nach der Würde des Menschen beantwortet. Wissen Sie, wir haben ein Grundgesetz und auf der Basis der freiheitlich-demokratischen Grundordnung agiert die AfD und da ist die Würde des Menschen unantastbar, und das wiederhole ich Ihnen auch gern noch fünfmal. Aber dann haben wir nicht darüber geredet, dass wir über den Euro diskutieren wollen, über die Familie, über die Energiepolitik, über Einwanderung und vieles mehr, und das müssten Ihre Hörer eigentlich erfahren.

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